Cornelia Domaschke / Daniela Fuchs-Frotscher / Günter Wehner
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vor der Auflösung dieser Partei Kassierer. Schließlich war Kretschmer von 1927<br />
bis 1930 Mitglied der SPD und gehörte vom September 1932 ab der SAP an.<br />
Die hochverräterischen Bestrebungen der SAP.<br />
Die im Oktober 1931 nach einer Spaltung der SPD gegründete SAP setzte sich<br />
in ihrem Mitgliederbestand aus Personen zusammen, die sich infolge ihrer kritischen<br />
Einstellung einerseits der SPD, andererseits gegenüber der KPD, den<br />
Parteien nicht oder nicht mehr anschließen wollten. Tatsächlich näherte sich<br />
die SAP in ihrer Tendenz vollkommen den Zielen der KPD. Sie erstrebt, wie<br />
jene, die Diktatur des Proletariats und die Errichtung einer Räterepublik nach<br />
russischem Muster und betreibt die Bildung einer einheitlichen proletarischen<br />
Klassenfront unter ihrer Führung, um auf dem Weg des außerparlamentarischen<br />
Kampfes schließlich durch Gewalt zum Sturz der gegenwärtig bestehenden<br />
verfassungsgemäßen Staatsform zu gelangen. Während die SAP bei ihrem<br />
parlamentarischen Bestehen bis Anfang März 1933 eine kaum nennenswerte<br />
Stimm[en]zahl auf sich zu vereinigen mochte, hält sie nunmehr ihre Zeit für<br />
eine umso stärkere illegale Agitationstätigkeit für gekommen, um sich zum<br />
Sammelbecken aller marxistischen Elemente zu machen, die insbesondere der<br />
SPD und KPD nach der nationalen Revolution den Rücken gekehrt haben. Sie<br />
ist sich zwar bewusst, dass zur Zeit noch für sie mit einer raschen Verwirklichung<br />
ihrer Ziele nicht zu rechnen ist. Sie hofft aber, dass früher oder später<br />
Krisen über die jetzige Regierung hereinbrechen werden, für die es jetzt schon<br />
zu rüsten gilt, um sie im gegebenen Augenblick ausnutzen zu können. In Flugblättern<br />
und ähnlichen Schriften sucht die SAP durch ständige Verbreitung von<br />
Gräuelnachrichten die Staatsautorität zu untergraben, um mit der gleichzeitigen<br />
Aufforderung zum Zusammenschluss aller Kräfte für den revolutionären<br />
Klassenkampf den Boden zu bereiten und die Masse der Arbeiterschaft zur<br />
Mitwirkung am gewaltsamen Vorgehen aufzuwiegeln und zu gewinnen. Dieses<br />
alles ist bereits in einem Urteil des Oberlandesgerichts in Stuttgart vom 27.<br />
Juli 1933 in der Strafsache gegen Schneider und Genossen festgestellt worden<br />
und findet in vorliegenden Fällen seine erneute Bestätigung …« 1<br />
Ungewollt schildert der Breslauer Generalstaatsanwalt des Oberlandesgerichts,<br />
dass es der SAP gelungen sei, sich bereits im Februar 1933 zu reorganisieren und<br />
eine wirksame illegale Arbeit zu leisten. Anhand der Anklageschrift wird auch<br />
sichtbar, dass junge und alte Antifaschisten, die aus den unterschiedlichsten Berufen<br />
kamen, zusammenhielten und sich im illegalen Wirken sinnvoll ergänzten.<br />
1 Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde, NJ 5342 ohne Blattsignierung.<br />
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