Klinoskop 3/2010 - Klinikum Chemnitz
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Schönheit nur in<br />
der Bewegung<br />
Eine Empfehlung der<br />
Ausstellung „Was ist schön?“<br />
im Hygiene-Museum<br />
Dresden<br />
Spieglein, Spieglein an der Tür – gleich<br />
am Eingang weiß man woran man ist, ich<br />
werde von meinem Spiegelbild empfangen.<br />
Der Spiegel als Instrument für die Betrachtung<br />
– bin ich schön?<br />
Das Handy eines Besuchers klingelt, „Hallo,<br />
ja ... bin gerade in der Ausstellung Was ist<br />
schön?“ „Ja, wir feiern heute Abend meinen<br />
Geburtstag. Ich kann nicht so laut, ...“, zum<br />
vierten Mal wiederholt er diesen Satz. Ist<br />
das schön?<br />
Soziale Vorteile<br />
durch Schönheit<br />
Roter edler Samt empfängt mich im ersten<br />
Ausstellungsraum. Sehnsucht und Versprechen.<br />
Von Schönheit verspricht man sich seit<br />
jeher persönliche und soziale Vorteile. Falten<br />
eines gealterten Models in den Großaufnahmen<br />
von Herlinde Koelbl. Begehrt, überschätzt,<br />
gefürchtet, abgelehnt; Märchen und<br />
Mythen, Werbung und Medien zementieren<br />
seit Jahrhunderten die Macht der Schönheit.<br />
Skurril muten kleine Geräte an, mit deren Hilfe<br />
Francis Galton Ende des 19. Jahrhunderts<br />
einen Schönheitsatlas erstellen wollte. Galton,<br />
Vater der Daktyloskopie, kam bei einem<br />
Ochsen-Gewichts-Schätz-Wettbewerb auf die<br />
Idee der Wahrscheinlichkeitsverteilung.<br />
Der nächste Ausstellungsraum ist mit Kartons<br />
und Pappen gestaltet. Krieg, Zerstörung,<br />
Nachkrieg, Chaos – ein neues Schönheitsideal<br />
stellt sich vor. Kennen Sie etwa noch<br />
das „Inge-Kleid“?<br />
Schönheit nur in<br />
der Bewegung<br />
Neben mir geht eine Frau durch den Vorhang<br />
in den nächsten Raum. „Hach“, erschrocken<br />
weichen wir zurück, eine Spiegelgalerie wie<br />
in Versailles, nur etwas kleiner. Jetzt fehlt nur<br />
noch der Sonnenkönig. Schade.<br />
Mit „Der schöne Gang“ stellt der Künstler Julian<br />
Opie seine Ansicht vor, dass wahre menschliche<br />
Schönheit nur in der Bewegung existiert.<br />
Wussten sie schon, dass es von Medizindesignern<br />
gestaltete Vaginas gibt? Das ers-<br />
Videostill von Julian Opies Arbeit Suzanne walking forwards. Foto: Hygiene-Museum Dresden<br />
te Intim-Rasur-Model aus einem Playboy von<br />
2001 hat mich nachdenklich über die Rolle<br />
der Medien gemacht. Nun unterliegt auch<br />
dieser Bereich ästhetischen Urteilen und<br />
medialen Normen.<br />
Schönheit ist eine<br />
persönliche Ansicht<br />
Der letzte Raum der Ausstellung als klassisches<br />
Ideal – mit Säulen und weiß gestrichen<br />
– ist das das Paradies? Zehn Geschichten,<br />
über Kopfhörer nachzuerleben,<br />
geben zehn persönliche Antworten auf die<br />
Frage „Was ist schön?“<br />
Medien und Werbung vermitteln Schönheitsvorstellungen,<br />
und sie besitzen große<br />
gesellschaftliche Wirkungsmacht. Man<br />
verlernt, dem eigenen Empfinden „Was ist<br />
schön?“ in seiner Vielfalt nachzuspüren.<br />
Und das ist die beste Empfehlung zum Besuch<br />
der Ausstellung.<br />
Margit Mothes<br />
Die Ausstellung läuft noch bis zum<br />
2. Januar 2011 im Hygiene-Museum<br />
Dresden, geöffnet von Dienstag bis<br />
Sonntag von 10 bis 18 Uhr.<br />
K u l t u r & S o z i a l e s 45