Brandenbusch, Silke - Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
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Beschwerdemanagement in Reha-Kliniken für suchtkranke Menschen<br />
heutzutage von einem unmündigen, vor Ehrfurcht erstarrenden Patienten zu einem<br />
kritischen Menschen, der seinem Behandler auf gleicher Augenhöhe entgegentreten<br />
möchte (Hoefert & Klotter, 2011, S.283). Innerhalb einer Einrichtung zielt die Rolle<br />
des Patienten darauf ab, dass ihm ein erhöhtes Maß an Selbstbestimmung und<br />
Autonomie zugestanden wird. Patienten werden in die Pflicht genommen, ihre<br />
Belange eigenmächtig, selbstverantwortlich und selbstbestimmend vertreten und<br />
gestalten zu können (Heesen et al., 2006 in Hoefert & Klotter, 2011, S.35). Sie sollen<br />
in ihre individuelle Therapieplanung durch die Klinik mit einbezogen und über diese<br />
informiert werden. Diese Transparenz ermöglicht es ihnen eigenständig zu<br />
entscheiden und zu handeln (Hoefert & Klotter, 2011, S.38). Patienten sollen mündig<br />
bleiben. In diesem Zusammenhang allerdings kritisiert Otmar Kloiber,<br />
Generalsekretär des Weltärztebundes, das Schlagwort „Mündigkeit“ eines Patienten.<br />
Er vertritt die Meinung, dass ein Käufer als Kunde mündig sei und sich<br />
dementsprechend souverän für seine Rechte einsetzen kann. Er stellt dabei die<br />
entscheidende Frage, was mit der Souveränität bei einem Menschen geschieht, der an<br />
einer chronischen Erkrankung leidet und durch diese dementsprechend beeinflusst<br />
ist. Kloiber stellt damit die objektive Entscheidungsfreiheit eines Menschen mit einer<br />
chronischen Erkrankung infrage (Kloiber in Hoefert & Klotter, 2011, S.48).<br />
Durch die Transparenz dem Patienten gegenüber entstehen zwei weitere zentrale<br />
Wirkungen. Zum Einen entsteht durch den Einbezug und die Mitbestimmung ein<br />
höherer Grad an Zufriedenheit des Patienten. Zum Anderen wird ein höherer Druck<br />
auf die Einrichtung selbst zur Qualitätsverbesserung ausgeübt. Es wird dabei ein<br />
gewisser Grad an Mitverantwortung an den Patienten delegiert, indem er dazu<br />
motiviert wird, seine Beschwerden und gleichzeitig Verbesserungsvorschläge<br />
mitzuteilen (Hoefert & Klotter, 2011, S.40-42).<br />
Das Besondere bei Patienten mit einer chronischen psychiatrischen Erkrankung wie<br />
der Suchterkrankung ist, dass nicht nur eine Krankheit behandelt wird, sondern ein<br />
kranker Mensch mit einer individuellen Biografie und einer dazugehörigen konkreten<br />
Lebenssituation (Hoefert & Klotter, 2011, S.274). Innerhalb der Psychotherapie ist<br />
der Therapeut auf die Partizipation des jeweiligen Patienten angewiesen. Er möchte<br />
sich mit seinem Patienten auf Augenhöhe bewegen. Durch die Offenbarung der<br />
seelischen Probleme entsteht aber ein, wenn auch unerwünschter, Nebeneffekt eines<br />
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