Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an randolf.jessl@personalmagazin.<strong>de</strong> 16 NEUES MANAGEMENT <strong>Mehr</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>wagen</strong> ÜBERBLICK. Die Zeit <strong>de</strong>r großen Managemententwürfe scheint vorbei. Dennoch experimentieren Firmen mit alternativen Führungs- und Steuerungskonzepten. Von Randolf Jessl (Red.) Es bedurfte eines ost<strong>de</strong>utschen Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nten, um <strong>de</strong>n Deutschen <strong>de</strong>n Wert <strong>de</strong>r <strong>Freiheit</strong> in Erinnerung zu rufen. Wie kein Zweiter singt Joachim Gauck das Hohelied auf dieses Menschenrecht. Gera<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r Wirtschaft ist <strong>de</strong>m neuen Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nten dafür Applaus sicher. Weniger Regulierung, mehr freies Unternehmertum sind ihre Leitbil<strong>de</strong>r. Doch ob die Firmenlenker auch zu mehr <strong>Freiheit</strong>en im Inneren ihrer Unternehmen applaudieren wür<strong>de</strong>n, ist ungewiss. Sicher: Unter <strong>de</strong>m Schlachtruf <strong>de</strong>r Flexibilisierung haben Firmen viele alte Zöpfe in Sachen Arbeitszeit und Arbeitsort abgeschnitten. Zu ihrem Scha<strong>de</strong>n war das nicht. Doch ist ihnen bewusst, welchen <strong>Freiheit</strong>sdrang gera<strong>de</strong> die junge Generation mit in die Arbeitswelt hineinträgt? Schöpfen sie die neuen Möglichkeiten <strong>de</strong>r Informationstechnologie zur Umgestaltung ihrer Organisationen wirklich aus? Wirken sie darauf ein, <strong>de</strong>n Rechtsrahmen so zu verän<strong>de</strong>rn, dass freies Unternehmertum nicht nur als Feigenblatt für prekäre Randbelegschaften herhalten muss? Lösen sie Denk- und Verhaltensmuster in ihren Unternehmen auf, die <strong>de</strong>m „Organization Man“ als Leitbild huldigen? Diese Fragen sind für das Ganze <strong>de</strong>r Volkswirtschaft schwer zu beantworten. Sicher aber ist, dass es immer mehr Firmen gibt, die mit mehr <strong>Freiheit</strong> und weniger „Command and Control“ in <strong>de</strong>r Unternehmens- und Menschenführung experimentieren. Ihnen zur Seite stehen Vor<strong>de</strong>nker und Berater, die das Paradigma <strong>de</strong>r <strong>Freiheit</strong> in Konzepte und Mo<strong>de</strong>lle gießen. Vier davon kommen in unserer Titelstrecke zu Wort. Wir ersparen unseren Lesern die Diskussion, inwieweit es sich um Managementkonzepte, Managementmo<strong>de</strong>lle o<strong>de</strong>r Managementmo<strong>de</strong>n han<strong>de</strong>lt. Hierüber streitet die Wissenschaft inbrünstig, die wenig zu solch konkreten Gestaltungs- und Handlungsanleitungen beiträgt. Aber mit mäßigem Erfolg: Eine allgemein anerkannte Definition von Managementmo<strong>de</strong>ll o<strong>de</strong>r -konzept gibt es nicht. Vier neuere Ansätze mit Bezug zu HR Dafür ist an Konzepten kein Mangel. „Die hun<strong>de</strong>rt wichtigsten Managementkonzepte“ hat zum Beispiel <strong>de</strong>r Economist-Autor Tim Hindle in seinem gleichnamigen Buch zusammengetragen. Konzepte wie Total-Quality-Management, Business-Process-Reengineering, Kaizen haben zuletzt die Art verän<strong>de</strong>rt, wie Unternehmen sich aufstellen und ihre Herausfor<strong>de</strong>rungen meistern. Dennoch drängt sich <strong>de</strong>r Eindruck auf, dass in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren kaum mehr ein großer Wurf auf <strong>de</strong>m Markt <strong>de</strong>r Managementi<strong>de</strong>en gelungen ist. Auf Markt- und Meinungsführerschaft sehen es die in dieser Ausgabe versammelten vier Konzepte und ihre Verfechter auch nicht ab. Vielmehr sind es Herangehensweisen an Detailprobleme <strong>de</strong>r Organisationsgestaltung, Menschen- und Unternehmensführung, die eine starke Auswirkung darauf haben, wie Personalarbeit gelebt und aufgestellt wer<strong>de</strong>n muss. Scrum, ROWE, „Beyond Budgeting“ und „Resourceful Humans“ tun dies zwar alle ganzheitlich, doch aus Sollen sich Kultur und Organisation än<strong>de</strong>rn, muss sich auch das Personalwesen än<strong>de</strong>rn. unterschiedlichen Perspektiven. Scrum nähert sich <strong>de</strong>n Herausfor<strong>de</strong>rungen hauptsächlich über eine an<strong>de</strong>re Form <strong>de</strong>s Projektmanagements, ROWE auf <strong>de</strong>m Weg einer neuen Kultur <strong>de</strong>r Zielsetzung, „Beyond Budgeting“ durch die Reformation <strong>de</strong>r Budgetierung und „Resourceful Humans“ über <strong>de</strong>n Neustart <strong>de</strong>r HR-Funktion. Die Autoren dieser Titelstrecke betonen: „Was uns vereint, ist das Bestreben, wie<strong>de</strong>r konsequent interne und externe Kun<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Mittelpunkt <strong>de</strong>s unternehmerischen Schaffens zu stellen. Dies be<strong>de</strong>utet einerseits Wertschätzung von Mitarbeitern, die als Mit-Unternehmer freiheitlich und überzeugt arbeiten, und an<strong>de</strong>rerseits Wertschätzung von Kun<strong>de</strong>n, die eine ehrliche und authentische Leistung erhalten.“ Damit diese Konzepte implementiert und gelebt wer<strong>de</strong>n, so argumentieren sie übereinstimmend, muss auch das Personalwesen sich und seine Praktiken grundlegend än<strong>de</strong>rn. Eine Einsicht, die bei vielen <strong>de</strong>r bekannten Mo<strong>de</strong>lle früherer Jahre zu kurz kam. personalmagazin 06 / 12
TITEL NEUES MANAGEMENT 17 © ALEXANDER RYABINTSEV / SHUTTERSTOCK.COM Auf in die <strong>Freiheit</strong>: Konzepte <strong>de</strong>r Unternehmens- und Menschenführung entfernen sich immer weiter vom Prinzip <strong>de</strong>s „Command and Control“. 06 / 12 personalmagazin