Cornelia Domaschke / Daniela Fuchs-Frotscher / Günter Wehner
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Geheime Waffenlager in Schlesien – der »Fall Jäschkowitz«<br />
Eine wesentliche Hinterlassenschaft der Freikorps aus den Jahren unmittelbar<br />
nach dem Ende des Ersten Weltkrieges waren zum Teil umfangreiche Waffen- und<br />
Munitionslager, die mit Billigung und Hilfestellung der Reichswehr nicht nur für<br />
den Fall einer »polnischen Invasion«, sondern auch für den Einsatz paramilitärischer<br />
Einheiten gegen linke Parteien und Organisationen angelegt worden waren.<br />
Seit Mitte der zwanziger Jahre wurden immer von neuem versteckte Waffen<br />
unterschiedlichster Art entdeckt, wobei gelegentlich der Zufall seine Hand im<br />
Spiel hatte. Ein markantes Beispiel dafür ist der folgende Fall: Seit Dezember<br />
1930 befasste sich die schlesische Justiz mit einem umfangreichen Waffenfund<br />
in Jäschkowitz im Kreis Breslau, dessen Umstände und Begleiterscheinungen zugleich<br />
einen interessanten Einblick in die Wirkungsmöglichkeiten der faschistischen<br />
NSDAP in Oberschlesien gestatten.<br />
Die Hitlerpartei hatte es in dieser Provinz zunächst nicht einfach. Ihre Resonanz<br />
bei den Wahlen war gering, die Deutschnationale Volkspartei hatte auf der politischen<br />
Rechten das entsprechende Stimmenreservoir abgeschöpft. Bei den Wahlen<br />
zum Preußischen Landtag am 20. Mai 1928 kamen die Nazis in Oberschlesien<br />
gerade einmal auf ca. 21.400 Stimmen und konnten kein einziges Mandat erringen.<br />
Zum Vergleich: Die DNVP konnte das Votum von ca. 430.000 Wählerinnen<br />
und Wählern auf sich vereinen und erreichte elf Mandate. Wie überall in Deutschland,<br />
so brachten auch hier erst die Reichstagswahlen am 14. September 1930 der<br />
NSDAP den großen Durchbruch. 27 In der Provinz Niederschlesien gewannen die<br />
Nazis 22,9 Prozent (DNVP: 8,8 Prozent), in Oberschlesien waren es 9,5 Prozent<br />
(DNVP: 15,2 Prozent), wobei sich in Breslau – hier erreichte die Nazipartei mit<br />
24,2 Prozent der abgegebenen Stimmen eines ihrer besten Wahlergebnisse – eine<br />
der Hochburgen der Partei im Reichsmaßstab herauszukristallisieren begann. Dass<br />
sich die politischen Gewichte auf Seiten der politischen Rechten zugunsten der<br />
Partei Hitlers zu verschieben begonnen hatten, wurde jedoch nicht nur an Wahlresultaten<br />
ablesbar. Der Waffenfund in Jäschkowitz verdeutlichte die wachsende<br />
Akzeptanz der NSDAP durch staatliche Autoritäten und eine – vorsichtig formuliert<br />
– gewisse Zurückhaltung der Justiz bei der Verfolgung von Straftaten, die von<br />
Nazis begangen worden waren. Was war geschehen? 28<br />
27 Siehe Jürgen Falter, Thomas Lindenberger u. Siegfried Schumann: Wahlen und Abstimmungen in der Weimarer<br />
Republik. Materialien zum Wahlverhalten 1919–1933, München 1986, S. 72. Zum Gesamtzusammenhang siehe<br />
Reiner Zilkenat: »Ein schwarzer Tag für Deutschland!« Die NSDAP und die Reichstagswahlen vom 14. September<br />
1930, in: Rundbrief, hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft Rechtsextremismus/Antifaschismus beim Parteivorstand<br />
DIE LINKE, Heft 3-4/2010, S. 60 ff.<br />
28 Zum Folgenden siehe die umfangreichen Materialien in: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (im<br />
Folgenden: GSt PK), I. Hauptabteilung (im Folgenden: I. HA), Rep. 84a, Nr. 53539.<br />
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