GEWALT DROGEN EXTREMISMUS - Thillm
GEWALT DROGEN EXTREMISMUS - Thillm
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Tauchen wir also zunächst in die Vorstellungswelt eines Rechtsextremisten ein, und versuchen,<br />
den einigermaßen unscharfen Begriff „Rechtsextremismus“ anhand seiner ideologischen<br />
Wesensmerkmale etwas zu präzisieren. 4<br />
Eines vorweg: Rechtsextremismus ist kein einheitliches, ideologisch geschlossenes Denkgebäude.<br />
So gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Strömungen, Denkschulen, ideologischen<br />
Ausrichtungen und Nuancierungen. Nichtsdestotrotz weisen alle Varianten des Rechtsextremismus<br />
einige identitätsstiftende Gemeinsamkeiten auf, die so etwas wie ein „interdisziplinäres“ geistiges<br />
Waffenarsenal bilden.<br />
So ist das zentrale Element des Rechtsextremismus jeder Spielart die fundamentale Ablehnung<br />
des Gleichheitsgrundsatzes und somit der dem Grundgesetz zugrunde liegenden Vorstellung von<br />
der Gleichwertigkeit aller Menschen. Diese Grunddeterminante rechtsextremistischen Denkens<br />
resultiert zwangsläufig in fremdenfeindlichen bis hin zu offen rassistischen Auffassungen, die<br />
zusammen mit der tiefverwurzelten Überzeugung, einer abstrakt höherwertigen Nation oder<br />
Rasse anzugehören, in eine kompromisslose Abwehrhaltung gegenüber allem fremd Erscheinenden<br />
münden. Korrespondierend hierzu werden positiv bewertete Eigenschaften der eigenen<br />
Volksgruppe überbetont und pars pro toto als Beleg für die Überlegenheit über andere Völker<br />
und Kulturen herangezogen. Hergeleitet wird diese Anschauung entweder durch pseudowissenschaftliche<br />
biologisch-geneologische, anthropologische oder sozial- und kulturgeschichtliche<br />
Argumentationsketten. Hiermit verknüpft ist überdies ein latenter oder offen artikulierter<br />
Antisemitismus, der Juden als minderwertig und zudem gefährlich ansieht. Dies führt nicht selten<br />
zu abstrusen, ins Okkulte reichenden Theorien über eine angebliche „jüdische Weltverschwörung“,<br />
mit deren instrumenteller Hilfe dem Judentum alleine durch die Tatsache seiner Existenz eine<br />
quasi natürliche Schuld für „das Böse“ schlechthin zugeschrieben wird.<br />
Hinsichtlich der Staatsorganisation bevorzugen Rechtsextremisten autoritäre Staatsmodelle.<br />
Dabei reicht die Bandbreite der von ihnen angestrebten politischen Systeme vom klassischen<br />
„starken Staat“ (Etatismus) bis hin zum regelrechten nationalsozialistischen Führerstaat historischer<br />
Konvenienz. In jedem Falle aber eint sie das Bestreben, in einem künftigen Staatswesen<br />
die wesentlichen Kontrollelemente der grundgesetzlichen Ordnung wie das Recht des Volkes,<br />
die Staatsgewalt in Wahlen auszuüben oder das Recht auf Bildung und Ausübung einer politischen<br />
Opposition, drastisch beschneiden bzw. gänzlich abschaffen zu wollen. Zudem werden in<br />
einschlägigen rechtsextremistischen Gesellschaftsentwürfen die Freiheitsrechte des Individuums,<br />
also die grundgesetzlich verankerten Abwehrrechte des Bürgers gegenüber einer auf alle<br />
Lebensbereiche ausgreifenden Staatsmacht, zugunsten letzterer regelmäßig eliminiert. Diese individualrechtliche<br />
Selbstentleibung erklärt sich aus der Rechtsextremisten eigenen Überzeugung,<br />
dass „der Staat“ kein auf Wertekonsens beruhendes Organisationsmodell einer demokratisch verfassten<br />
Zivilgesellschaft, sondern ein metaphysischer Wert sui generis ist, der sich jedem Diskurs<br />
und somit letztlich auch dem gestaltenden Zugriff des Bürgers entzieht.<br />
Ein weiteres, hiermit verwandtes strukturbildendes Merkmal des rechtsextremistischen Selbstverständnisses<br />
ist ein übersteigerter Nationalismus, der die Wahrung und Stärkung der eigenen<br />
4 In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich um die genaue, trennscharfe Definition<br />
des Rechtsextremismusbegriffs eine langanhaltende Kontroverse zwischen Politikern, Wissenschaftlern,<br />
Publizisten, Funktionsträgern aus Jugend- und Sozialarbeit und den Verfassungsschutzbehörden entsponnen<br />
hat. Eine gesetzliche Festlegung des Begriffs existiert ebenso wenig wie eine allgemein anerkannte<br />
Definition in der soziologischen bzw. in der politologischen Wissenschaft. Ein Ende der Diskussion ist somit<br />
nicht absehbar. Im Ergebnis führt sie dazu, dass das demokratietheoretische Phänomen „Rechtsextremismus“<br />
im öffentlichen Diskurs auch häufig mit den Termini „Rechtsradikalismus“, „Neonazismus“ oder anderen<br />
Begriffen gleichgesetzt wird, was oftmals Wahrnehmungs- und Identifizierungsprobleme aufwirft. So ist<br />
seine Bedeutung – je nach Verwender – unterschiedlich. Für den gesetzlichen Auftrag und die Arbeit des<br />
Verfassungsschutzes ist jedoch nur der Rechtsextremismus i. S. des oben aufgeführten Merkmalkataloges<br />
relevant, da er sich gegen wesentliche Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung richtet.<br />
Vgl. Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Abteilung Verfassungsschutz: Skinheads und<br />
Rechtsextremismus – Portrait einer jugendlichen Subkultur; 4. Auflage; April 2001; S. 5<br />
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