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Cornelia Domaschke / Daniela Fuchs-Frotscher / Günter Wehner

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Einen ernsthaften Beitrag zur Verhinderung des Nationalsozialismus lieferte<br />

die Faschismus-Theorie der Kommunisten nicht. Vielmehr führte diese Politik<br />

schließlich zu ihrem Untergang. Wenige Monate nach der Machtübernahme Hitlers<br />

wurde die Partei verboten und Tausende ihre Mitglieder – ebenso wie viele<br />

der von ihnen bekämpften Sozialdemokraten – in die ersten Konzentrationslager<br />

des NS-Regimes gesperrt.<br />

Gerade angesichts des Versagens der Strategie der KPD ist die wesentlich<br />

differenzierter ausfallende Faschismusanalyse der oppositionellen Kommunisten<br />

bedeutsam. 59<br />

Wichtigster Theoretiker der KPO in dieser Frage war August Thalheimer. 60 Er<br />

ging davon aus, dass vor allem die Nationalsozialisten von der Wirtschaftskrise<br />

profitieren würden. Im Gegensatz zur offiziellen Linie der Komintern war er nicht<br />

der Ansicht, dass es sich bei Hitlers Nationalsozialisten um eine »Schöpfung« des<br />

reaktionären Finanzkapitals handele. Vielmehr sah er den Faschismus als eigenständige<br />

Massenbewegung an, die sich hauptsächlich aus dem Kleinbürgertum –<br />

also Selbständige, höhere Angestellte und Beamte – und den »Deklassierten aller<br />

Klassen« zusammensetzte. Das Bürgertum würde die Nationalsozialisten nur unterstützen,<br />

weil diese die radikalisierte Arbeiterklasse zerschlagen könnten: »Die<br />

soziale Herrschaft der Bourgeoisie ist in Widerspruch geraten mit ihrer politischen<br />

Herrschaft. Sie bereitet ihre politische Abdankung vor, um ihre Klassenherrschaft<br />

zu retten und zu festigen.« 61<br />

Thalheimer hielt die Sozialfaschismusthese für falsch und gefährlich. Er sah<br />

es als ein Ziel der faschistischen Bewegung an, die gesamte Arbeiterbewegung<br />

zerschlagen zu wollen. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an Italien, wo der<br />

faschistische Diktator Benito Mussolini bereits an der Macht war – und die Parteien<br />

der Arbeiterklasse verboten hatte. Die Beschwichtigungen von SPD und KPD,<br />

dass Deutschland »nicht Italien sei«, zeugten für die Mitglieder der KPO von einer<br />

maßlosen Unterschätzung der Situation. Wenn sich die Organisationen der Arbeiterklasse<br />

nicht zusammentun würden, »dann wird der deutsche Faschismus […]<br />

die italienischen Zustände bald eingeführt, ja übertroffen haben«. 62<br />

59 Einen guten Überblick gibt: Der Faschismus in Deutschland. Analysen der KPD-Opposition aus den Jahren 1928<br />

bis 1933, eingeleitet und herausgegeben von der Gruppe Arbeiterpolitik, Frankfurt a. M. 1973.<br />

60 Thalheimer formulierte in seiner Einschätzung des deutschen Faschismus sehr ähnliche Ansichten wie Trotzki.<br />

Zum Vergleich der beiden Theoretiker siehe: Udo Kuckartz: Der Aufstieg des Faschismus und die kommunistische<br />

Arbeiterbewegung in der Endphase der Weimarer Republik. Eine vergleichende Analyse der Faschismustheorien<br />

Leo Trotzkis und August Thalheimers, unveröffentl. Magisterarbeit, Aachen 1978; Sarah Kröger: Die<br />

Faschismustheorien von Leo Trotzki und August Thalheimer. Eine vergleichende Analyse, unveröffentl. Abschlussarbeit,<br />

Hamburg 2005.<br />

61 A[ugust] Th[alheimer]: Die Krise des Parlamentarismus – das Vorspiel zur Krise der bürgerlichen Herrschaft, in:<br />

Gegen den Strom, 2. Jg., Nr. 10, 09.03.1929.<br />

62 Faschistische Diktatur über Deutschland, in: Der Faschismus in Deutschland, S. 198-202, hier S. 198.<br />

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