GEWALT DROGEN EXTREMISMUS - Thillm
GEWALT DROGEN EXTREMISMUS - Thillm
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Nation nach außen zum obersten Prinzip menschlichen Handelns erhebt und andere Nationen<br />
tendenziell abwertet.<br />
Darüber hinaus definieren sich Rechtsextremisten in der Regel über einen ausgeprägten<br />
Autoritarismus, d. h. vereinfacht, die Bereitschaft sich freiwillig dem „Stärkeren“ bzw. einer<br />
nicht legitimierten Herrschaft zu unterwerfen. Das oft von ihnen beschworene Führerprinzip<br />
und die immer wieder eingeforderte Elitenauslese verstärken zudem die ihnen eigene Affinität,<br />
Schwächere beherrschen zu wollen. 5<br />
2 Die Faszination<br />
Nun, nachdem die Frage nach den typologisierenden Bestandteilen des rechtsextremistischen<br />
Ideologiecocktails beantwortet wurde, sieht man sich unweigerlich einem weiteren Problem<br />
gegenüber, dessen Aufbereitung für das Tiefenverständnis des Phänomens unerlässlich ist.<br />
Unbestritten ist, dass „Rechts-Sein“ bei vielen Jugendlichen „in“ ist, obwohl damit nicht unbedingt<br />
klare Vorstellungen oder exakt umrissene Gesinnungsmuster verbunden sind. Angesichts<br />
der offenkundigen, bewussten Amodernität rechtsextremistischer Weltanschauung und ihrer<br />
bisweilen schon bizarr anmutenden Inkompatibilität mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit<br />
unserer Zeit stellt sich jedoch zwangsläufig die Frage, was eigentlich ihr spezifisches Faszinosum<br />
insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene ausmacht, bzw. warum gerade im Bereich<br />
jugendlicher Subkultur rechte Organisationen und Strömungen auf gewisse Rekrutierungserfolge<br />
blicken.<br />
Vorausgeschickt sei, dass die Forschung nach den Gründen für das Entstehen von Extremismus<br />
nicht zum Aufgabenkatalog des Verfassungsschutz gehört. Allgemein als Ursachen ausgemacht,<br />
wenngleich im Detail heftig umstritten, werden die Probleme, die sich aus möglichen Defiziten<br />
unserer gesellschaftlichen Gesamtverfassung ergeben. Sie reflektieren naturgemäß auch in der<br />
heranwachsenden Generation. Gravierende Existenzängste, schwindendes Vertrauen in die<br />
Problemlösungskompetenz politischer und sozialer Institutionen, Verlust an tragfähigen beruflichen<br />
und persönlichen Zukunftsperspektiven, wertmoralische und ethische Orientierungslosigkeit<br />
angesichts zunehmender Beliebigkeit bislang gesellschaftlich konsensualer Verhaltenskodices<br />
sind immer wieder benannte Eckpunkte dieses Zustandes.<br />
In dem hieraus abgeleiteten sozialen Vakuum versuchen rechtsextremistische Organisationen seit<br />
langem Fuß zu fassen. Ihre Ideologie scheint aufgrund ihrer einfachen Gut/Böse-Unterteilung<br />
der Welt und der daraus abgeleiteten, klar abgefassten Positiv/Negativ-Liste an verbindlichen<br />
Verhaltensvorgaben gerade für junge Menschen Halt, Orientierung und Lebenssinn in einer entpersönlichten<br />
Wirklichkeit zu versprechen.<br />
Mit Angeboten, die unter dem Titel „nationale Jugendarbeit“ Elemente der modernen Erlebnispädagogik<br />
nutzen und sie mit rechtsextremistischer Weltanschauung anreichert, werben sie<br />
für ihre Anliegen in einer Form, die den Bedürfnissen nach einer eigenen Identität und der Suche<br />
vieler Jugendlicher nach klaren Lebensmaximen augenscheinlich entgegenkommt. Scheinbar<br />
banale Dinge wie Konzertveranstaltungen, Sportwettkämpfe (Fußball!), das gemeinsame Singen<br />
am Lagerfeuer, die Bewährung bei Abenteuerfahrten und Mutproben, die „Pflege des deutschen<br />
Brauchtums“, das soldatische Kameradschaftsideal, ein ritualisierter Männlichkeitskult, der<br />
(Existenz-)„Kampf gegen einen gemeinsamen Gegner“ und der bewusste Rückgriff auf „germanische“<br />
Mythen und Vorbilder aus vormoderner Zeit (Sonnenwendfeiern...) schaffen offenbar eine<br />
geistige Heimat für diejenigen, die – aus welchen Gründen auch immer – der bundesdeutschen<br />
Gesellschaft unserer Tage zwischen Lehrstellensuche, Musik-TV und Rentendiskussion verloren-<br />
5 Vgl. zu den vorstehenden Ausführungen summarisch ebd.; S. 5ff<br />
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