forschungsbericht 1998 - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen ...
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82 Forschungsbericht der WiSo <strong>1998</strong><br />
Charakterisierung: Die Spielmacher. Kritische Rekonstruktion eines Führungsmodells in<br />
der Automobilbranche<br />
4. Ausführlicher Bericht von einem ausgewählten Forschungsprojekt:<br />
Der Banken-Complianceansatz - Möglichkeiten und Grenzen der Förde-<br />
rung einer Regelbefolgungsmotivation bei den Mitarbeitern.<br />
Kooperationspartner: Bayerische Hypo-Bank, München; Stadt- und Kreissparkasse Erlan-<br />
gen; Stadtsparkasse Nürnberg; Sparkasse Roth-Schwabach; Spar-<br />
kassen- und Giroverband; Bayerische Landesbank; Stadtsparkasse<br />
München; Hessische Landesbank, Frankfurt; J.P. Morgan, Frankfurt<br />
Im Juni/Juli 1994 wurde vom Bundestag und Bundesrat das 2. Finanzmarktförderungsgesetz verab-<br />
schiedet. Es handelt sich um ein Verbundgesetzwerk, das neben verschiedenen börsen- und wertpa-<br />
pierrechtlichen Vorschriften vor allem ein Gesetz über den Wertpapierhandel (WpHG) beinhaltet. Aus<br />
Sicht der Kreditinstitute liegt der Schwerpunkt des WpHG bei den gesetzlichen Verbots- und Straftats-<br />
bestandsmerkmalen für Insiderhandel und den Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleistungsunter-<br />
nehmen. Im letztgenannten Abschnitt werden neben allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln<br />
für das Wertpapiergeschäft (§§ 31-32 WpHG) auch Organisationspflichten (§ 33 WpHG) normiert. Den<br />
Kreditinstituten ist ausdrücklich vorgeschrieben, angemessene interne Kontrollverfahren zu institutio-<br />
nalisieren, die geeignet sind, Gesetzesverstößen (insb. Insiderhandel) entgegenzuwirken. Die Bezie-<br />
hungen zwischen Staat und Unternehmung erhalten insoweit eine neue Qualität: beide sitzen bei der<br />
Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität "in einem Boot" und stehen sich nicht nur als mögliche "Ver-<br />
fahrensgegner" im Strafprozeß gegenüber. Zur Erfüllung der angesprochenen Verpflichtungen führten<br />
nahezu alle Kreditinstitute ein Compliance-System ein.<br />
Compliance-Systeme haben im angelsächsischen Wirtschaftsraum eine weitaus längere Tradition als<br />
dies in Deutschland der Fall ist. Jüngst veröffentlichte Forschungsberichte geben Anlaß zur Vermu-<br />
tung, daß mit Hilfe des Compliance-Systems die vom Gesetzgeber und der Praxis verfolgten Zwecke<br />
nur unzureichend realisiert werden können. Angesichts der negativen Erfahrungen mit dem Complian-<br />
ce-Ansatz z.B. bei der Firma Levi Strauss & Co, wird insb. in den USA ein alternativer Ansatz disku-<br />
tiert: die ‘Integrity-Strategy’. Während man sich bei Compliance auf die Verhinderung kriminellen Ver-<br />
haltens konzentriert, steht beim Integrity-Ansatz die Ermöglichung verantwortlichen Handelns im Vor-<br />
dergrund, ohne jedoch notwendige Kontroll- und gegebenenfalls Sanktionsmaßnahmen zu vernach-<br />
lässigen. Im Gegensatz zum Compliance-Ansatz, der von einem isolierten Akteur ausgeht, dessen<br />
Verhalten durch die Ankündigung und Gewährung von Belohnungen und Strafen (extrinsische Motiva-<br />
tion) zu steuern ist, sieht der Integrity-Ansatz den Menschen als soziales Wesen, das auch aus einer<br />
intrinsischen Motivation heraus handelt und Werte und Normen befolgt.<br />
Vor diesem Hintergrund hat die Analyse der Möglichkeiten und Grenzen des Compliance-Ansatzes<br />
(im Wertpapierbereich, aber auch im Hinblick auf die Übertragbarkeit auf andere Geschäftsfelder)<br />
hohe praktische Relevanz. Aufgrund fehlender Erfahrungsberichte aus der deutschen Kreditwirtschaft<br />
waren bisher jedoch keine Aussagen über die Geeignetheit dieses Ansatzes möglich. Empirische<br />
Erhebungen in verschiedenen Instituten sollen hier Abhilfe schaffen.