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Cornelia Domaschke / Daniela Fuchs-Frotscher / Günter Wehner

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gewann. Bei dem anschließenden Umtrunk, so erinnert sich Martin schmunzelnd,<br />

habe die gegnerische Mannschaft gewonnen.<br />

Vor einem Problem konnte Martin die Augen nicht verschließen, auch heute<br />

noch mischen sich in seinem Gesichtsausdruck Wut und Trauer, wenn er darüber<br />

spricht: Das waren die Übergriffe eines Teils der Besatzungsmacht an der deutschen<br />

Bevölkerung und besonders die Vergewaltigung von Frauen und Mädchen,<br />

die Freiwild für sie waren. Martin Löwenberg ist der Meinung, dass dieses düstere<br />

Kapitel nicht verschwiegen werden darf. Dafür habe er bereits viel Kritik auch<br />

von Seiten der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) einstecken<br />

müssen.<br />

Bekannte in der Kommandantur beschworen Martin, Breslau zu verlassen,<br />

denn er habe hier keine Zukunft mehr. Katharina Löwenberg war ganz entschieden<br />

dagegen, sie wollte auf Fred warten. Post gab es keine, erinnert sich Martin.<br />

Suchmeldungen wurden an kaputte Häuser- und Bretterwände geschrieben. Doch<br />

dann erfuhr Katharina von irgendjemandem, dass ihr älterer Sohn auf dem Weg<br />

nach Breslau sei. Sie hatte Angst, dass sie sich in den Wirren der Nachkriegszeit<br />

verlieren würden. Deshalb blieb sie.<br />

Fred hatte, nachdem er im Frühjahr 1945 aus dem Außenlager Hohwacht des<br />

KZ Neuengamme von britischen Truppen befreit worden war, sich zunächst ärztlich<br />

in einem Lazarett behandeln lassen müssen. Im KZ war er bis aufs Skelett<br />

abgemagert. Nachdem er wieder zu Kräften gekommen war, machte er sich auf<br />

die Suche nach Edith Blaschke und der gemeinsamen Tochter Doris. Als er sie auf<br />

Sylt fand, musste er sich ernüchternd eingestehen, dass es zwischen Edith und ihm<br />

außer Doris keine weiteren Gemeinsamkeiten mehr gab. Edith hatte zudem einen<br />

neuen Partner.<br />

Die Rückkehr Freds in seine Heimatstadt beruhte auf einer völlig falschen<br />

Einschätzung der politischen Situation. Der Gedanke liegt nahe, dass es für einige<br />

Genossen in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) außerhalb jeder Vorstellungskraft<br />

lag, dass Breslau für immer verloren war. Wer Fred letztendlich dorthin<br />

zurückschickte, dazu machte er selbst unterschiedliche Angaben. So hatte ihm<br />

sein ehemaliger Blockältester aus dem KZ Buchenwald Gerhard Pfeiffer, den er<br />

in Dresden traf, Hinweise zur Neugründung einer deutschen Antifa in Breslau gegeben.<br />

Aber auch der ehemalige Reichstagsabgeordnete der KPD, Fritz Selbmann<br />

aus Leipzig, soll ihn dazu ermuntert haben. Selbmann habe ihn zu diesem Zweck<br />

mit Rückkehrern aus dem »Roten Treck« bekannt gemacht, die in Dresden eingetroffen<br />

waren. Die Mitglieder der Antifaschistischen Freiheitsbewegung (Antifa)<br />

Breslaus hatten am 7. Juli 1945 zusammen mit ehemaligen KZ- oder Zuchthaushäftlingen<br />

linksgerichteter Arbeiterorganisationen in einem sogenannten Roten<br />

Treck unter sowjetischem Geleitschutz mit roter Fahne am ersten Fuhrwerk und<br />

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