24.11.2012 Aufrufe

Cornelia Domaschke / Daniela Fuchs-Frotscher / Günter Wehner

Cornelia Domaschke / Daniela Fuchs-Frotscher / Günter Wehner

Cornelia Domaschke / Daniela Fuchs-Frotscher / Günter Wehner

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

für einen ständigen Aufenthalt. Ein Teil deklarierte eine polnische Herkunft, um<br />

die Staatsbürgerschaft zu erhalten und bleiben zu können. Einige junge Frauen<br />

heirateten Polen und blieben.<br />

1948 lebten noch 3.000 Deutsche in der Stadt. Viele von ihnen verzichteten<br />

nach der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik auf die polnische<br />

Staatsbürgerschaft und entschieden sich für die Ausreise. Schwierigkeiten mit der<br />

Ausreise hatten oftmals Deutsche, die in Einheiten der Roten Armee und in den<br />

von ihnen besetzten Betrieben beschäftigt waren. Nicht selten wurden sie im ersten<br />

Jahr nach dem Krieg wie absolut rechtlose Menschen behandelt. Sie hatten keine<br />

polnischen Dokumente und unterstanden praktisch nicht der polnischen Macht.<br />

Noch nach Jahren war dieser Umstand zu spüren. Der Autor, der im Staatsarchiv<br />

in Wroclaw gearbeitet hat, kam mit solchen Personen in Berührung, die keinerlei<br />

Dokumente besaßen, die ihre mehrjährige Arbeitszeit bestätigten. Diese Personen<br />

tauchten in keinen polnischen Verzeichnissen auf – und von den Russen wurden<br />

ihnen keine Dokumente ausgestellt.<br />

Die in Wroclaw eintreffenden Polen stammten aus verschiedenen Regionen.<br />

In der polnischen Gesellschaft hielt sich die Meinung über eine östliche, Lemberger<br />

Herkunft der gegenwärtigen Einwohner Wroclaws, weil nach Niederschlesien<br />

Transporte mit Umsiedlern vor allem aus dem südöstlichen Grenzgebiet und auch<br />

aus der Stadt Lwow kamen. Sie waren eine sehr auffällige Gruppe, mit einem<br />

charakteristischen, singenden Akzent. Sie organisierten die Universität und die<br />

Technische Hochschule, ebenso das kulturelle Leben der Stadt. Im Wesentlichen,<br />

so belegen es Forschungen, die Anfang 1948 durchgeführt wurden, hatten die sogenannten<br />

inneren Emigranten den größten Anteil an der Besiedlung der Stadt. Sie<br />

kamen aus Gebieten, die sich 1945 in den Grenzen Polens befanden. Sie stellten<br />

73,2 Prozent der Einwohner Wroclaws, die Umsiedler aus östlichen Grenzgebieten<br />

20,5 Prozent. Den Rest bildeten Autochthone, darunter Deutsche und Remigranten<br />

aus Frankreich, Belgien sowie aus Westfalen und dem Rheinland. Unter den<br />

Migranten stellten Ankömmlinge aus der Wojewodschaft Poznan die größte Gruppe,<br />

etwa 15 Prozent (aus der Warschauer Wojewodschaft kamen 14 Prozent).<br />

Die Umsiedler aus den polnischen Ostgebieten, selbst Vertriebene, konnten<br />

die Situation der Deutschen verstehen, hatten Mitleid mit ihnen, so dass ihre gegenseitigen<br />

Beziehungen nicht selten durch Sympathie geprägt wurden. Sie halfen<br />

sich gegenseitig, behinderten während der Aussiedlung beim Zusammenpacken<br />

der Habe einander nicht. Besondere Abneigung gegenüber Deutschen, vor allem<br />

in den ersten Monaten, hegten Ankömmlinge aus Großpolen 42 , die während der<br />

Okkupation viel Unrecht und Aussiedlung erleiden mussten.<br />

42 Während der Okkupation in Warthegau geändert.<br />

55

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!