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Vereinslokal<br />
Mit der Herausbildung des Vereinswesens im 19. Jahrhundert entstand die Institution<br />
des Vereinslokals. Darunter verstand man eine Gaststätte, in der ein Verein regelmäßig<br />
seine Sitzungen, Versammlungen und geselligen Veranstaltungen abhielt. Zumeist war<br />
der jeweilige Wirt auch selbst Mitglied der Vereine, die bei ihm regelmäßig zu Gast waren.<br />
Von Gesangvereinen wurden in einem solchen Vereinslokal neben Versammlungen und<br />
Sitzungen auch die wöchentlichen Singstunden abgehalten. Zu diesem Zweck befanden<br />
sich hier auch das vereinseigene Klavier sowie ein Schrank, in dem Pokale und Noten<br />
aufbewahrt wurden.<br />
Als der <strong>MGV</strong> am Abend des 5. Mai 1896 gegründet wurde, da geschah dies noch in<br />
keinem Lokal, sondern im Gebäude der Fabrikschule im Posthornweg. Als Probenlokal<br />
fungierte in den <strong>Jahre</strong>n danach der „Goldene Hirsch“, der sich in der Neuhofer Straße/<br />
Ecke Karlsruher Straße befunden haben soll. Hier fanden im <strong>Jahre</strong> 1904 auch die zentralen<br />
Veranstaltungen im Rahmen der Fahnenweihe statt, also das Festbankett am ersten<br />
Abend und das Festmahl am darauf folgenden Sonntag. Allerdings scheint der Verein für<br />
Sitzungen nicht auf den „Hirsch“ festgelegt gewesen zu sein. Der Festausschuss, der<br />
diese Fahnenweihe vorbereitete, kam zu seinen monatlichen Treffen in ihrem Vorfeld<br />
laut Vereinsarchiv abwechselnd im „Pfälzer Hof“ von August Maier, dem „Freischütz“<br />
von Johann Seitz, dem (damals:) „Neuen Relaishaus“ von Philipp Roßrucker oder dem<br />
„Ratstübl“ von Karl Fritzinger zusammen.<br />
Seit 1922 probte der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau im Gasthaus „Zum Rheinauhafen“ in der<br />
Stengelhofstraße/Ecke Karlsruher Straße, das auf der Rheinau nach seinem damaligen Besitzer<br />
einfach nur „Flörsch“ genannt wurde, auch als es längst einen neuen Besitzer hatte.<br />
Zum <strong>Jahre</strong>swechsel 1993/94 stand der Verein in Bezug auf sein Probenlokal plötzlich<br />
vor einer ungeahnten Herausforderung: Sein Vereinslokal „Zum Rheinauhafen“, dem<br />
der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau seit 1922 die Treue gehalten hatte, mussten sie verlassen.<br />
Der neue Besitzer Claudio Mucciolo, ein Verwandter des in Rheinau aufgewachsenen<br />
Bundesliga-Fußballstars Maurizio Gaudino, hatte die Gaststätte im November 1993 zu<br />
einem italienischen Ristorante umgebaut; ein Nebenzimmer sollte es fortan nicht mehr<br />
geben, sämtliche Räume vielmehr ständig eingedeckt sein; für Klavier sowie Pokal- und<br />
Notenschränke, so beschied der neue Wirt die Sänger am 14. Januar 1994, war fortan kein<br />
Platz mehr. Doch wo sollen wir hin?, fragte sich die Sängerfamilie verzweifelt in der mit<br />
75 Anwesenden außergewöhnlich gut besuchten <strong>Jahre</strong>shauptversammlung am 15. Januar<br />
1994.<br />
Dank der jahrzehntelangen Freundschaft des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau mit dem Sportverein<br />
TSG – der Vorsitzende der TSG, Peter Klug, war aktiver Sänger im <strong>MGV</strong> – kamen die<br />
Sänger dort unter. Ja, die TSG stimmte in ihrer Mitgliederversammlung am 11. März 1994<br />
sogar zu, einen Raum ihres Vereinshauses umzubauen und per vertraglich vereinbarten<br />
Dauernutzungsrecht dem <strong>MGV</strong> 1896 zu übergeben – „eine Ehe von Kultur und Sport“,<br />
wie <strong>MGV</strong>-Chef Dieter Schmidt bei der Einweihung formulierte, mit der die Rheinauer in<br />
Mannheim Neuland betraten.