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24 NEUES MANAGEMENT<br />
Schluss mit Zielkonflikten<br />
MODELL III. „Beyond Budgeting“ zielt auf die Abschaffung <strong>de</strong>r Budgetierung.<br />
Dazu bedarf es <strong>de</strong>zentraler Netzwerkstrukturen ohne Weisung und Kontrolle.<br />
Von Florian Ebert<br />
Nach Auffassung <strong>de</strong>r Vertreter<br />
<strong>de</strong>s „Beyond Budgeting“-Ansatzes<br />
ist <strong>de</strong>r zentralistische<br />
Budgetierungsprozess ein<br />
Relikt <strong>de</strong>r Industriegesellschaft und gehört<br />
entsorgt. Die Budgetierung als „Allzweckwaffe<br />
<strong>de</strong>s Managements“ sollte<br />
eigentlich Folgen<strong>de</strong>s gewährleisten:<br />
● Prognosefunktion: Um die richtigen<br />
Entscheidungen zu treffen, müssen<br />
Zusammenhänge und Wechselwirkungen<br />
abgeschätzt wer<strong>de</strong>n.<br />
● Orientierungsfunktion: Über die Budgetierung<br />
wird die Ergebnisverantwortung<br />
<strong>de</strong>r Entschei<strong>de</strong>r ver<strong>de</strong>utlicht<br />
und diese auf ihre Ziele verpflichtet.<br />
● Motivationsfunktion: Das Verhalten<br />
<strong>de</strong>r Führungskräfte soll auf die Unternehmensziele<br />
ausgerichtet wer<strong>de</strong>n<br />
durch „Management by objectives“.<br />
● Kontrollfunktion: Die <strong>de</strong>finierten<br />
Plangrößen bil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Maßstab <strong>de</strong>r<br />
unterjährigen Leistungsmessung.<br />
Die damit einhergehen<strong>de</strong>n Zielkonflikte<br />
überfor<strong>de</strong>rn sowohl <strong>de</strong>n Prozess als auch<br />
die Menschen. Um Entscheidungen zu<br />
treffen, braucht es realistische Planzahlen,<br />
die das wahrscheinlichste Ergebnis<br />
wie<strong>de</strong>rgeben. Sollen dagegen die Mitarbeiter<br />
zu Höchstleistungen angespornt<br />
wer<strong>de</strong>n, müssen die Planzahlen herausfor<strong>de</strong>rnd<br />
(aber erreichbar) sein. In einem<br />
Budget kommt bei<strong>de</strong>s gleichzeitig zum<br />
Ausdruck, ohne dabei die eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />
Funktion zu erfüllen.<br />
Diese Koppelung zwischen Prognose<br />
und Motivation kann dysfunktionales<br />
Verhalten <strong>de</strong>r Mitarbeiter nach sich zie-<br />
hen, in <strong>de</strong>m beispielsweise per se Puffer<br />
in die Budgets eingebaut wer<strong>de</strong>n, um<br />
entwe<strong>de</strong>r zusätzliche Ressourcen zu erhalten,<br />
<strong>de</strong>n Druck zu minimieren o<strong>de</strong>r<br />
das Gehalt zu maximieren. Die nachträgliche<br />
Manipulation <strong>de</strong>r Buchhaltung zur<br />
„Zielerreichung“ bil<strong>de</strong>t dabei das Extrem<br />
<strong>de</strong>s schädlichen Verhaltens.<br />
Dysfunktionalitäten <strong>de</strong>r Budgetierung<br />
Durch die Abbildung <strong>de</strong>r funktionalen<br />
Organisationsstruktur wird Abteilungs<strong>de</strong>nken<br />
und <strong>de</strong>r Egoismus einzelner<br />
Ressorts geför<strong>de</strong>rt. Weil Mitarbeiter<br />
versuchen, die Budgetvorgaben zu erreichen,<br />
wer<strong>de</strong>n Maßnahmen ergriffen, die<br />
sich auf die eigene Einheit positiv, aber<br />
auf an<strong>de</strong>re Abteilungen o<strong>de</strong>r das Gesamtunternehmen<br />
negativ auswirken.<br />
Diese wenigen Beispiele zeigen die<br />
Problematik <strong>de</strong>r Budgetierung. Es wird<br />
klar, warum mo<strong>de</strong>rne Managementtechniken<br />
zu häufig verpuffen – nicht<br />
weil sie nicht gut sind, son<strong>de</strong>rn weil sie<br />
<strong>de</strong>m etablierten Führungsinstrument<br />
entgegenstehen. Wie sollen Ansätze zur<br />
Dezentralisierung o<strong>de</strong>r zum Vertrauensaufbau<br />
greifen, wenn <strong>de</strong>r Führungsprozess<br />
zentralistisch organisiert wird und<br />
auf Kontrolle basiert?<br />
Bereits 1998 wur<strong>de</strong> in London <strong>de</strong>r „Beyond<br />
Budgeting Round Table“ (BBRT) gegrün<strong>de</strong>t.<br />
Dabei han<strong>de</strong>lt es sich um eine<br />
branchenübergreifen<strong>de</strong> Arbeitsgruppe,<br />
die das Ziel verfolgt, Alternativen zur<br />
gängigen Budgetierungspraxis zu entwickeln.<br />
Über 150 Mitgliedsunternehmen,<br />
darunter Konzerne wie Siemens,<br />
UBS o<strong>de</strong>r Unilever, haben <strong>de</strong>n BBRT seit<br />
<strong>de</strong>ssen Gründung unterstützt.<br />
Die Gründungsväter <strong>de</strong>s BBRT, Peter<br />
Bunce, Robin Fraser und Jeremy Hope,<br />
analysierten hierfür mehr als 20 Unternehmen,<br />
welche ihr Unternehmen ohne<br />
Budgets führen und <strong>de</strong>nnoch – o<strong>de</strong>r gera<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>shalb – außeror<strong>de</strong>ntlich erfolgreich<br />
am Markt aktiv sind. Das wichtigste „Beyond<br />
Budgeting“-Pionierunternehmen ist<br />
die größte Bank Schwe<strong>de</strong>ns, die Svenska<br />
Han<strong>de</strong>lsbanken. Sie schaffte bereits in<br />
<strong>de</strong>n 1970er-Jahren die Budgetierung<br />
ab und eliminierte <strong>de</strong>n bürokratischen<br />
Komplex, um die <strong>de</strong>zentralen Mitarbeiter<br />
mit Autonomie und Verantwortung<br />
auszustatten. Gleiches gilt für <strong>de</strong>n Drogeriemarkt<br />
DM, <strong>de</strong>r sich in <strong>de</strong>n 90er<br />
Planzahlen sollen realistisch und for<strong>de</strong>rnd sein.<br />
Im Budget kommt bei<strong>de</strong>s zum Ausdruck, ohne die<br />
eine o<strong>de</strong>r die an<strong>de</strong>re Funktion zu erfüllen.<br />
Jahren vom Hierarchie <strong>de</strong>nken gelöst<br />
hat. „Bei uns ist oben dort, wo <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong><br />
ist. Danach kommt <strong>de</strong>r Mitarbeiter, <strong>de</strong>r<br />
Filialleiter, die Gebietsverantwortlichen<br />
und dann schon die Geschäftsführung.<br />
Es gibt keine Budgets, keine Vorgaben,<br />
so gut wie keine Anweisungen, und es<br />
gibt auch keine erfolgsabhängige Ver-<br />
personalmagazin 06 / 12