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RECHT<br />
PRAKTIKA<br />
69<br />
Bezeichnung als Arbeitnehmer einzustufen<br />
und wie ein solcher auch lohnsteuer-<br />
und beitragsrechtlich zu behan<strong>de</strong>ln,<br />
wenngleich auch hier Ausweichmöglichkeiten<br />
auf die Vorschriften <strong>de</strong>r geringfügigen<br />
Beschäftigung möglich sind.<br />
Munter wur<strong>de</strong> die Diskussion allerdings<br />
dann bei <strong>de</strong>r Frage, ob auch mit<br />
diesen Personen wie bei <strong>de</strong>n Pflichtpraktikanten<br />
vereinbart wer<strong>de</strong>n kann, dass<br />
kein Entgelt gezahlt wer<strong>de</strong>n soll.<br />
Probleme kann hier das Arbeitsrecht<br />
bereiten. Oftmals, so gibt Tillmanns zu<br />
be<strong>de</strong>nken, könne die Grenze zum sogenannten<br />
Lohnwucher nach § 138 BGB<br />
überschritten wer<strong>de</strong>n. Er rät, statt<strong>de</strong>ssen<br />
einen Hospitationsvertrag zu schließen,<br />
bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Vertragspartner <strong>de</strong>s Unternehmers<br />
gera<strong>de</strong> keine Arbeitsleistung<br />
zu erbringen hat, weil er nur hospitiert<br />
und nicht <strong>de</strong>m Weisungsrecht unterliegt.<br />
Hier ist es zulässig, solch eine Anwesenheit<br />
- aber eben keine Beschäftigung -<br />
auch ohne Vergütung zu vereinbaren.<br />
Aber auch hier bleibt seine generelle<br />
Warnung bestehen: Wenn sich im Streitfall<br />
ergibt, dass tatsächlich eine nicht<br />
unwesentliche Arbeitsleistung erbracht<br />
wur<strong>de</strong>, nützt auch die beste schriftliche<br />
Vertragsformulierung nichts.<br />
Der Schülerjob und das Werkstu<strong>de</strong>ntenprivileg<br />
Die richtige Einstufung in <strong>de</strong>r Sozialversicherung ist kompliziert. So spricht man<br />
vom Werkstu<strong>de</strong>ntenprivileg o<strong>de</strong>r auch von <strong>de</strong>r 20-Stun<strong>de</strong>n-Theorie. Das Werkstu<strong>de</strong>ntenprivileg<br />
gilt nur in Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, nicht<br />
jedoch in <strong>de</strong>r Rentenversicherung.<br />
Bezeichnung<br />
Schülerjob allgemein<br />
Job nach Abitur/<br />
Schulentlassung<br />
Stu<strong>de</strong>nt<br />
Semesterferien<br />
Stu<strong>de</strong>nt<br />
Vorlesungszeit<br />
Doktorand<br />
Diplomand<br />
Beschreibung<br />
Joben<strong>de</strong> und duale Stu<strong>de</strong>nten<br />
Schließlich befasste sich die Expertenrun<strong>de</strong><br />
noch mit <strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>ntenbeschäftigung,<br />
soweit diese außerhalb eines<br />
Praktikums ausgeübt wird. Arbeitsrechtlich<br />
gesehen, so Tillmanns, sind<br />
Stu<strong>de</strong>nten in diesem Fall zu behan<strong>de</strong>ln<br />
wie alle an<strong>de</strong>ren Arbeitnehmer. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
sei <strong>de</strong>r Umstand, dass es sich<br />
um einen Stu<strong>de</strong>nten han<strong>de</strong>lt, kein sachlicher<br />
Grund, das Arbeitsverhältnis zu<br />
befristen. Eine wichtige Ausnahme sei<br />
aber zu beachten: Arbeitet ein Werkstu<strong>de</strong>nt<br />
in <strong>de</strong>n Semesterferien Vollzeit,<br />
könne das Arbeitsverhältnis für diese<br />
Zeit aus Grün<strong>de</strong>n, die in <strong>de</strong>r Person <strong>de</strong>s<br />
Arbeitnehmers liegen befristet wer<strong>de</strong>n.<br />
Das Stichwort Werkstu<strong>de</strong>nt war wie<strong>de</strong>rum<br />
Anlass für Beitragsspezialist<br />
Sieben auf die sozialversicherungsrechtliche<br />
Seite <strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>ntenbeschäftigung<br />
hinzuweisen, da hier eine nicht unkomplizierte<br />
Differenzierung zu beachten ist<br />
(vergleiche Tabelle auf dieser Seite).<br />
Teilnehmer an dualen Studiengängen,<br />
so konnte Sieben aktuell berichten, sind<br />
vom Gesetzgeber einem Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
gleichgestellt und somit (auch bei unentgeltlicher<br />
Tätigkeit) uneingeschränkt<br />
versicherungspflichtig.<br />
Lei<strong>de</strong>r kann jedoch <strong>de</strong>r Praxis nicht<br />
erspart wer<strong>de</strong>n, dass diese Einstufung<br />
wie<strong>de</strong>rum arbeitsrechtlich ohne Be<strong>de</strong>utung<br />
ist. Dazu Tillmanns: „Nach <strong>de</strong>r<br />
Rechtsprechung <strong>de</strong>s BAG sind duale<br />
Stu<strong>de</strong>nten auch in <strong>de</strong>r Praxisphase we-<br />
Dem Grun<strong>de</strong> nach besteht Versicherungspflicht.<br />
Versicherungsfreiheit bei Minijob (Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt<br />
von nicht mehr als Euro 400 monatlich) o<strong>de</strong>r kurzfristiger Beschäftigung<br />
(im Voraus auf nicht mehr als zwei Monate o<strong>de</strong>r 50 Arbeitstage befristete<br />
Beschäftigung).<br />
Dem Grun<strong>de</strong> nach besteht Versicherungspflicht.<br />
Versicherungsfreiheit bei Minijob o<strong>de</strong>r kurzfristiger Beschäftigung<br />
Kurzfristige Beschäftigung mit mehr als 400 Euro kann als berufsmäßige<br />
Beschäftigung <strong>de</strong>r Versicherungspflicht unterliegen, wenn feststeht, dass im<br />
Anschluss an die kurzfristige Beschäftigung eine reguläre Beschäftigung o<strong>de</strong>r<br />
ein Ausbildungsverhältnis, <strong>de</strong>r freiwillige Wehrdienst o<strong>de</strong>r ein Freiwilligendienst<br />
nach JFDG o<strong>de</strong>r BFDG aufgenommen wird.<br />
Es besteht – ohne Rücksicht auf die Dauer <strong>de</strong>r Beschäftigung, die wöchentliche<br />
Arbeitszeit und die Höhe <strong>de</strong>s Arbeitsentgelts – Versicherungsfreiheit in<br />
<strong>de</strong>r Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.<br />
Versicherungsfreiheit in <strong>de</strong>r Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung<br />
im Rahmen <strong>de</strong>r 20-Stun<strong>de</strong>n-Theorie. Bei Überschreiten <strong>de</strong>r 20-Stun<strong>de</strong>n-<br />
Grenze besteht gleichwohl Versicherungsfreiheit, wenn die wöchentliche<br />
Dauer <strong>de</strong>r Erwerbstätigkeit geringer ist als die Zeit, die für ein ordnungsgemäßes<br />
Studium benötigt wird, und außer<strong>de</strong>m die Lage <strong>de</strong>r einzelnen<br />
Beschäftigungszeiten <strong>de</strong>n Erfor<strong>de</strong>rnissen <strong>de</strong>s Studiums angepasst ist.<br />
Versicherungspflicht, da ein Doktorand nicht mehr als Stu<strong>de</strong>nt gilt. Deshalb<br />
keine Anwendung <strong>de</strong>r 20-Stun<strong>de</strong>n-Theorie.<br />
Gilt we<strong>de</strong>r als Beschäftigung noch als Praktikum. Deshalb keine Versicherungs-<br />
o<strong>de</strong>r Beitragspflicht.<br />
<strong>de</strong>r Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> noch Arbeitnehmer,<br />
sodass sich Vergütung, Entgeltfortzahlung<br />
und Urlaub allein nach <strong>de</strong>n Vereinbarungen<br />
im Vertrag richten.“<br />
Wenig Hoffnung auf eine einheitliche<br />
Betrachtung <strong>de</strong>s dualen Stu<strong>de</strong>nten macht<br />
Tillmanns dann mit seiner Schlussbemerkung:<br />
Er weist darauf hin, dass man<br />
diese Spezies auch als arbeitnehmerähnlich<br />
Beschäftigte ansehen könnte, sodass<br />
zumin<strong>de</strong>st die Gesetze, die auch diesen<br />
Personenkreis erfassen (zum Beispiel:<br />
AGG, FamPflZG, BUrlG), anzuwen<strong>de</strong>n<br />
sind. Aber das ist eine an<strong>de</strong>re Geschichte,<br />
von <strong>de</strong>r im Personalmagazin <strong>de</strong>mnächst<br />
zu lesen sein wird.<br />
06 / 12 personalmagazin