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Cornelia Domaschke / Daniela Fuchs-Frotscher / Günter Wehner

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die Wohnung der Löwenbergs, verschont. Wie Martin Löwenberg stammte auch<br />

der gleichaltrige Maler Bernhard Heisig aus Breslau. Dieser hatte sich zunächst<br />

euphorisch den Nazis angeschlossen, war Kriegsfreiwilliger und Angehöriger der<br />

Waffen-SS. Traumatische Kriegserlebnisse wie Festungskampf und Verwundungen<br />

hat er in seinem späteren Leben und künstlerischen Schaffen immer wieder<br />

thematisiert. Sein Ölgemälde von 2001/03 »Tod in Breslau – zäh + tapfer« ist eine<br />

Abrechnung mit der sinnlosen Verteidigung und Zerstörung seiner Heimatstadt.<br />

Die aussichtslose Lage der Festung brachte die Naziführung auf eine Wahnsinnsidee,<br />

die 13.000 Zivilisten und Zwangsarbeitern das Leben kosten sollte. Da<br />

der Breslauer Flughafen Gandau im Westen der Stadt sich bereits in russischer<br />

Hand befand, wurde mitten in der Stadt unter schwierigsten, unmenschlichen Bedingungen<br />

ein Rollfeld angelegt. Zu diesem Zweck wurden in der Nähe der Kaiserbrücke<br />

Häuser gesprengt. Nur Gauleiter Karl Hanke soll von dort mit einem<br />

Flugzeug entkommen sein.<br />

Am 6. Mai 1945 endlich kapitulierte Breslau. Als der nunmehrige Festungskommandant<br />

General Niehoff in der Villa Colonia in der Kaiser-Friedrich-Straße<br />

(ul. Rapackiego 14) die Kapitulationsurkunde unterschrieb, waren bis zu 80 Prozent<br />

der Stadt zerstört. <strong>Günter</strong> Görlich erinnert sich an einen sehr warmen Tag und<br />

an einen starken Verwesungsgeruch, der die Stadt einhüllte. Bereits am Abend<br />

vorher brannten vor dem Rathaus Holzfeuer, daneben lagen aufgetürmt Waffen,<br />

Maschinenpistolen, Gewehre und Pistolen. »Es war eine gespenstische Szene im<br />

flackernden Schein der Feuer. Die Soldaten traten heran, lösten ihre Patronentaschen,<br />

warfen sie in hohem Bogen auf die Waffenhaufen.« 39 Für den jungen Mann<br />

folgten nach dem ruhmlosen Ende viereinhalb Jahre Kriegsgefangenschaft hinter<br />

dem Ural.<br />

Wie es mit der Stadt weitergehen sollte, darüber herrschte Unklarheit. Die<br />

Regierungs- und Staatschefs von Großbritannien, den USA und der Sowjetunion<br />

hatten sich auf ihrer Konferenz in Jalta im Februar 1945, zu einer Zeit als Breslau<br />

noch heiß umkämpft wurde, auf eine bereits in Teheran Ende November/Anfang<br />

Dezember 1943 anvisierte Westverschiebung Polens geeinigt. Der Grenzverlauf<br />

an der Oder und besonders an der Neiße war noch nicht eindeutig formuliert. Das<br />

sowjetische Protokoll der Jalta-Konferenz enthielt folgenden Hinweis: »Zur Erläuterung<br />

muss gesagt werden, dass es zwei Neißen gibt! Eine fließt weiter im Osten<br />

bei Breslau, die andere mehr im Westen.« 40 Die künftige staatliche Zugehörigkeit<br />

Breslaus war nicht eindeutig geklärt. Doch die Sowjetunion schuf in Bezug auf die<br />

Stadt vollendete Tatsachen, in dem die sowjetischen Militärbehörden am 9. Mai<br />

39 Görlich, S.23.<br />

40 Bernhard Fisch: Stalin und die Oder-Neiße-Grenze, hefte zur ddr-geschichte, Nr. 64, Berlin 2000, S. 18.<br />

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