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Cornelia Domaschke / Daniela Fuchs-Frotscher / Günter Wehner

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Provinz Posen nicht zuletzt Regionen in Oberschlesien, die bis dahin zu den wichtigsten<br />

Rohstoff- und Industriegebieten des Deutschen Reiches zählten. 1 Der britische<br />

Premierminister Lloyd George hatte gegen den Widerstand Frankreichs 2<br />

zwar durchsetzen können, dass in Oberschlesien am 20. März 1921 Volksabstimmungen<br />

durchgeführt wurden, um die Einwohner selbst bestimmen zu lassen,<br />

ob sie künftig in den polnischen Staatsverband integriert werden möchten. Doch<br />

ungeachtet der Ergebnisse – 59,6 Prozent der Abstimmenden (478.820) entschieden<br />

sich bei einer Wahlbeteiligung von 97,8 Prozent zugunsten des Verbleibs in<br />

Deutschland, 40,4 Prozent (307.554) votierten für Polen – entschied der Oberste<br />

Alliierte Rat am 20. Oktober 1921 anders. 3<br />

Oberschlesien wurde geteilt, wobei 80 Prozent der Steinkohlebergwerke mit<br />

74 Prozent der Fördermenge und 95 Prozent der Steinkohlevorkommen, sämtliche<br />

Eisenerzgruben, 60 Prozent der Stahl- und Eisengießereien, ungefähr 80 Prozent<br />

der Blei- und Zinkerzförderung sowie alle Blei- und Zinkhütten dem polnischen<br />

Staat zugeschlagen wurden, der nun mit der Region um Kattowitz und Königshütte<br />

über eine nennenswerte Schwerindustrie und Rohstoffbasis verfügen konnte. 4 Insgesamt<br />

umfasste das von den Alliierten dem polnischen Staat zuerkannte Gebiet<br />

Oberschlesiens 3.213 Quadratkilometer mit ungefähr einer Million Einwohnern.<br />

Es wurde Polen als »Wojewodschaft Schlesien« inkorporiert. Bei Deutschland<br />

verblieb zwar der größere Teil Oberschlesiens, der allerdings weitgehend agrarisch<br />

geprägt war.<br />

Bereits am 10. Januar 1920 war das sogenannte Hultschiner Ländchen, im<br />

Süden Schlesiens als Teil des Landkreises Ratibor gelegen, Bestandteil der neu<br />

entstandenen Tschechoslowakei geworden. Dieses Gebiet war etwa 290 Quadratkilometer<br />

groß, hatte ca. 50.000 Einwohner und verfügte über einige Steinkohlegruben.<br />

Die politische Rechte in Schlesien kultivierte deshalb auch neben ihrer<br />

antipolnischen Hetze die Stimmungsmache gegen die Tschechoslowakei. 5<br />

1 Siehe Peter Krüger: Versailles. Deutsche Außenpolitik zwischen Revisionismus und Friedenssicherung, München<br />

1986, bes. S. 88 ff.; Hans Mommsen: Aufstieg und Untergang der Republik von Weimar 1918–1933, München<br />

2001, S. 131 ff.; Ursula Büttner: Weimar. Die überforderte Republik 1918–1933. Leistung und Versagen in Staat,<br />

Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur, Stuttgart 2008, S. 120 ff. u. 153 ff.<br />

2 Frankreichs Interessen bestanden vor allem darin, mittels starker »Pufferstaaten« einen »cordon sanitaire« in Mittel-<br />

und Osteuropa gegen ein künftig erstarkendes Deutschland, aber auch gegen Sowjetrussland, zu etablieren.<br />

Deshalb galt Frankreich, dessen in Oberschlesien stationierte Truppen nichts unternahmen, um die polnischen<br />

Freischärler aufzuhalten, als Protektor eines politisch wie ökonomisch vitalen Polens wie auch der Tschechoslowakei.<br />

3 Siehe Hans Roos: Geschichte der Polnischen Nation 1916–1960. Von der Staatsgründung im Ersten Weltkrieg bis<br />

zur Gegenwart, 2. Aufl., Stuttgart 1962, S. 91.<br />

4 Siehe Ferdinand Friedensburg: Die Weimarer Republik, Berlin 1946, S. 30 f.<br />

5 Beispielhaft hierfür war ein Artikel des »Bundeskanzlers« (Reichsgeschäftsführers) des Stahlhelms Wagner in<br />

der gleichnamigen Verbandszeitung: »Die Tschechen – ein Kleinvolk von 6 Millionen Menschen, um Prag herum,<br />

also mitten im deutschen Raum wohnend – müssen sich mit dem Deutschtum verständigen, mit dem sie<br />

das Schicksal ganz Mitteleuropas immer teilen werden. Sei es, dass die Nationen Mitteleuropas, gestützt durch<br />

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