Mehr Freiheit wagen - Haufe.de
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Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an daniela.furkel@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
14 PORTRÄT<br />
es ein APO-Trainingslager, um diese<br />
Haltung auszubil<strong>de</strong>n?<br />
Sattelberger: Nein, dazu braucht es<br />
solche Erfahrungen nicht. Dass das<br />
bei mir die Arbeit in einer APO-Jugendorganisation<br />
war, ist <strong>de</strong>r Historie<br />
geschul<strong>de</strong>t. Das kann auch bewusste<br />
Rotation in schweres geschäftliches<br />
Wildwasser, die Arbeit mit Kranken<br />
o<strong>de</strong>r konfrontieren<strong>de</strong>n Werte-<br />
Dilemmata sein. Das kann auch das<br />
Umgehen mit einer Konkurssituation<br />
o<strong>de</strong>r ein Bespitzelungsskandal sein,<br />
<strong>de</strong>r an die Grundfeste <strong>de</strong>r Moral rührt.<br />
Manager brauchen solche Grenzerfahrungen,<br />
um zu reifen.<br />
© STUDIO LOSKE<br />
personalmagazin: Welche Ihrer Überzeugungen<br />
und Eigenschaften sind geprägt<br />
von <strong>de</strong>n Erfahrungen in <strong>de</strong>r APO?<br />
Sattelberger: Die tiefe Sorge vor <strong>de</strong>r<br />
Demagogie <strong>de</strong>r Macht. Und die vor<br />
<strong>de</strong>r eigenen Verführbarkeit. Das<br />
sind zwei Seiten <strong>de</strong>rselben Medaille.<br />
Das begegnet Ihnen nicht nur in<br />
einer APO-Gruppierung, son<strong>de</strong>rn<br />
auch in Unternehmen, in <strong>de</strong>r Kirche<br />
und so weiter. Wie manipuliert dich<br />
Macht, wo bist du verführbar, wie<br />
entschei<strong>de</strong>st du dich in moralisch<br />
schwierigen Konfliktsituationen? Das<br />
waren für mich Kernerfahrungen.<br />
Aber ich bin dadurch nicht unfehlbar<br />
gewor<strong>de</strong>n. Die Zeit war übrigens auch<br />
eine zutiefst positive Erfahrung. Wir<br />
sind als junge Schüler angetreten für<br />
Pressefreiheit, für Mitbestimmung,<br />
gegen militaristische Ansprachen von<br />
Lehrern und wir haben durch unsere<br />
Aufklärungsarbeit dazu beigetragen,<br />
dass sich Kultur in einem Schulsystem<br />
Online<br />
Das vollständige Interview mit<br />
Thomas Sattelberger lesen Sie als<br />
Top-Thema auf<br />
www.haufe.<strong>de</strong>/personal<br />
„Es braucht jeman<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r nicht nur schwätzt, son<strong>de</strong>rn auch große HR-Architekturen baut.“<br />
verän<strong>de</strong>rt hat. Wenn ich heute für<br />
freiheitslieben<strong>de</strong> Talententwicklung<br />
eintrete, dann bin ich überzeugt, die<br />
Kraft dafür ziehe ich aus meinen Erlebnissen<br />
als 16- und 17-jähriger.<br />
personalmagazin: Verstörend wirkt Ihre<br />
neu ent<strong>de</strong>ckte Begeisterung für Work-<br />
Life-Balance. Ihr Ruf ist ein an<strong>de</strong>rer.<br />
Sattelberger: Ich glaube, da habe ich mich<br />
geän<strong>de</strong>rt. Als ich verstan<strong>de</strong>n hatte, dass<br />
das Thema Vielfalt mit Zeitsouveränität<br />
zu tun hat, habe ich vor an<strong>de</strong>rthalb<br />
Jahren einen Kehrtwechsel an<strong>de</strong>ren<br />
gegenüber vollzogen und <strong>de</strong>ren Ansprüche<br />
an ihr Privatleben akzeptiert.<br />
Zeitsouveränität heißt aber auch, dass<br />
man mir nicht reinre<strong>de</strong>n soll, wenn ich<br />
viel arbeiten will.<br />
personalmagazin: Eine Erkenntnis, für die<br />
Sie 63 Jahre alt wer<strong>de</strong>n mussten. Wer<br />
hat Sie in Ihrem Arbeitseifer gesteuert?<br />
Sattelberger: Ich fand das ganz normal,<br />
dass Menschen viel arbeiten. Ich habe<br />
nie richtig reflektiert, dass an<strong>de</strong>re<br />
Menschen in Sachen Zeitgestaltung<br />
an<strong>de</strong>re Vorstellungen haben können.<br />
Da wun<strong>de</strong>re ich mich über mich selbst.<br />
Da hat mir eine tiefschürfen<strong>de</strong> Run<strong>de</strong><br />
mit unserer Diversity-Beauftragten<br />
und 20 Frauen die Augen geöffnet.<br />
personalmagazin: Sie waren und sind eine<br />
prägen<strong>de</strong> Figur im Personalmanagement.<br />
Wer wird <strong>de</strong>r neue Sattelberger?<br />
Sattelberger: Kein Kommentar.<br />
personalmagazin: Braucht das Personalwesen<br />
überhaupt einen Antreiber?<br />
Sattelberger: Ja. Die HR-Funktion<br />
ver sinkt in <strong>de</strong>r gesellschaftlichen,<br />
öffentlichen Be<strong>de</strong>utungslosigkeit. Ich<br />
kann nur hoffen, dass sich da jemand<br />
aus <strong>de</strong>r zweiten Reihe herausschält. Jemand,<br />
<strong>de</strong>r kämpft, aber nicht absolutistisch.<br />
Jemand, <strong>de</strong>r nicht nur schwätzt,<br />
son<strong>de</strong>rn auch große HR-Architekturen<br />
bei sich im Unternehmen baut. Meine<br />
Hoffnung liegt bei <strong>de</strong>nen, die 20 o<strong>de</strong>r<br />
30 Jahre jünger sind.<br />
Das Interview führten<br />
Reiner Straub und Randolf Jessl.<br />
personalmagazin 06 / 12