Cornelia Domaschke / Daniela Fuchs-Frotscher / Günter Wehner
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Irmgard ließ sich von diesen Ereignissen nicht entmutigen. Trotz ihrer doppelten<br />
Gefährdung als Jüdin und Widerstandskämpferin engagierte sie sich weiter.<br />
Knotenpunkt illegaler Vernetzung 1933–1934<br />
»Aus heutiger Sicht waren unsere politischen Vorstellungen sehr vage, allerdings<br />
konsequent kontra Hitler. Wir trafen uns, diskutierten, verteilten verbotenes Material.<br />
In meiner Bibliothek war ich Anlaufstelle für den Kommunistischen Jugendverband<br />
Deutschlands in Breslau.« 32<br />
Im Jahr 1933 arbeitete Irmgard als Aushilfe in einer kleinen Buchhandlung,<br />
Am Graben 7, die mit einer Leihbücherei ausgestattet war. Beruflich wäre sie<br />
am liebsten Bibliothekarin geworden, was ihr aber durch die Nazis unmöglich<br />
gemacht wurde. Mit siebzehneinhalb verhaftete die Gestapo Irmgard zum ersten<br />
Mal. Die Festnahme erfolgte aufgrund ihrer illegalen Tätigkeit als Vermittlerin<br />
von Informationen und Kontakten für den sozialistischen und kommunistischen<br />
Widerstand. Laut Anklageschrift des Generalstaatsanwalts 33 befand sich in der<br />
Bibliothek, in der Irmgard arbeitete, die Personalanlaufadresse für auswärtige<br />
Kommunistinnen und Kommunisten. Irmgard arbeitete dort allein. Ihre Aufgabe<br />
bestand darin, den Genossinnen und Genossen der Gruppe von Willy Kalinke 34<br />
kleine Zettelchen zukommen zu lassen. Diese versteckte sie in ihrem Kleiderausschnitt.<br />
Sobald jemand zu ihr kam und nach dem Titel des Romans »Mutter Erde«<br />
von Emile Zola fragte, war für sie klar, dass es sich um Gleichgesinnte handeln<br />
musste, da die Person die vereinbarte Parole aussprach. Sie antwortete dann mit<br />
dem Satz: »Tut mir leid, das können Sie erst morgen, eine Stunde vorher bekommen«,<br />
und übergab die Nachricht. 35 »Ich hab’ hier für Genossen Willi Kalinke,<br />
[…] der hatte ‘ne große Gruppe in seiner Obhut gehabt und brachte mir jeden Tag<br />
kleine Briefchen, die hab’ ich mir immer hier ‘reingesteckt. Die Genossen kamen<br />
im Laufe des Tages, da kriegte jeder sein Briefchen. Und da waren eben auch hier<br />
… was sie zu besprechen haben und Treffpunkt usw. […]« 36<br />
Von dieser Arbeitsstelle aus unterstützten Irmgard und ihre Genossinnen und<br />
Genossen auch den Kommunistischen Jugendverband (KJVD). Im September<br />
1933 hatte sie den Auftrag bekommen, den Genossen Karl Barthel an eine Kon-<br />
32 Gabriele Voigt: Wir waren stärker als die Dunkelheit. Gespräch mit Irmgard Konrad, Häftling Nr. 23 196, in: Der<br />
Morgen, Zeitschrift, 20./21.04. 1985, S. 9.<br />
33 Bundesarchiv Dahlwitz-Hoppegarten ZC II 14, Bd. 28.<br />
34 Willy Kalinke war damals der Leiter der illegalen SAP, 1935 wurde er zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt, nach<br />
der Befreiung übernahm er den Landesvorsitz der VVN Thüringen in Erfurt.<br />
35 Bericht über die Zusammenarbeit mit Genossen Heinz und über seine Verhaftung, 0251/4/F/Abschrift, 9.1.1934,<br />
in: Kommunistische Partei Deutschlands, Zentralkomitee, Politbüro, Sign.: I 2/3/97, S. 2, Fundort: Bundesarchiv<br />
Berlin.<br />
36 Jost: Es war wie ein Wunder …, S. 6.<br />
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