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Sicherheit und Katastrophenschutz für Museen, Archive

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insbesondere von Baudenkmälern. Alle Landesbauordnungen sehen an<br />

irgendeiner offenen oder versteckten Stelle <strong>für</strong> diese Fälle Erleichterungen<br />

vor, damit nicht aus dem Altbau ein Neubau gemacht werden muss. Auch<br />

hier brauchen also nicht alle heutigen Bauvorschriften eingehalten werden;<br />

es darf aber selbstverständlich kein neuer Gefahrenzustand eingebaut werden<br />

<strong>und</strong> bestehende Gefahrenzustände sind zu beseitigen. Zusammenfassend<br />

kann also gesagt werden, dass bei Umbauten bestandsgeschützter Altbauten<br />

der <strong>Sicherheit</strong>sstandard eines Neubaus nicht erreicht werden braucht, aber<br />

doch eine deutliche Verbesserung des bestehenden <strong>Sicherheit</strong>sstandards<br />

erreicht werden soll.<br />

Wenn Sie nun fragen, wie denn all diese Theorie in der Praxis wirkungsvoll<br />

umgesetzt werden kann, so ist ein Vorgehen in vier Schritten zu empfehlen:<br />

1) Ermittlung der Vorschriften, die nicht eingehalten werden können oder<br />

sollen,<br />

2) Ermittlung des Ziels dieser Vorschriften,<br />

3) Nachweis einer angemessenen Ersatzlösung, die den <strong>Sicherheit</strong>szielen<br />

gerecht wird,<br />

4) Falls erforderlich, Zusammenfassung dieser Überlegungen in einem<br />

Abweichungs- bzw. Befreiungsantrag je nach den Verfahrensvorschriften<br />

der jeweiligen Landesbauordnung.<br />

Damit sind bei sachgerechter Anwendung selbst im Bereich des öffentlichen<br />

Baurechts unkonventionelle <strong>und</strong> denkmalgerechte Lösungen möglich.<br />

Es kommt nur noch darauf an, Sinn <strong>und</strong> Ziel der Vorschriften zu erfüllen;<br />

wie dies erfolgt, bleibt der Bauherrschaft <strong>und</strong> ihrem Entwurfsverfasser<br />

überlassen. Unreflektiertes Klammern an Einzelvorschriften ist nicht mehr<br />

erwünscht.<br />

Die Politik wünscht <strong>und</strong> fördert dieses Vorgehen, weil dadurch Bürokratismus<br />

verhindert <strong>und</strong> Eigenverantwortung gestärkt werden. Denn durch Bürokratismus<br />

kann <strong>Sicherheit</strong> nicht erreicht werden. Leider wird durch diese<br />

Systematik aber die Praxis des Bauordnungsrechts abhängig von Fachk<strong>und</strong>e<br />

<strong>und</strong> Entscheidungsfreudigkeit der einzelnen Sachbearbeiter, was im konkreten<br />

Einzelfall nicht immer sachgerechte Lösungen garantiert.<br />

Dieses Dilemma können nur fachk<strong>und</strong>ige Bauherrschaften lösen, die in<br />

Kenntnis der rechtlichen Spielräume auf angemessenen Lösungen bestehen,<br />

die sowohl den <strong>Sicherheit</strong>sanforderungen der Menschen wie den zusätzlichen<br />

Anforderungen an die Erhaltung der Kulturgüter gerecht werden. Der<br />

Verlass auf Behördenvertreter <strong>und</strong> Sachverständige, die aus dem Bereich<br />

bauliche Gefahrenabwehr stammen, führt mitunter zu unbefriedigenden<br />

<strong>und</strong> <strong>für</strong> den Kulturgüterschutz unzureichenden Lösungen.<br />

Welche Maßnahmen <strong>Museen</strong>, <strong>Archive</strong> <strong>und</strong> Bibliotheken über den „Menschenschutz“<br />

hinaus nun zum Schutz ihrer Kulturgüter <strong>für</strong> zweckmäßig <strong>und</strong><br />

angemessen erachten, müssen sie allein entscheiden. Vorschriften gibt es nur<br />

zum Schutz von Menschen, aber selbst diese bieten keinen 100%-igen Schutz<br />

<strong>und</strong> sind nur selten zusätzlich <strong>für</strong> den Schutz von Kulturgütern geeignet.<br />

Keinesfalls entlasten sie die Museumsverwaltungen von ihrer Verantwortung.<br />

Allein die Museumsverwaltungen können den Anforderungskatalog <strong>für</strong> die<br />

vielfältigen <strong>Sicherheit</strong>smaßnahmen aufstellen, zu denen auch der Brandschutz<br />

gehört. Erst <strong>für</strong> die Planung, Umsetzung <strong>und</strong> Ausführung der Maßnahmen<br />

sollten Fachleute hinzugezogen werden. Zu bedenken ist dabei, dass<br />

nicht jeder Mitarbeiter von Bauaufsicht oder Feuerwehr, der zur Rettung von<br />

Menschen <strong>und</strong> dem Löschen von Bränden ausgebildet ist, auch automatisch<br />

den besonderen Anforderungen der Brandverhütung in <strong>Museen</strong>, Bibliotheken<br />

<strong>und</strong> <strong>Archive</strong>n gerecht werden kann. Denn die üblichen Patentrezepte<br />

<strong>und</strong> Regelwerke zur Menschenrettung genügen in diesen Fällen nicht.<br />

1 Bei der Entwicklung von <strong>Sicherheit</strong>skonzepten darf nicht nur aufmerksames <strong>und</strong> verständiges Verhal-<br />

ten der Besucher vorausgesetzt werden; auch die Folgen unabsichtlichen Fehlverhaltens müssen kalku-<br />

liert werden. Unfälle durch Rückwärtsgehen beim Fotografieren passieren häufig <strong>und</strong> können nicht<br />

immer nur den Betroffenen angelastet werden.<br />

2 Wenn allein aus ästhetischen <strong>und</strong> denkmalpflegerischen Gründen an der Walhalla bei Regensburg auf<br />

Geländer völlig verzichtet wird <strong>und</strong> stattdessen seit 1962 drei Tote <strong>und</strong> 24 Schwerverletzte hingenom-<br />

men werden, so ist die Diskussion gerechtfertigt, ob die Kunst zum Risiko werden darf.<br />

3 Schilder sind nie eine Lösung <strong>für</strong> <strong>Sicherheit</strong>sprobleme, schon gar nicht <strong>für</strong> Besucher, die nicht lesen<br />

können.<br />

4 <strong>Sicherheit</strong>seinrichtungen müssen zwar immer im Eingangsbereich angebracht werden; aber deshalb<br />

sollte der Bauherr in jedem Einzelfall besonders kritisch hinterfragen, ob wirklich alle notwendig sind<br />

<strong>und</strong> ob sie so ungestaltet sein müssen.<br />

Feuerwehrtableau [4]<br />

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