Cornelia Domaschke / Daniela Fuchs-Frotscher / Günter Wehner
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Kampfgefährte Ecksteins, Max Rausch. Der aus Breslau stammende Historiker<br />
Kurt Pätzold beschreibt in seinen Memoiren, wie er als Kind mit seinem Vater, der<br />
sich ebenfalls der SAP angeschlossen hatte, hin und wieder die letzte Ruhestätte<br />
von Eckstein auf dem Gräbschener Friedhof (Cmentarz Grabiszynski) aufsuchte. 12<br />
Heute gibt es das Grab nicht mehr.<br />
Die Freidenkerschule, die Fred und Martin Löwenberg besuchten, war von den<br />
Nazis 1933 aufgelöst worden. Die Jungen gingen deshalb auf die evangelische<br />
Kreuzschule für Knaben in der Sternstraße (ul. Henryka Sienkiewicza). Das war<br />
Katharina zu verdanken, denn sie hatte ihre Söhne vorsorglich evangelisch taufen<br />
lassen. Sie wurden später auch konfirmiert, obwohl Fred sich in seiner hitzigen<br />
Art mit dem Pastor geprügelt hatte. Eine Jugendweihefeier richtete Katharina für<br />
Fred dennoch heimlich an seinem 14. Geburtstag aus. Mit dem Sieg der Nazis in<br />
Breslau war für Fred und Martin die Kindheit zu Ende. Die Kreuzschule wurde<br />
später im Krieg zerstört.<br />
Diskriminierungen<br />
Fred berichtete, dass er mit seiner Falken-Gruppe und dem Gruppenleiter zur<br />
evangelischen Jugendorganisation »Ernst Moritz Arndt« wechselte. Sie versuchten<br />
noch ein Jahr ihre Falkenarbeit fortzusetzen. Es war ihre erste konspirative<br />
Arbeit ohne – wie Fred sagte – etwas von wirklicher Konspiration zu verstehen.<br />
Es war eher eine kindlich geprägte Opposition, die sich jedoch abschwächte, als<br />
Hitlerjugend- und Jungvolkführer in Breslaus Arbeitervierteln ähnlich dem Rattenfänger<br />
von Hameln unterwegs waren, um die dort spielenden Kinder zu ködern.<br />
Um richtig Fußball spielen zu können, hatten sie echte Lederbälle statt der schnell<br />
kaputtgehenden Gummibälle. Sie lockten die Heranwachsenden mit abenteuerlustigen<br />
Freizeitangeboten. Fred und Martins Straßenclique wurde immer kleiner.<br />
Die Brüder begannen ihre Mutter zu bedrängen, dort mitmachen zu dürfen. Katharina<br />
Löwenbergs Ablehnung war klar und entschieden. Mit Nazis wollte sie nichts<br />
zu tun haben und mit Uniformen auch nicht. Sie besorgte für ihre Söhne einen<br />
eigentlich für sie unerschwinglichen Lederball. Einige Freunde, die von Marschübungen<br />
und Befehlston genug hatten, kamen zurück.<br />
Die antisemitische Ideologie der Nazis erhielt mit den Nürnberger Gesetzen<br />
vom 15. September 1935 eine juristische Grundlage. Dazu gehörte das »Gesetz<br />
zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre«. Fred und Martin Löwenberg<br />
wurden als jüdische Mischlinge ersten Grades stigmatisiert. Das hatten<br />
sie nun überall anzugeben.<br />
12 Kurt Pätzold: Die Geschichte kennt kein Pardon. Erinnerungen eines deutschen Historikers, Berlin 2008, S. 17.<br />
Gespräch der Autorin mit Kurt Pätzold am 1.11.2011.<br />
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