Klinoskop 3/2010 - Klinikum Chemnitz
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Schwierigkeiten für rechtliche Betreuer im Klinikalltag<br />
Im kleineren Kreis bestand im Workshop die Möglichkeit, einzelne Problemsituationen, die sich im Miteinander von Klinikpersonal und<br />
rechtlichen Betreuern immer wieder ergeben können, zu diskutieren. Viele „Konflikte“ ergeben sich allein daraus, dass unterschiedliche<br />
Berufsgruppen auch aus verschiedenen Blickwinkeln heraus die Unterbringung und Behandlung der Patienten sowie Betreuten<br />
in unserer Klinik erleben. So entstand in diesem Workshop eine konstruktive Diskussion, da neben rechtlichen Betreuern auch Ärzte,<br />
Pflegepersonal und Sozialarbeiter anwesend waren.<br />
Einzelne Problempunkte, die angesprochen wurden:<br />
• Betreuer werden nicht immer informiert, wenn eine Verlegung<br />
auf andere Stationen oder die Klinikentlassung ihres Betreu<br />
ten erfolgt, haben aber mit dem Aufgabenkreis Gesundheits<br />
sorge eine Klinikentlassung mit vorzubereiten.<br />
• Sollte der rechtliche Betreuer für eine dringende medizini<br />
sche Entscheidung nicht erreichbar sein, wäre über örtliche<br />
Betreuungsbehörde oder Betreuungsgericht eine mögliche<br />
Vertretung anzufragen.<br />
• Rechtliche Betreuer wünschen sich, mehr in den Behand<br />
lungsprozess ihres Betreuten mit einbezogen zu werden;<br />
erst recht, wenn durch sie die Unterbringung gegen<br />
den Willen des Patienten angeregt wurde und abhän-<br />
gig vom Behandlungsverlauf eine vom richterlichen<br />
Beschluss abweichende vorzeitige Verlegung oder Entlassung<br />
realistisch erscheint.<br />
• Eine Betreuerin musste nach Aufnahme ihres Betreuten im<br />
<strong>Klinikum</strong> noch ca. 2 Stunden den Patienten zu Untersuchun<br />
gen begleiten, um diese abzusichern.<br />
• Eine Patientin wurde entgegen der Meinung der rechtlichen<br />
Betreuerin, die im häuslichen Umfeld eine akute Eigengefähr<br />
dung gesehen hatte und entsprechend bis zur richterlichen<br />
Anhörung um eine Verlegung ihrer Betreuten in die Klinik für<br />
Psychiatrie gebeten hatte, doch nach Hause entlassen.<br />
• Betreuer werden häufig aufgefordert, dringend Unterschrif<br />
ten für Untersuchungen ihres Betreuten zu leisten, obwohl<br />
eine Einschränkung der Einsichtsfähigkeit aktuell nicht nach<br />
gewiesen wurde und somit der Patient selbst vorrangig sein<br />
Einverständnis beurkunden muss.<br />
Dazu folgende Zusammenstellung aus einem Informationsblatt des<br />
Vereins für rechtliche Betreuung <strong>Chemnitz</strong> e. V. vom 20.04.09:<br />
Rechtliche Betreuung mit dem Aufgabenkreis „Gesundheitssorge“<br />
• Untersuchungen und Behandlungen aller Art durch den Arzt<br />
dürfen bei Volljährigen nur durchgeführt werden, wenn der<br />
Betroffene seine Einwilligung erteilt – das Bestehen einer Be<br />
treuung mit dem Aufgabenkreis „Gesundheitssorge“ hat auf<br />
diesen Grundsatz keinen Einfluss.<br />
• Prinzipiell ist jeder Bürger in Deutschland mit voll-<br />
endetem 18. Lebensjahr geschäfts- und einsichtsfähig –<br />
ein Betreuungsverfahren setzt dies nicht automatisch außer<br />
Kraft.<br />
• Bei Einwilligungsfähigkeit des Patienten willigt dieser selbst<br />
in die Heilbehandlung ein.<br />
• Nur wenn eine eindeutige „Einsichtsunfähigkeit“ vor<br />
liegt, darf der Betreuer in eine Heilbehandlung für<br />
seinen Betreuten einwilligen – der Betreuer hat keine Kompe-<br />
tenz neben dem Betreuten.<br />
Der Begriff „Einsichtsfähigkeit“ ist nicht gesetzlich definiert. Sie<br />
liegt nach herrschender Meinung dann vor, wenn der Patient über<br />
Reife und Fähigkeit verfügt, die Tragweite des ärztlichen Eingriffs<br />
für Körper, Beruf und Lebensglück zu ermessen und danach selbstverantwortlich<br />
Entschlüsse zu fassen.<br />
(HH)<br />
Ein Gebäude der Klinik<br />
für Psychiatrie, Verhaltensmedizin<br />
und Psychosomatik<br />
im Standort<br />
Dresdner Straße am<br />
Rand des Zeisigwaldes.<br />
Foto: Archiv MA/ÖA<br />
K a l e i d o s k o p<br />
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