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Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an daniela.furkel@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
12 PORTRÄT<br />
„Da wun<strong>de</strong>re ich mich über mich“<br />
INTERVIEW. Thomas Sattelberger räumt seinen Posten als Personalvorstand <strong>de</strong>r<br />
Telekom. Nun zieht er eine persönliche Bilanz und offenbart späte Einsichten.<br />
personalmagazin: Sie waren fünf Jahre<br />
Personalvorstand <strong>de</strong>r Deutschen Telekom.<br />
Der Aktienkurs ist in Ihrer Vorstandszeit<br />
von 13 auf unter neun Euro<br />
gesackt. Warum ist es nicht gelungen,<br />
<strong>de</strong>n Unternehmenswert zu steigern?<br />
Thomas Sattelberger: Bei allen Telekommunikationsunternehmen<br />
sind in dieser<br />
Zeit die Kurse gefallen. Als Deutsche<br />
Telekom haben wir große historische<br />
Bür<strong>de</strong>n und konnten beziehungsweise<br />
wollten nicht <strong>de</strong>n Weg gehen, alle<br />
Serviceeinheiten outzusourcen, wie das<br />
beispielsweise die spanische Telefonica<br />
gemacht hat. Das hätte die Sozialpartnerschaft<br />
gesprengt. Gleichzeitig waren<br />
und sind wir <strong>de</strong>r Überzeugung, dass<br />
wir über die Qualität unserer eigenen<br />
Services langfristig Kun<strong>de</strong>nbeziehung<br />
als strategischen Erfolgsfaktor ausgestalten<br />
können.<br />
personalmagazin: Der Verweis auf historische<br />
Lasten ist für <strong>de</strong>n Aktionär keine<br />
befriedigen<strong>de</strong> Antwort.<br />
Sattelberger: Auch <strong>de</strong>r Aktionär muss<br />
sich dieser Realität stellen. Wir<br />
tragen noch heute jährlich eine halbe<br />
Milliar<strong>de</strong> Zusatzlasten für Beamtenpensionen.<br />
Nicht, dass Sie mich falsch<br />
verstehen: Nicht die Beamten, son<strong>de</strong>rn<br />
die Altersversorgungsstrukturen sind<br />
die gravieren<strong>de</strong> finanzielle Last. Wir<br />
haben zu<strong>de</strong>m unsere Vermittlungsfirma<br />
Vivento aufgestellt, die sozusagen<br />
auf Deckungsbeitragsbasis Beamte<br />
in <strong>de</strong>n öffentlichen Dienst vermittelt.<br />
Wenn Sie alles an historischen Lasten<br />
addieren, kommen Sie auf 1,1 Milliar<strong>de</strong>n<br />
Euro Kosten pro Jahr.<br />
personalmagazin: Als Personalvorstand<br />
wollten Sie wettbewerbsfähige Belegschaften<br />
schaffen. Fakt ist: Der Umsatz<br />
pro Mitarbeiter ist in <strong>de</strong>n letzten drei<br />
Jahren zurückgegangen.<br />
Sattelberger: Der Personalvorstand ist<br />
zuerst Unternehmer, dann Arbeitskostenmanager.<br />
Diese Kennzahl drückt<br />
zunächst einmal aus, wie schnell<br />
wir schrumpfen und wie schnell wir<br />
wachsen. Wenn Sie das so betrachten,<br />
lautet die Frage, wie Sie eine Organisation<br />
schaffen, in <strong>de</strong>r Wachstum<br />
schneller stattfin<strong>de</strong>t und die Kosten<br />
mit <strong>de</strong>n Umsätzen passabel atmen<br />
können. Sonst wer<strong>de</strong>n Sie schnell zum<br />
Büttel <strong>de</strong>s Finanzbereichs o<strong>de</strong>r verfolgen<br />
eine Politik „shrink to glory“.<br />
personalmagazin: Also spiegelt die Zahl<br />
Umsatz pro Mitarbeiter keinen Misserfolg<br />
<strong>de</strong>s Personalvorstands wi<strong>de</strong>r?<br />
Sattelberger: Nein. Da muss ich mü<strong>de</strong><br />
lächeln. Wir haben es seit 2008<br />
geschafft, <strong>de</strong>n Personalaufwand von<br />
damals fünf Milliar<strong>de</strong>n bei T-Deutschland<br />
um <strong>de</strong>utlich mehr als eine halbe<br />
Milliar<strong>de</strong> Euro zu senken. Gleichzeitig<br />
ist <strong>de</strong>r Umsatz um 2,5 Milliar<strong>de</strong>n<br />
zurückgegangen. Hätten wir <strong>de</strong>n<br />
Personalaufwand um 2,5 Milliar<strong>de</strong>n<br />
senken können? So etwas geht selbst<br />
in tiefen Krisen kaum. Aber in <strong>de</strong>r<br />
Tat: Diese Diskussion musste ich mit<br />
meinem Finanzkollegen führen.<br />
personalmagazin: Wo sehen Sie Erfolge als<br />
Personalvorstand <strong>de</strong>r Telekom?<br />
Sattelberger: Erstens: Wir hatten in <strong>de</strong>n<br />
Jahren 2007 und 2008 sehr schwierige<br />
Arbeitskonflikte in <strong>de</strong>n Servicebereichen<br />
und Callcentern, bei <strong>de</strong>nen es<br />
nicht nur gelungen ist, die Arbeitskosten<br />
zu senken, son<strong>de</strong>rn auch Strukturen<br />
zu <strong>de</strong>zentralisieren und die<br />
Kun<strong>de</strong>norientierung zu verbessern.<br />
Damit haben wir <strong>de</strong>m Unternehmen<br />
die Atmungsfähigkeit zurückgegeben,<br />
„Als Charismatiker kannst du eine Frauenquote<br />
verkün<strong>de</strong>n. Aber das hilft ja nichts, wenn es keine<br />
HR-Funktion gibt, die das versteht und umsetzt.“<br />
die Grundlage für die Verteidigung<br />
<strong>de</strong>s Kerngeschäfts und <strong>de</strong>n Aufbau<br />
<strong>de</strong>s Neugeschäfts war und ist.<br />
personalmagazin: Gibt es weitere Punkte?<br />
Sattelberger: Zweitens haben wir die<br />
qualitative Personalplanung als neuen<br />
HR-Kernprozess eingeführt. Sie erlaubt<br />
uns eine Mittelfristbetrachtung<br />
zu vier Parametern: Welche Kompetenzen<br />
brauchen wir, in welcher<br />
Menge, in welcher Altersstruktur und<br />
zu welchen Preisen? Die klassische<br />
Personalplanung sieht ja nur Menge<br />
und Preis. Dazu gehört übrigens<br />
auch Gesundheitskompetenz, da uns<br />
personalmagazin 06 / 12