ennpunkt ° InvestmentbankingEU-Ermittlungen gegen die Phalanxder internationalen HochfinanzWieder einmal stehen die internationalen Großbanken im Verdacht gesetzwidriger Machenschaften. Seit 2011wird parallel in den USA und Europa ermittelt. Es geht um die Machtstellung im 30-Billionen-Dollar-Marktfür Credit Default Swaps und die Verschleierung wichtiger Faktoren, die auch zur Finanzkrise geführt haben.Wolfgang FreislebenEinmal mehr wird gegen die internationalenGroßbanken ermittelt. Diesmalgeht es aber nicht um die Manipulationendes LIBOR oder von Strombörsen in denUSA. Es ermitteln auch nicht Gerichte. Aktivsind vielmehr die Wettbewerbshüter derEuropäischen Union. In einer regelrechtenVerschwörung sollen die Banken gemeinsammit den entscheidenden Handels- undAnalyse-Plattformen anderen Unternehmenden Zugang zum Markt der Credit DefaultSwaps (CDS) verwehrt haben. Zu denOpfern sollen die Deutsche Börse in Frankfurtund die US-Börse Chicago MercantileExchange (CME) gehören, die auf demMarkt selbst tätig werden wollten.Die Ermittlungen laufen parallel zuähnlichen Untersuchungen in den USA bereitsseit 2011. Jetzt hat die EU-KommissionBriefe mit den Vorwürfen an die Banken geschicktund nennt auch die Namen: Bank ofAmerica Merrill Lynch, Barclays, BNP Paribas,Citigroup, Credit Suisse, GoldmanSachs, HSBC, JP Morgan Chase und derenTochter Bear Stearns, Morgan Stanley, RoyalBank of Scotland, UBS und DeutscheBank. Einige dieser Banken stehen auch imMittelpunkt der Ermittlungen zum LIBOR-Zinsskandal. Den Instituten <strong>drohen</strong> Geldbußenbis zu zehn Prozent des Jahresumsatzeswegen verbotener Absprachen beiBörsenwetten.Erhebungen auch gegen ISDAund MarkitNeben den Banken sollen auch der internationaleSwap- und Derivate-VerbandISDA sowie der Finanzdaten-Anbieter Markitgenauer untersucht werden. Es gebe Hinweisedarauf, dass es verbotene Absprachenund den Missbrauch einer marktbeherrschendenStellung im billionenschwerenHandel mit CDS gegeben habe, verlauteteseitens der EU. Von den betroffenen Marktteilnehmernwerden nun weitere Informationenvelangt.Die Verdächtigungen erstrecken sichüber den Zeitraum zwischen 2006 und 2009– also auch den Höhepunkt der Finanzkrise.Die Finanzinstrumente CDS haben dieAusbreitung der Finanzkrise nach dem Zusammenbruchvon Lehman Brothers 2008beschleunigt: Die Banken konnten über dieAusgabe von CDS enorme Risiken in dieBücher nehmen, ohne von den Behördenkontrolliert zu werden. Als es darauf ankamzeigte sich, dass die CDS von den Emittentenwie der weltgrößten VersicherungAIG gar nicht eingelöst werden konnten.EU wirft den Banken illegaleAbsprachen vorDie EU wirft den Banken nun vor, sichillegal abgesprochen zu haben, um die DeutscheBörse und die Chicago Mercantile Exchangeaus dem Markt fernzuhalten undselbst möglichst viel Geld zu verdienen.Dies wäre laut EU-WettbewerbskommissarJoaquin Almunia ein inakzeptables Verhalten.„Der außerbörsliche Handel ist für dieInvestoren nicht nur teurer als der Handelüber die Börse. Er ist auch anfällig für systemischeRisiken.“Teil des Kartellverdachts ist nicht nurdie Absprache der Preise von Derivatenzum alleinigen Vorteil der Verdächtigten,sondern auch die Mittäterschaft dabei, dengesamten Markt zu verschleiern, um vonden tatsächlichen Risiken als Gegenparteivon Derivaten, der Kumulation von Risikenund der im Finanzsystem vorhandenen finanziellenHebelwirkungen abzulenken.Allein beim CDS-Markt geht es immerhinum ein weltweites Volumen von rund 30Billionen US-Dollar jährlich allein im Overthe Counter-Handel (OTC) außerhalb derBörsen. Daran lässt sich ermessen, umwelch gigantisches Geschäftsvolumen esdabei geht.Hinter dem Schleier: Wo sichdie Elite trifftDie gleichfalls involvierte ISDA, dieHandels- und Lobbying-Gruppe für Benutzervon Derivaten im OTC-Handel, ist alswichtiger Partner in das Verfahren involviert.Der Webseite zufolge hat sie 840 Mitglieder,darunter 196 „primäre Mitglieder“- alle in das Verfahren verwickelte Großbankenund die meisten Banken, die mit Derivatenhandeln. Als assoziierte Mitgliederscheinen nicht nur Banken und Unternehmenauf, sondern auch einige der mächtigstenAnwaltskanzleien rund um den Globus.Markit ist seiner Webseite zufolge eineprivate Gesellschaft mit Sitz in London. DieGesellschaft gehört Angestellten, privatenInvestoren, Beteiligungsgesellschaften undzahlreichem weiteren Finanzinstitutionen.Die Gesellschaft steht in Konkurrenz zuBloomberg und Thomson Reuters undplant, mit einem Börsengang eine MilliardeDollar zu erlösen, wovon ein Teil natürlich20 ° <strong>GELD</strong>-MAGAZIN – Juli 2013
Investmentbanking ° brennpunktden bisherigen Kerngesellschaftern zugutekommen würde.Reuters zitierte am 25. Juni ein Quelle,der zufolge im vierten Quartal eine Einigungmit der Registrierungsbehörde unterschriebenwerden könnte, auch wenn derzeitdas Timing noch nicht fixiert ist undvon den Marktgegebenheiten abhängt. Dabeiwird als Hauptkoordinator für den DealGoldman Sachs genannt. Zugleich wird daraufhingewiesen, dass die anderen großenTeilhaber wie JP Morgan Chase und Bank ofAmerica Merrill Lynch gleichfalls im Lead-Syndikat vertreten sein wollen. Markit wirdgroßteils von jenen Großbanken beherrscht,die auch Primär-Mitglieder bei ISDA sind.Sie sind allesamt in das EU-Kartellverfahrenverwickelt und müssen mit Milliarden-Strafen rechnen.Zusätzlich zu den aktuellen Troublesmüsste Markit bei dem Börsengang auchenthüllen, dass im Juli 2009 die Kartell-Abteilungdes US-Justizministeriums Mitteilungenan die Eigentümerbanken von Markitgesandt hat, um herauszufinden, ob siegesetzwidrigen Zugang zu Preisinformationengehabt hätten. Am 14. Juli 2009 verlautetedie New York Times bereits, dass genaueUntersuchungen gegen Markit undderen Eigentümer bereits überfällig wären,da diese über viele Jahre Insider-Informationenüber Marktpreise erhalten hätten. Dasses dennoch zu keiner Untersuchung kam,sei ein ausgemachter Skandal gewesen,schrieb Bloomberg News. Und dabei bliebes bis heute.Jetzt werden einmal mehr jene Großbanken,die für die Finanzkrise verantwortlichsind, zur Rechenschaft gezogen. Dassind die schlechten Nachrichten für sie. Dieguten Nachrichten für sie sind, dass sieimmer noch die Finanzmacht haben, umlocker jegliche Geldstrafen zu bezahlen,und dass niemand von der kriminellen Unternehmens-Spitzeje im Gefängnis landet.Performance Reporting und AnalyseQualitative und Quantitative RatingsCustomized FactsheetsFonds- und AktienresearchIhre unabhängige Informationsquellefür kundenorientierte Lösungen.DatenfeedsWeblösungen und PortaleBeratungstoolsMit über 25 Jahren Erfahrung ist Morningstareine weltweit führende Quelle für transparenteund aussagekräftige Informationen über Aktien,Investmentfonds, ETFs und viele weitereAnlageprodukte.MorningstarUnsere Dienstleistungen und Produkte werdenvon mehr als 6 Mio Investoren, 280.000 Beraterund 3.500 Institutionen genutzt und geschätzt.Weitere Informationen finden Sie aufhttp://corporate.morningstar.com/atMorningstar Deutschland GmbHRepräsentanz ÖsterreichFischhof 3/6A-1010 WienTel. +43 (1) 740 40 3585info.at@morningstar.com©2010 Morningstar Deutschland GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Der Name und das Logo von Morningstar sind eingetragene Warenzeichen. Warenzeichen, die in Verbindung mit den Morningstar Produkten oder Dienstleistungen verwendet werden,sind Eigentum von Morningstar oder einem Tochterunternehmen von Morningstar.Juli 2013 – <strong>GELD</strong>-MAGAZIN ° 21