Cornelia Domaschke / Daniela Fuchs-Frotscher / Günter Wehner
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Die Ereignisse sprechen nur scheinbar für die Ungläubigen, in Wirklichkeit sprechen<br />
sie für uns, wie ich bewiesen habe. Wenn die Antichristen uns heut von<br />
allen Seiten ankündigen, dass nach dem Kriege – der übrigens gar nicht mehr<br />
aufhören wird, bis dies alles geschehen ist – eine Revolution gegen die Pfaffen<br />
kommt, dann können wir nur sagen: Wenn euch das Beispiel Spaniens nicht genügt,<br />
dann müsst ihr die Konsequenzen ziehen!<br />
Es ist jedenfalls ein schlimmes Zeichen für den Unglauben, wenn sein Auftreten<br />
und sein Sturz bereits vor mehr als 100 Jahren angekündigt worden ist.<br />
[…]<br />
Der Angeklagte Scholl erhielt von einem katholischen Geistlichen(,) z. Zt.<br />
Schütze(n), Alois Stigler(,) der im Dorf im Quartier lag, im April 1941 je ein Stück<br />
der beiden Schriften. Gegen Stigler hat der Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof<br />
das Verfahren eingestellt, da ihm nicht mit hinreichender Sicherheit<br />
nachgewiesen werden konnte, dass er bei der Weitergabe der Schriften des<br />
Cierpke mit dem Vorsatz gehandelt hat, hochverräterische Bestrebungen zu<br />
fördern oder herabwürdigende Äußerungen gegen die nationalsozialistische<br />
Staatsführung einem weiteren Personenkreis zugänglich zu machen.<br />
Stigler hatte dem Angeklagten Scholl schon vorher von Cierpke erzählt und ihm<br />
berichtet, dass es sich um einen Menschen handle, der sehr merkwürdige Träume<br />
habe. Als er ihn sodann wieder einmal aufsuchte, brachte er ihm die beiden<br />
Schriften zum Lesen mit. Scholl hat die Schriften durchgelesen. Wie er angibt,<br />
kamen ihm bei der Lektüre derselben Bedenken darüber, dass der Inhalt der<br />
Schriften für den Verfasser gefährlich sei. Als er sodann gelegentlich nach Schebitz<br />
zu dem ihm seit Jahren befreundeten Mitangeklagten, dem Pfarrer Bänsch,<br />
fuhr, nahm er die Schriften auf die Reise mit und übergab sie diesem zur Lektüre,<br />
er erklärte dabei, er halte die Schriften für etwas sehr Sonderbares, gab auch<br />
in kurzen Worten eine Inhaltsübersicht über die Schriften. Nach den Angaben<br />
des Angeklagten Bänsch verhielt sich Scholl zu dem Inhalt der Schrift aber nicht<br />
ablehnend.<br />
Bänsch las die Schriften ebenfalls durch. Sie interessierten ihn so stark, dass er<br />
sie teilweise abschrieb, mit der Überschrift versah:<br />
»Das Schicksal der protestantischen Kirche und katholischen Religion, in<br />
Deutschland schließlich«<br />
sowie folgenden Zusatz machte:<br />
»Das sind Gedanken eines Hellsehers, die er aufgrund von 9 Gesichten von Februar<br />
1939 bis Januar 1941 entworfen hat (Blut über Ländern, Truppen marschieren,<br />
Polen, Tyroler, Russen, Deutsche.)«<br />
Er machte die Schrift auch seiner in Schebitz wohnhaften, nicht mit angeklag-