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Fahne<br />
In kaum einem Bereich des Vereinslebens lässt sich sein grundlegender Wandel so prägnant<br />
ablesen wie bei der Vereinsfahne und ihrer Bedeutung für die einzelnen Mitglieder.<br />
Einstmals geradezu heiliges Symbol der Vereinsgemeinschaft, ist sie nach <strong>120</strong> <strong>Jahre</strong>n lediglich<br />
zum werbewirksamen Gestaltungselement des Vereinslogos mutiert.<br />
Entstehung des Fahnenbrauches<br />
Die Tradition der Fahne stammt ursprünglich aus dem militärischen Bereich; Fahnen<br />
waren notwendig, um in den Wirren eines Gefechtes die eigenen von den feindlichen<br />
Truppen zu unterscheiden und versehentlichen Beschuss der eigenen Kräfte, neudeutsch<br />
als „Friendly Fire“ bezeichnet, zu vermeiden.<br />
Aus den auf dem gesamten Kontinent bekannten Standarten der römischen Legionen<br />
entwickelten die entstehenden mitteleuropäischen Fürstentümer des frühen Mittelalters<br />
quadratische Stoff-Fahnen als Erkennungszeichen der eigenen Gemeinschaft, denen im<br />
Laufe der Zeit eine immer größere emotionale Bedeutung zukam. Besonders im Zeitalter<br />
der Romantik und des Deutschen Kaiserreiches erfuhr die Fahne eine fast heilige Verehrung.<br />
Das in jener Zeit entstehende Vereinswesen vor allem der Turner und der Sänger übernahm<br />
den Brauch der Fahne mit all seiner emotionalen Bedeutung. Auch der <strong>MGV</strong> 1896<br />
Rheinau legte sich natürlich eine eigene Fahne zu, allerdings erst acht <strong>Jahre</strong> nach seiner<br />
Gründung.<br />
Die Fahnenweihe<br />
Die Weihe der Fahne nahm der Verein am 14. und 15. Mai 1904 vor. Wilhelm Engelhardt,<br />
Chef der Firma Geber & Mader und wohnhaft im Haus neben der Villa des Dr. Spinner,<br />
fungierte als Fahnenjunker, was man getrost als Frühform des Sponsoring werten kann.<br />
Mina Rothacker, die Tochter des Vereinsgründers, amtierte als Fahnenbraut – offenbar<br />
demonstrativer Dank und Anerkennung für den „Vereinsvater“. Auguste Scherer aus dem<br />
„Stall“ des Saalbaus Scherer und Anna Strauß aus einer Spengler-Familie, zwei Töchter<br />
alter Rheinauer Familien also, bildeten die Prinzessinnen.<br />
Bereits über ein Jahr vor dem Ereignis hatte der Verein einen Festausschuss gebildet,<br />
dem Philipp Rothacker als Gallionsfigur vorstand und August Geißler als Schriftführer die<br />
anfallenden Arbeiten erledigte. Einmal im Monat, so geht aus den komplett erhaltenen<br />
Unterlagen hervor, trafen sich die Organisatoren abwechselnd in einer der Rheinauer<br />
Gastwirtschaften, sei es im „Pfälzer Hof" von August Maier, dem „Freischütz“ von Johann<br />
Seitz, dem (damals:) „Neuen Relaishaus“ von Philipp Roßrucker oder dem „Ratsstübl“<br />
von Karl Fritzinger.