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Ernst Teichmann, Pfarrer vom Waldfriedhof Halbe

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einanderhackt und auseinanderreißt. Das ist so pietätlos selbst, wenn<br />

man dabei bedenkt, daß man manches nicht behutsamer tun kann! Ich<br />

möchte dem Herrn Umbettungsleiter und der Regierung gerne um der<br />

Sache willen einmal vormachen, wie man es sorgfältiger machen kann<br />

und muß, wenn man es ordentlich machen will.<br />

Als letzte Frage taucht für mich immer wieder auf, und das alles im<br />

Blick auf das Volk, für das ja die Regierung da ist: Was tut die Regierung,<br />

um das Gelände weithin sorgfältig abzusuchen (wir finden ja sogar<br />

immer noch Tote offen herumliegen!) und die Gräber weiter zu registrieren?<br />

Ich bin, wenn man schon etwas tut, sogar der Meinung:<br />

Man kann zwar Anordnungen herausgeben, die auch oberflächlich erfüllt<br />

werden, aber das genügt noch nicht, man muß hier auch die Liebe<br />

und das Verständnis der Menschen wecken und ihnen klar machen,<br />

daß darunter auch ihr Vater, ihre Kinder oder ihre Frauen liegen könnten,<br />

dann würde man doch, wenn man nicht ganz verroht ist, mit etwas<br />

mehr Liebe und Eifer suchen - und finden.<br />

Außerdem bin ich der Meinung, daß dieser Zentralfriedhof, der die<br />

Opfer der größten Schlacht in Deutschland bergen soll, nicht nur eine<br />

Angelegenheit der Landesregierung in Brandenburg, sondern der DDR,<br />

eine gesamtdeutsche Sache ist.<br />

Man hat, das will ich nicht ableugnen, Sorge, daß kein Vorwurf erhoben<br />

werden möchte, andererseits aber gibt man ja selbst Anlaß dazu; und mir<br />

täte es leid - um der Sache und um unserer selbst willen, wenn nicht nur<br />

Vorwürfe erhoben werden, sondern mit diesen schnellen und darum auch<br />

so pietätlosen Methoden neues Leid zum alten Herzeleid der vielen Leidtragenden<br />

hinzukäme. Hier in <strong>Halbe</strong> und in der ganzen Umgebung liegen<br />

viele Christen, Evangelische und Katholiken, und auch Nichtchristen nebeneinander:<br />

Männer und Frauen und Kinder und auch noch Ungeborene.<br />

Man kann als Mensch schlechthin oder als bewußter Christ an dieser<br />

Stätte vorübergehen und viele eigene Gedanken haben über Gott, über die<br />

Welt, über die Politik, aber eines sollten wir alle gemeinsam denken (darum<br />

ist mir gerade das Verhalten der Landesregierung so unverständlich!).<br />

Wir sollten aus den Nöten der Vergangenheit und der Gegenwart<br />

gelernt haben, den Geist der Menschlichkeit größer und umfassender<br />

zu sehen und in uns zu spüren! Und darum ist es mir fast ein wenig unglaublich,<br />

wenn ich es nicht erlebte, daß ein <strong>Pfarrer</strong>, der sonst mit Toten<br />

und Leidtragenden viel zu tun hat, plötzlich hier gegen alle Vernunft<br />

und Liebe ausgeschaltet bleiben soll und nicht einmal helfend<br />

und beratend daran teilnehmen darf, noch dazu an einer Arbeit, die er<br />

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