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Mehr Freiheit wagen - Haufe.de

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ORGANISATION<br />

PERSONALDIAGNOSTIK<br />

43<br />

so Staller. Wer hier eine hohe Ausprägung<br />

hat, liebt einen extra Parkplatz mit<br />

Namensschild. Ich nicht. Ich will angeblich<br />

Gleiche unter Gleichen sein. Als ich<br />

nicht recht zustimme, versucht er es mit<br />

einer an<strong>de</strong>ren Aussage. „Es müsste negativ<br />

auf Sie wirken, als etwas Beson<strong>de</strong>res<br />

herausgestellt zu wer<strong>de</strong>n.“ Nun ja.<br />

Interpretation ist ein weites Feld<br />

Beim Motiv „Rache und Kampf“ geht es<br />

darum, wie wichtig einem <strong>de</strong>r Vergleich<br />

mit an<strong>de</strong>ren ist. „Sie möchten gern in<br />

einem Wettkampf als Sieger vom Platz<br />

gehen“, sagt Staller. Aber Wettkämpfe interessieren<br />

mich überhaupt nicht. Dann<br />

eben eine an<strong>de</strong>re Interpretation: „Sie<br />

sind niemand, <strong>de</strong>r einem Streit aus <strong>de</strong>m<br />

Weg geht.“ Das erinnert mich an Horoskope.<br />

Da wer<strong>de</strong>n die Aussagen auch<br />

möglichst viel<strong>de</strong>utig und unkonkret<br />

formuliert, sodass sie eigentlich immer<br />

passen. Beispiel: „Sie sind ein durchsetzungsfähiger<br />

Mensch, aber manchmal<br />

gelingt es Ihnen nicht, Ihre Bedürfnisse<br />

<strong>de</strong>utlich zu machen.“ In <strong>de</strong>r Psychologie<br />

nennt man das „Barnumeffekt“. Man<br />

legt Menschen ein entsprechend formuliertes<br />

Persönlichkeitsprofil vor, je<strong>de</strong>r<br />

sucht sich das heraus, was für ihn passt,<br />

und ist anschließend begeistert von <strong>de</strong>r<br />

Treffsicherheit <strong>de</strong>s Tests.<br />

Dabei ist die Definition <strong>de</strong>r Motive<br />

manchmal erstaunlich. Neugier heißt,<br />

Wissen um <strong>de</strong>s Wissens willen, erklärt<br />

Staller. Bei mir ist das nur gering ausgeprägt.<br />

„Sie wollen immer, dass ein Nutzen<br />

dahintersteht“, erklärt er. Schlecht für<br />

eine Journalistin. Schließlich ergibt sich<br />

nicht aus je<strong>de</strong>m interessanten Thema<br />

auch ein Artikel. Prompt kommt das Gegenargument:<br />

Wer extrem hohe Neugier<br />

hat, <strong>de</strong>r ist wenig am Nutzen interessiert<br />

und wird oft nicht fertig mit seinen Aufgaben.<br />

Alles stimmt irgendwie immer,<br />

auch wenn es nicht stimmt.<br />

Unordnung als Zeichen <strong>de</strong>r Flexibilität<br />

Überraschungen gibt es auch beim Motiv<br />

„Ordnung“. Eine niedrige Ausprägung<br />

stehe für Flexibilität, eine hohe für eine<br />

starke Wahrnehmung für Hygiene und<br />

Sauberkeit. Sind flexible Menschen daher<br />

Schmutzfinken? Nein, so sei es auch<br />

wie<strong>de</strong>r nicht. Aber wer eine hohe Ausprägung<br />

habe, <strong>de</strong>r wische eben seinen<br />

Fußbo<strong>de</strong>n nicht einmal in <strong>de</strong>r Woche,<br />

son<strong>de</strong>rn täglich. Und er sei in einem Job,<br />

wo es auf Hygiene beson<strong>de</strong>rs ankommt,<br />

gut aufgehoben. Das klingt mir doch<br />

sehr nach Küchenpsychologie.<br />

Ziemlich wirr wird es beim Motiv<br />

„Familie“. Denn Familie steht eigentlich<br />

für <strong>de</strong>n Wunsch nach Kin<strong>de</strong>rn. „Familie<br />

klingt aber besser“, sagt Staller. Das sei<br />

die einzige Aussage, die gegebenenfalls<br />

missverständlich dargestellt ist, gesteht<br />

er. In <strong>de</strong>r Tat. Ich hatte schon die Anweisung<br />

nicht richtig verstan<strong>de</strong>n. Da heißt<br />

es: „Bitte achten Sie beim Ausfüllen bei<br />

<strong>de</strong>n Aussagen zur ‚Familie‘ darauf, dass<br />

es sich hierbei nicht um Aussagen zu Ihrer<br />

Ursprungsfamilie han<strong>de</strong>lt, son<strong>de</strong>rn<br />

um das Streben, eigene Kin<strong>de</strong>r zu erziehen.<br />

Haben Sie noch keine Kin<strong>de</strong>r, stellen<br />

Sie sich vor wie es wäre, eine eigene<br />

Familie zu haben.“ Das Motiv stehe in<br />

Wirklichkeit für die Fürsorge für Kin<strong>de</strong>r,<br />

erklärt Staller dann. Dabei gehe es keineswegs<br />

darum, ob man eine gute Mutter<br />

o<strong>de</strong>r ein guter Vater ist, son<strong>de</strong>rn um<br />

die Rollenerfüllung. Der eine sei eben<br />

fürsorglich zu seinen Kin<strong>de</strong>rn, <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />

habe eher ein partnerschaftliches<br />

Verhältnis.<br />

Aber Rollenerfüllung hat doch eher mit<br />

sozialen Erwartungen als mit Motiven<br />

zu tun. Und warum ist die Ausprägung<br />

<strong>de</strong>r Fürsorge für Kin<strong>de</strong>r im Berufsleben<br />

o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Personalauswahl wichtig?<br />

Das habe sehr viel mit <strong>de</strong>m Beruf zu tun,<br />

sagt Staller. Wenn eine Führungskraft<br />

nur eine geringe Ausprägung beim Motiv<br />

Familie habe, ihre Mitarbeiter aber<br />

eine hohe, dann falle es ihr möglicherweise<br />

schwer, die „Emotionen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />

nachzuvollziehen und empathisch<br />

darauf einzugehen“. Schließlich könne<br />

man aufgrund <strong>de</strong>s Profils mit einer<br />

gewissen Wahrscheinlichkeit auf das<br />

Verhalten schließen. Aber auch ohne<br />

ausgeprägte Kin<strong>de</strong>rfürsorge kann ich<br />

doch empathisch auf meine Mitarbeiter<br />

zugehen. Ja, erklärt Staller, aber dann<br />

habe dies mit Reflexion zu tun.<br />

Essen als geheimes Erfolgsrezept<br />

Und das Essen? Ich wäre nicht die Einzige,<br />

die die Fragen genervt haben.<br />

Auch eine Dame aus <strong>de</strong>m Personalvorstand<br />

eines Unternehmens fand sie lästig.<br />

Weil bei ihr das Motiv nur schwach<br />

ausgeprägt war, konnte sie auch nicht<br />

verstehen, warum in <strong>de</strong>r Kantine ständig<br />

genörgelt wur<strong>de</strong>. Ihn zum Beispiel motiviere<br />

Essen stark. Wenn seine Freundin<br />

daher mit ihm in ein Museum wolle,<br />

mache sie sich vorher Gedanken, wie sie<br />

„Seine Interpretation erinnert mich an Horoskope.<br />

Da wer<strong>de</strong>n die Aussagen auch so viel<strong>de</strong>utig und<br />

unkonkret formuliert, dass sie immer passen.“<br />

ihn danach mit einem Essen eine Freu<strong>de</strong><br />

machen könne. „Gib <strong>de</strong>m Affen Zucker“,<br />

kommentiert Staller das Vorgehen und<br />

spekuliert: „Ein Essensgutschein wäre<br />

für Sie sicher nicht das richtige Goody.“<br />

Dann lerne ich, dass körperliche Aktivität<br />

ein Bestandteil <strong>de</strong>r menschlichen<br />

Persönlichkeit ist. Steven Reiss habe herausgefun<strong>de</strong>n,<br />

dass das kulturübergreifend<br />

für Menschen wichtig ist. Bei mir<br />

nicht. Daher könnte mir wie<strong>de</strong>rum das<br />

Verständnis für Menschen fehlen, die<br />

nicht ohne zwei Stun<strong>de</strong>n Sport am Tag<br />

leben können.<br />

Körperliche Empfindungen wer<strong>de</strong>n<br />

auch beim Motiv „Emotionale Ruhe“ abgefragt.<br />

Da heißt es etwa „Es beunruhigt<br />

mich zutiefst, wenn mein Herz schnell<br />

schlägt“. Bei <strong>de</strong>m Motiv gehe es darum,<br />

06 / 12 personalmagazin

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