Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
63<br />
Der Frauenchor<br />
Mehr als das „Kuchenback-Geschwader“ des Vereins<br />
Im Jubiläumsjahr 2016 zählt der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau in seinen Reihen 34 Frauen, das sind<br />
40% seiner 87 Mitglieder. Der 1985 gegründete Frauenchor ist mit zwölf Aktiven kontinuierlich<br />
größer als der Männerchor mit seinen zehn Sängern.<br />
Doch die aktuelle Bedeutung der Frauen sowie ihre Leistungen im Verlauf der <strong>120</strong> <strong>Jahre</strong><br />
währenden Vereinsgeschichte sind weit höher zu bewerten als in diesen aktuellen Zahlen<br />
zum Ausdruck kommt. Ohne das Engagement der Frauen im Verein wäre die Geschichte<br />
des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau nicht so erfolgreich verlaufen wie sie ist; und dies nicht<br />
nur deshalb, weil die Männer im Verein niemals so aktiv hätten sein können, wenn ihnen<br />
ihre Frauen nicht „den Rücken frei gehalten“ und sie unterstützt hätten; die Frauen des<br />
<strong>MGV</strong> 1896 Rheinau haben vielmehr auch selbst Spuren in der Vereinsgeschichte hinterlassen<br />
– sowohl hinter den Kulissen als auch in wichtigen Funktionen, in den letzten <strong>Jahre</strong>n<br />
sogar mit eigenem Chor.<br />
Männerwelt Gesangverein<br />
Als der Verein im <strong>Jahre</strong> 1896 aus der Taufe gehoben wurde, da waren lediglich Gründer-<br />
„Väter“ mit von der Partie. Sänger zu sein, das bedeutete damals eben nicht nur zu singen,<br />
sondern auch Kameradschaft, männliche Geselligkeit, zu erleben; der Verein führte<br />
diesen Geist sogar in seinem Namen und nannte sich daher bewusst Männergesangverein.<br />
Frauen sollten im Gesangverein, so sehr man die eigene Familie auch lieben<br />
mochte, nichts zu suchen haben. Ihre gesangliche Betätigung wurde denn auch in die<br />
Kirchenchöre abgedrängt, die schon frühzeitig gemischt auftraten. Auch die Vorstände<br />
waren dem entsprechend ausschließlich männlich besetzt und damit ein Spiegelbild der<br />
patriarchalischen Gesellschaftsstruktur jener Zeit. Und dies blieb auch noch viele Jahrzehnte<br />
lang so der Fall.<br />
Frauen dienten lediglich als schmückendes Beiwerk der Veranstaltungen, bestaunte<br />
Dekoration oder gar Attraktion. Mina Rothacker, die Tochter des Vereinsgründers Philipp<br />
Rothacker, fungierte bei der Fahnenweihe 1904 als Fahnenbraut. Auguste Scherer aus<br />
dem „Stall“ des Saalbaus Scherer und Anna Strauß aus einer Spengler-Familie, zwei<br />
Töchter alter Rheinauer Familien also, bildeten ihre Prinzessinnen. Auch das Foto von<br />
40. Stiftungsfest 1936 zeigt auf der Bühne des „Badischen Hofes“ neben den Gründungsmitgliedern<br />
und Honoratioren des Vereins eine Festkönigin vor dem Bild des sogenannten<br />
Führers.<br />
An dieser Grundkonstellation änderte sich auch bei Wiedergründung des Vereins nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg zunächst nichts. Diejenigen, die den Verein 1945 von Neuem<br />
aus der Taufe hoben, waren ebenso ausschließlich Männer wie die Mitglieder der Vor-