Verbale Angriffe im Schulalltag - Sekundarstufe I - Pädagogische ...
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<strong>Verbale</strong> <strong>Angriffe</strong> <strong>im</strong> <strong>Schulalltag</strong><br />
Diskussion<br />
Auswertung der Untersuchungsergebnisse<br />
Fünf der neun erzählten verbalen <strong>Angriffe</strong> waren in eine langandauernde Konfliktgeschichte<br />
eingebettet. In diesen Fällen hatte sich eine Spannung in der Beziehung<br />
zwischen den Konfliktparteien über Jahre hinweg aufgebaut. Nach Glasls Eskalationsdynamik<br />
(1998, Kapitel: Schwellen der Eskalation eines Konflikts) steigt ein Konflikt<br />
<strong>im</strong>mer tiefer ab, wenn er nicht rechtzeitig erkannt und <strong>im</strong> kleinstmöglichen Rahmen<br />
bearbeitet wird. Wenn man die wichtigsten Merkmale der unterschiedlichen Intensitätsstufen<br />
eines Konfliktes (2.3.4 Schwellen der Eskalation) erkennen kann, so<br />
kann man rechtzeitig etwas unternehmen. Man kann weitere Eskalationsschritte verhindern<br />
oder den Konflikt bewusst weiter eskalieren lassen. Man kann für die bestehenden<br />
Differenzen selbst eine konstruktive Lösung finden oder die Erkenntnis fassen,<br />
dass man auf der aktuellen Eskalationsstufe die Probleme nicht mehr selbst in<br />
den Griff bekommen kann und dann Hilfe von aussen suchen. Ich fragte mich, warum<br />
die betreffenden Lehrpersonen nicht vorher Hilfe in Anspruch nahmen, bevor der<br />
Konflikt derart eskalierte. Nahm die Lehrperson die Zeichen der Konfliktdynamik gar<br />
nicht wahr? Oder verdrängte sie diese? Oder wagte sie nicht, hinzuschauen, dass<br />
sie bei diesem Schüler mit ihrem pädagogischen Wirken erfolglos blieb? Oder wollte<br />
sie keine Hilfe in Anspruch nehmen? Im Nachhinein ist man natürlich <strong>im</strong>mer weise,<br />
und ich könnte mir vorstellen, dass alle diese Interpretationen vielleicht zutreffend<br />
sind. Aus der Kasuistik schliesse ich, dass gewisse pädagogische Aufgaben unmöglich<br />
sind: Zum Beispiel kann man einen Schüler, der nichts hört und kein Hörgerät<br />
trägt, <strong>im</strong> Normalunterricht nicht genügend fördern, oder man kann als Sportlehrer<br />
einen Schüler, der motorisch behindert ist, nur begrenzt und <strong>im</strong>mer mit einem gewissen<br />
Verletzungsrisiko verbunden, gemeinsam mit den andern Schülern unterrichten.<br />
Man müsste als Lehrperson dazu stehen können, dass man das nicht kann. Zur eigenen<br />
Begrenztheit stehen ist die Voraussetzung dafür, dass man Hilfe in Anspruch<br />
n<strong>im</strong>mt. Erst wenn die Lehrperson zu ihrer Begrenztheit steht und sagen kann: „Ich<br />
kann unter diesen Umständen meine pädagogische Aufgabe nicht erfüllen―, könnte<br />
sie Massnahmen ergreifen, wie zum Beispiel die Nichtkooperation der Eltern eines<br />
behinderten Kindes be<strong>im</strong> Schulleiter ansprechen und ihn auffordern, mit einer heilpädagogischen<br />
Fachperson und den Eltern zusammenzusitzen und zu besprechen,<br />
wie man mit dem Problem umgehen und es lösen kann. Vielleicht ist es schwierig,<br />
mit dem eigenen Versagen in gewissen Situationen umzugehen und die eigene Begrenztheit<br />
zu stehen.<br />
Masterarbeit Tanja Rothenfluh 8. November 2007 Seite 104 von 126