Cornelia Domaschke / Daniela Fuchs-Frotscher / Günter Wehner
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<strong>Cornelia</strong> <strong>Domaschke</strong> / <strong>Daniela</strong> <strong>Fuchs</strong>-<strong>Frotscher</strong><br />
Täter und Biedermann –<br />
der Gestapokommissar Josef Kluske aus Breslau<br />
Josef Kluske war hoch zufrieden. Der 5. Senat des Obersten Spruchgerichtshofs in<br />
Hamm hatte ihn am 15. Februar 1949 nach Revision freigesprochen. Seine Zugehörigkeit<br />
zu Hitlers Geheimpolizei – der Gestapo – war kein Makel mehr, der ihm<br />
anhaftete. Seine Weste war rein und einem geruhsamen Lebensabend in Detmold/<br />
Ostwestfalen-Lippe stand nun nichts mehr im Wege. Er war jetzt wieder der ehrbare<br />
Kriminalkommissar a. D., der in seinem langen Breslauer Arbeitsleben pflichtbewusst<br />
dem Recht und der Gerechtigkeit gedient hatte. Wer sollte wissen, dass<br />
früher seine Tätigkeit gegen politische Gegner, besonders gegen Mitglieder und<br />
Sympathisanten linker Parteien und Bewegungen gerichtet war? Das waren für<br />
ihn sowieso Vaterlandsverräter, die es zu bekämpfen galt. Und das hatte er schon<br />
in der Weimarer Republik gründlich getan. Auch die Nazis wollten seine Erfahrungen<br />
nicht missen. Vom Sachbearbeiter hatte er sich zum Kriminalkommissar<br />
hochgearbeitet. Vorzuwerfen hatte er sich nichts. Er hatte ja niemanden gefoltert.<br />
Diese Arbeit hatten andere für ihn erledigt. Seine Methoden waren diffiziler –<br />
Erpressung oder einen gegen den anderen ausspielen. Das war schon mehr seine<br />
Sache. Manch einer seiner »Klienten«, wie das Mitglied der Kommunistischen<br />
Partei-Opposition (KPO) Ernst (Ernesto) Kroch oder der Sozialdemokrat Martin<br />
Löwenberg, bei denen alle seine »Verhörmethoden« versagten, konnten ihn<br />
jedoch schon mal dazu bringen, dass ihm die Hand ausrutschte. Doch diese alten<br />
Geschichten waren nun für Kluske passé. Wer sollte sich hier in Detmold an ihn<br />
erinnern? Breslau wie Schlesien überhaupt war durch alliierte Beschlüsse polnisch<br />
geworden. Ehemalige Breslauer Gefangene, die KZ und Krieg überlebt hatten,<br />
vermutete er sowieso in der sowjetischen Besatzungszone. Der bereits begonnene<br />
Kalte Krieg zwischen den einstigen Verbündeten kam ihm dabei sehr zupass.<br />
Josef Kluske war ein unscheinbarer älterer Herr, seit dem 25. Juli 1949 verwitwet<br />
und Vater von vier erwachsenen, verheirateten Kindern. Den neuen Verhältnissen<br />
hatte er sich mühelos angepasst. Auch in die katholische Kirche war<br />
er wieder eingetreten, nachdem er sie zuvor wegen eines anderen »Glaubens« für<br />
einige Jahre verlassen hatte. Josef Kluske konnte sich sicher fühlen. Doch die<br />
Vergangenheit holte ihn nochmals ein.<br />
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