05.11.2014 Aufrufe

Mehr Freiheit wagen - Haufe.de

Mehr Freiheit wagen - Haufe.de

Mehr Freiheit wagen - Haufe.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

RECHT<br />

VERTRAGSRECHT<br />

71<br />

eventuell nicht mehr unmittelbar nutzen,<br />

son<strong>de</strong>rn könnte gezwungen sein, die begehrte<br />

Flexibilität aufzugeben o<strong>de</strong>r durch<br />

sogenannte Versetzungsklauseln wie<strong>de</strong>r<br />

zurückzugewinnen. Daran schließt sich<br />

aber eine weitere Gefahr an, weil sich die<br />

Wirksamkeit von Versetzungsklauseln<br />

wie<strong>de</strong>rum an <strong>de</strong>n hohen Anfor<strong>de</strong>rungen<br />

einer sogenannten Inhaltskontrolle anhand<br />

<strong>de</strong>r Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

(AGB) orientiert.<br />

Zweite Einschränkung: AGB-Kontrolle<br />

Lange haben sich Rechtsprechung und<br />

Literatur anlässlich <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>r<br />

sogenannten AGB-Kontrolle (§§ 305 ff.<br />

BGB) auf Arbeitsverträge mit Inkrafttreten<br />

<strong>de</strong>r Schuldrechtsreform zum 1. Januar<br />

2002 ausschließlich auf die Frage<br />

konzentriert, ob die in einer sogenannten<br />

Versetzungsklausel vereinbarten Direktionsrechte<br />

auch bei Anwendung <strong>de</strong>s<br />

Prüfungsmaßstabs <strong>de</strong>r AGB-Inhaltskontrolle<br />

<strong>de</strong>s § 307 Abs 1 Satz 1 BGB zulässig<br />

sind. Die vom Gesetzgeber vorgesehene<br />

Grundregel <strong>de</strong>s § 106 Satz 1 GewO<br />

schien beinahe unbeachtlich. Schließlich<br />

Das Direktionsrecht und seine Grenzen<br />

RECHTSQUELLE<br />

In <strong>de</strong>r Gewerbeordnung (GewO) ist das Weisungs- und Gestaltungsrecht <strong>de</strong>s<br />

Arbeitgebers beschrieben, auch wenn man es dort nicht auf Anhieb vermutet.<br />

§ 106 GewO Weisungsrecht <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit <strong>de</strong>r Arbeitsleistung nach billigem Ermessen<br />

näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch <strong>de</strong>n Arbeitsvertrag,<br />

Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags o<strong>de</strong>r<br />

gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich <strong>de</strong>r Ordnung und<br />

<strong>de</strong>s Verhaltens <strong>de</strong>r Arbeitnehmer im Betrieb. Bei <strong>de</strong>r Ausübung <strong>de</strong>s Ermessens hat <strong>de</strong>r<br />

Arbeitgeber auch auf Behin<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.<br />

§ 105 GewO Gestaltungsrecht <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Abschluss, Inhalt und Form <strong>de</strong>s Arbeitsvertrags<br />

frei vereinbaren, soweit nicht zwingen<strong>de</strong> gesetzliche Vorschriften, Bestimmungen eines<br />

anwendbaren Tarifvertrags o<strong>de</strong>r einer Betriebsvereinbarung entgegenstehen. Soweit die<br />

Vertragsbedingungen wesentlich sind, richtet sich ihr Nachweis nach <strong>de</strong>n Bestimmungen<br />

<strong>de</strong>s Nachweisgesetzes.<br />

habe <strong>de</strong>r Arbeitgeber sich im Arbeitsvertrag<br />

mit Vereinbarung einer Arbeitsbedingung<br />

abweichend festgelegt und<br />

§ 106 Satz 1 GewO selbstverschul<strong>de</strong>t eingeschränkt.<br />

In seinen Entscheidungen<br />

vom 9. Mai 2006, Az. 9 AZR 424/05 und<br />

13. März 2007, Az. 9 AZR 433/06 ließ<br />

das BAG für eine arbeitsvertragliche<br />

Festlegung einer Arbeitsbedingung bereits<br />

ausreichen, dass eine bestimmte<br />

Arbeitsbedingung im Arbeitsvertrag<br />

benannt war, das heißt schriftlich nie<strong>de</strong>rgelegt<br />

wur<strong>de</strong>. Es spielte noch nicht<br />

einmal eine Rolle, ob <strong>de</strong>r arbeitsvertraglich<br />

vorgesehene Versetzungsvorbehalt<br />

inhaltlich <strong>de</strong>r Vorgabe <strong>de</strong>s Gesetzgebers<br />

in § 106 Satz 1 GewO entsprach. Wer<br />

über die Nie<strong>de</strong>rschrift <strong>de</strong>r Arbeitsbedingungen<br />

im Arbeitsvertrag hinaus Flexibilität<br />

erreichen wollte, musste immer<br />

einen Versetzungsvorbehalt dazu formulieren,<br />

<strong>de</strong>r jedwe<strong>de</strong>r Inhaltskontrolle<br />

standzuhalten hatte.<br />

In seinen jüngeren Entscheidungen<br />

vom 25. August 2010, Az. 10 AZR 275/09<br />

und 19. Januar 2011, Az. 10 AZR 738/09<br />

hat das BAG diesen Fokus <strong>de</strong>utlich verschoben.<br />

Bevor man eine <strong>de</strong>taillierte<br />

AGB-Inhaltskontrolle <strong>de</strong>r arbeitsvertraglich<br />

geregelten Versetzungsklausel<br />

durchführt, müsse erst festgestellt wer<strong>de</strong>n,<br />

ob es dieser Versetzungsklausel<br />

überhaupt bedürfe. Habe <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />

nämlich die in § 106 GewO normierten<br />

Direktionsmöglichkeiten vertraglich<br />

nicht festgehalten, könne er das Direktionsrecht<br />

im Rahmen <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n<br />

gesetzlichen Grenzen weiterhin vollumfänglich<br />

aus üben. Das Weisungsrecht<br />

besteht in <strong>de</strong>n Grenzen <strong>de</strong>r arbeitsvertraglichen<br />

Vereinbarungen. Je weiter diese<br />

Vereinbarungen gefasst sind, <strong>de</strong>sto<br />

weiter geht auch das Direktionsrecht.<br />

Vertragliche Vermeidungsstrategie<br />

Daher wird bei <strong>de</strong>r zukünftigen Gestaltung<br />

eines Arbeitsvertrags primär<br />

darauf zu achten sein, die arbeitsvertragliche<br />

Festlegung auf Zeit, Ort und Inhalt<br />

<strong>de</strong>s Arbeitsverhältnisses weitgehend zu<br />

vermei<strong>de</strong>n. Statt<strong>de</strong>ssen sollte <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />

<strong>de</strong>utlich zum Ausdruck bringen,<br />

dass er sein ihm kraft <strong>de</strong>s Arbeitsvertrags<br />

zustehen<strong>de</strong>s Direktionsrecht vorerst<br />

und nur vorübergehend ausübt,<br />

beziehungsweise nur die aktuellen Arbeitsbedingungen<br />

entsprechend <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen<br />

<strong>de</strong>s NachwG nie<strong>de</strong>rlegt.<br />

Damit wahrt <strong>de</strong>r Arbeitgeber das gesetzliche<br />

Transparenzgebot (§ 307 Abs.<br />

1 Satz 2 BGB) und das Verbot überraschen<strong>de</strong>r<br />

Klauseln (§ 305 c Abs. 1 BGB).<br />

Wichtig ist dies vor allem bei <strong>de</strong>r Bestimmung<br />

<strong>de</strong>s Einsatzorts. Hier sollte <strong>de</strong>m<br />

Arbeitnehmer ver<strong>de</strong>utlicht wer<strong>de</strong>n, dass<br />

keine vertragliche Beschränkung auf einen<br />

bestimmten Arbeitsort gewollt ist.<br />

Auf die Wirksamkeit eines zusätzlichen<br />

Versetzungsvorbehalts kommt es nach<br />

<strong>de</strong>m BAG bei Nichtbestehen einer vertraglichen<br />

Einschränkung <strong>de</strong>s § 106 Satz<br />

1 GewO nicht an.<br />

Die Nachteile vertraglicher Festlegung<br />

Kommt man bei Auslegung <strong>de</strong>s Arbeitsvertrags<br />

hingegen zu <strong>de</strong>m Ergebnis,<br />

dass die Parteien eine Arbeitsvertragsbestimmung<br />

nicht nur vorübergehend<br />

06 / 12 personalmagazin

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!