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22 NEUES MANAGEMENT<br />
ROWE in Deutschland verwirklichen<br />
RECHT<br />
Soll ein ROWE-Arbeitszeitmo<strong>de</strong>ll in einem Unternehmen eingeführt wer<strong>de</strong>n, das <strong>de</strong>utschen Arbeitsrechtsbestimmungen unterliegt, sind<br />
verschie<strong>de</strong>ne juristische Aspekte zu be<strong>de</strong>nken. Im Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n einige gesetzliche Grundlagen beleuchtet, mit <strong>de</strong>nen man sich<br />
bei <strong>de</strong>r Einführung von ROWE beschäftigen sollte. Doch auch tarifvertragliche Regelungen sind zu berücksichtigen.<br />
Nachweisgesetz (NachwG)<br />
Die Bestimmungen <strong>de</strong>s Nachweisgesetzes (NachwG) verlangen, die<br />
wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich nie<strong>de</strong>rzulegen. Hierzu<br />
gehören unter an<strong>de</strong>rem <strong>de</strong>r Arbeitsort (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 NachwG) und<br />
die vereinbarte Arbeitszeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 7). Für die Einführung eines<br />
ROWE-Mo<strong>de</strong>lls ist daher eine entsprechen<strong>de</strong> Formulierung <strong>de</strong>s Arbeitsvertrags<br />
im Hinblick auf die Bestimmungen <strong>de</strong>s Nachweisgesetzes zu<br />
beachten.<br />
Arbeitszeitgesetz (ArbZG)<br />
Nach § 3 ArbZG darf die tägliche Arbeitszeit acht Stun<strong>de</strong>n nicht<br />
überschreiten. Die tägliche Arbeitszeit kann auf bis zu zehn Stun<strong>de</strong>n<br />
verlängert wer<strong>de</strong>n, wenn innerhalb von sechs Kalen<strong>de</strong>rmonaten o<strong>de</strong>r<br />
innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stun<strong>de</strong>n werktäglich<br />
nicht überschritten wer<strong>de</strong>n. Nach Beendigung <strong>de</strong>r täglichen Arbeitszeit<br />
ist eine Ruhepause von min<strong>de</strong>stens 11 Stun<strong>de</strong>n einzuhalten.<br />
Schließlich ist das Verbot <strong>de</strong>r Sonn- und Feiertagsarbeit nach § 9<br />
ArbZG wesentlich. Aus <strong>de</strong>r Fürsorgepflicht <strong>de</strong>s Arbeitgebers ergibt sich<br />
<strong>de</strong>ssen Verpflichtung, die Einhaltung <strong>de</strong>r Bestimmungen <strong>de</strong>s ArbZG zu<br />
überwachen. Eine Überwachung <strong>de</strong>r Einhaltung <strong>de</strong>r Vorschriften <strong>de</strong>s Arbeitszeitgesetzes<br />
beim Arbeitgeber erfolgt durch die jeweils zuständige<br />
Aufsichtsbehör<strong>de</strong>.<br />
Aspekt: Arbeitszeit allgemein<br />
Wesentlich ist im Zusammenhang mit <strong>de</strong>n Bestimmungen zur generellen<br />
Arbeitszeit die Bestimmung <strong>de</strong>s § 16 ArbZG. Hierbei ist zunächst<br />
darauf hinzuweisen, dass <strong>de</strong>r Arbeitgeber gemäß § 16 Abs. 1 ArbZG<br />
verpflichtet ist, einen Abdruck <strong>de</strong>s ArbZG sowie die aufgrund dieses<br />
Gesetzes für <strong>de</strong>n Betrieb erlassenen Rechtsverordnungen, Tarifverträge,<br />
Betriebs- und Dienstvereinbarungen an geeigneter Stelle im<br />
Betrieb auszulegen o<strong>de</strong>r auszuhängen. Dies kann unproblematisch, zum<br />
Beispiel durch eine Veröffentlichung im Intranet, umgesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Aspekt: Arbeitszeitaufzeichnung<br />
Die sich aus § 16 Abs. 2 ArbZG ergeben<strong>de</strong> Verpflichtung, Arbeitszeiten,<br />
die über die werktägliche Arbeitszeit von acht Stun<strong>de</strong>n hinausgehen,<br />
aufzuzeichnen, trifft grundsätzlich <strong>de</strong>n Arbeitgeber. Dieser kann sich<br />
jedoch bei <strong>de</strong>r Erfüllung dieser Pflicht <strong>de</strong>s Arbeitnehmers bedienen,<br />
in<strong>de</strong>m er die Führung <strong>de</strong>r Arbeitszeitnachweise <strong>de</strong>m einzelnen<br />
Mitarbeiter überträgt, <strong>de</strong>r diese Nachweise – zum Beispiel im Wege<br />
<strong>de</strong>r Selbstaufschreibung – anfertigt. Der Arbeitgeber hat in diesem<br />
Fall die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen zu treffen, dass<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter die Arbeitszeitnachweise führen kann. Ferner muss er<br />
sicherstellen, dass <strong>de</strong>r Mitarbeiter die Aufzeichnungen auch tatsächlich<br />
anfertigt, etwa mittels Durchführung stichprobenartiger Kontrollen und<br />
Einschreiten bei Verletzung von Aufzeichnungspflichten.<br />
Zusammenfassend lässt sich zum Thema ROWE und Arbeitszeit daher<br />
festhalten, dass man die oben beschriebene Aufzeichnungspflicht<br />
berücksichtigen muss. Aus praktischen Erfahrungen heraus ist es<br />
in diesem Zusammenhang sinnvoll, <strong>de</strong>n Arbeitnehmer über seine<br />
Aufzeichnungspflichten und die zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n Bestimmungen <strong>de</strong>s<br />
Arbeitszeitgesetzes sowie Art und Umfang <strong>de</strong>r Aufzeichnungspflicht<br />
zum Beispiel mittels eines Informationsblatts zu informieren.<br />
Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)<br />
Im Hinblick auf die mögliche ROWE-Einführung ist das erzwingbare<br />
Mitbestimmungsrecht <strong>de</strong>s Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und<br />
3 zu beachten. Wird durch die Einführung von ROWE eventuell eine<br />
Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r betrieblichen Lohngestaltung notwendig, sind außer<strong>de</strong>m<br />
§ 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 und <strong>de</strong>r Auskunftsanspruch <strong>de</strong>s Betriebsrats<br />
nach § 80 Abs. 2 BetrVG zu beachten.<br />
Ohne an dieser Stelle auf die Einzelheiten <strong>de</strong>r oben aufgeführten<br />
Mitbestimmungsrechte näher eingehen zu wollen, erscheint es als Fazit<br />
zwingend erfor<strong>de</strong>rlich, bei Einführung eines ROWE-Arbeitszeitmo<strong>de</strong>lls<br />
in mitbestimmten Betrieben eine entsprechen<strong>de</strong> Betriebsver einbarung<br />
abzuschließen.<br />
Fazit und Empfehlungen<br />
Letztlich darf nicht vergessen wer<strong>de</strong>n, sich vor Einführung eines<br />
ROWE-Arbeitszeitmo<strong>de</strong>lls mit <strong>de</strong>n Arbeitsverträgen <strong>de</strong>r betroffenen<br />
Mitarbeiter genauer zu beschäftigen. Gegebenenfalls wird es – je nach<br />
Ausgestaltung <strong>de</strong>r Verträge – erfor<strong>de</strong>rlich sein, hier eine entsprechen<strong>de</strong><br />
einvernehmliche Anpassung vorzunehmen. Interessant sind in diesem<br />
Zusammenhang speziell die arbeitsvertraglichen Bestimmungen über<br />
die Arbeitszeit, die Überstun<strong>de</strong>nregelungen, aber auch die Bestimmungen<br />
über die Entlohnung. Abschließend sei noch darauf hingewiesen,<br />
dass sich aus eventuell bestehen<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>n betroffenen<br />
Unternehmen anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Tarifverträgen weitere Beson<strong>de</strong>rheiten<br />
bei <strong>de</strong>r Einführung eines ROWE-Arbeitszeitmo<strong>de</strong>lls ergeben können.<br />
Diese wären dann anhand <strong>de</strong>s jeweils einschlägigen Tarifvertrags<br />
geson<strong>de</strong>rt zu prüfen und miteinzubeziehen.<br />
Von Petra Ludowici-Kürn, Rechtsanwältin, München.<br />
personalmagazin 06 / 12