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72<br />
VERTRAGSRECHT<br />
nie<strong>de</strong>rlegen, son<strong>de</strong>rn verbindlich festlegen<br />
wollten, ist <strong>de</strong>r Arbeitgeber an diese<br />
vertragliche Festlegung auch künftig<br />
gebun<strong>de</strong>n. Sein Weisungsrecht kann<br />
nur noch innerhalb dieser vertraglichen<br />
Festlegung ausgeübt wer<strong>de</strong>n. Dies lässt<br />
sich plausibel anhand <strong>de</strong>r im Arbeitsvertrag<br />
vereinbarten beruflichen Tätigkeit<br />
erläutern: Beschreibt <strong>de</strong>r Vertrag ausdrücklich<br />
ein bestimmtes Berufsbild,<br />
können jedwe<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>r Verkehrsanschauung<br />
vom Berufsbild mit umfassten<br />
Aufgaben im Rahmen von § 106 Satz 1<br />
GewO zugewiesen wer<strong>de</strong>n. Daraus folgt<br />
auch: Wählt <strong>de</strong>r Arbeitgeber eine weite<br />
Tätigkeits<strong>de</strong>finition, hat er sich das Weisungsrecht<br />
innerhalb dieser Tätigkeit<br />
vollumfänglich aufrechterhalten.<br />
Versetzungsklausel notwendig?<br />
Spätestens wenn <strong>de</strong>r Arbeitgeber aber<br />
eine Versetzungsklausel aufnimmt, um<br />
eine arbeitsvertragliche Festlegung zu<br />
entkräften, lan<strong>de</strong>t er unweigerlich in <strong>de</strong>r<br />
mühsamen AGB-Inhaltskontrolle. Dies<br />
wäre beispielsweise immer bei einer gewünschten<br />
konzernweiten Versetzungsmöglichkeit<br />
<strong>de</strong>r Fall. Erst an dieser Stelle<br />
stellt sich also die Frage, inwieweit man<br />
eine – vertragliche o<strong>de</strong>r gesetzliche –<br />
Begrenzung <strong>de</strong>s Direktionsrechts durch<br />
eine sogenannten Versetzungsklausel,<br />
die <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r §§ 305 ff.<br />
BGB standhalten muss, wirksam erweitern<br />
kann.<br />
Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine<br />
unangemessene Benachteiligung im<br />
Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung<br />
mit <strong>de</strong>n wesentlichen Grundgedanken<br />
<strong>de</strong>r gesetzlichen Regelung, von <strong>de</strong>r<br />
abgewichen wird, nicht zu vereinbaren<br />
ist. Behält sich <strong>de</strong>r Arbeitgeber beispielsweise<br />
vor, einseitig die vertraglich vereinbarte<br />
Tätigkeit unter Einbeziehung<br />
geringerwertiger Tätigkeiten än<strong>de</strong>rn zu<br />
können, scheitert seine Klausel.<br />
Nach vorzugswürdiger Ansicht setzt<br />
eine wirksame Versetzungsklausel zum<br />
Glück nicht voraus, dass in <strong>de</strong>r Klausel<br />
die möglichen Grün<strong>de</strong> für eine Versetzung<br />
genannt sind. Ob auf Arbeitgeber-<br />
seite ein Grund für eine Versetzung<br />
besteht, <strong>de</strong>r die Interessen <strong>de</strong>s Arbeitnehmers<br />
überwiegt, bleibt eine Frage<br />
<strong>de</strong>r Ausübungskontrolle. Das Transparenzgebot<br />
<strong>de</strong>s § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB<br />
for<strong>de</strong>rt auch nicht, alle Konkretisierungen<br />
<strong>de</strong>r Arbeitspflicht vorsorglich zu<br />
regeln. Arbeitsverhältnisse entwickeln<br />
sich fließend, ebenso wie die nach <strong>de</strong>r<br />
Verkehrsanschauung zu einem Berufsbild<br />
gehören<strong>de</strong>n Aufgaben.<br />
MUSTERFORMULIERUNG<br />
Ort und Tätigkeit flexibel halten<br />
Durch kluge vertragliche Formulierungen kann <strong>de</strong>r Arbeitgeber sowohl <strong>de</strong>m Nachweisgesetz<br />
Genüge tun als auch sein Direktionsrecht sichern.<br />
Grundformulierung:<br />
Der Arbeitgeber kann gemäß § 106 GewO <strong>de</strong>n Ort <strong>de</strong>r Arbeitsleistung nach billigem Ermessen<br />
näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch <strong>de</strong>n Arbeitsvertrag,<br />
Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags o<strong>de</strong>r<br />
gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.<br />
„Dem Arbeitnehmer wird durch <strong>de</strong>n Arbeitgeber zunächst <strong>de</strong>r Arbeitsort Berlin zugewiesen.<br />
Eine dauerhafte arbeitsvertragliche Festlegung liegt darin nicht. Das Recht <strong>de</strong>s<br />
Arbeitgebers, <strong>de</strong>m Arbeitnehmer einen an<strong>de</strong>ren Arbeitsort zuzuweisen, wird auch durch<br />
eine lang andauern<strong>de</strong> Verwendung an <strong>de</strong>mselben Arbeitsort nicht eingeschränkt.“<br />
Tätigkeitserweiternd<br />
„Der Arbeitgeber ist berechtigt, <strong>de</strong>m Arbeitnehmer aus betrieblichen Grün<strong>de</strong>n unter<br />
Wahrung <strong>de</strong>r Interessen <strong>de</strong>s Arbeitnehmers eine an<strong>de</strong>re gleichwertige Tätigkeit o<strong>de</strong>r ein<br />
an<strong>de</strong>res Arbeitsgebiet zu übertragen, soweit dies <strong>de</strong>n Fähigkeiten und Kenntnissen <strong>de</strong>s<br />
Arbeitnehmers entspricht.“<br />
Konzernabordnung<br />
„Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, vorübergehend auch gleichwertige Tätigkeiten, die<br />
seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechen, in einem an<strong>de</strong>ren zur (…)-Gruppe<br />
gehören<strong>de</strong>n Unternehmen zu erbringen. Eine solche Abordnung hat auf die Vergütung<br />
keinen Einfluss.“<br />
Festlegung kann auch von Vorteil sein<br />
Es gibt im Übrigen auch gewichtige Argumente<br />
für <strong>de</strong>n Arbeitgeber, sich vertraglich<br />
festzulegen und bewusst auf einen<br />
weiten Spielraum im Direktionsrecht zu<br />
verzichten. Denn eine hohe Flexibilität<br />
<strong>de</strong>r Einsatzmöglichkeiten kann an an<strong>de</strong>rer<br />
Stelle einen hohen Preis haben. Spätestens<br />
bei einer Personalreduzierung<br />
und entsprechen<strong>de</strong>n betriebsbedingten<br />
Kündigungen zeigt sich die Kehrseite<br />
<strong>de</strong>r Medaille. Die mögliche Anzahl von<br />
Stellen, die <strong>de</strong>m Arbeitnehmer kraft Ausübung<br />
<strong>de</strong>s Direktionsrechts zugewiesen<br />
wer<strong>de</strong>n können, ist nämlich die Basis<br />
<strong>de</strong>r vergleichbaren Tätigkeiten bei <strong>de</strong>r<br />
Sozialauswahl. Genau diese erschwert<br />
man daher bei <strong>de</strong>r hohen Flexibilität <strong>de</strong>r<br />
Einsatzmöglichkeiten.<br />
Dr. Martin Römermann<br />
Partner bei SKW<br />
Schwarz Rechtsanwälte<br />
in Berlin<br />
personalmagazin 06 / 12