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Festbuch 120 Jahre MGV

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Sängerausflüge und Konzertreisen<br />

Gemeinsam unterwegs<br />

Ausflüge und Konzertreisen sind von jeher ein Kernstück der Aktivitäten eines jeden Gesangvereins,<br />

so auch des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau. Gemeinsame Unternehmungen, Erlebnisse<br />

und Feierlichkeiten gehören zu den schönsten Erinnerungen ganzer Generationen<br />

Rheinauer Sänger und ihrer Partner. Erst recht aus einer Zeit, als Verreisen auf Grund der<br />

damals noch damit verbundenen hohen Kosten für die meisten Menschen noch nicht<br />

selbstverständlich war und daher schon von daher etwas ganz Besonderes darstellte.<br />

In den ersten Jahrzehnten des Bestehens des Vereins waren die Ziele noch sehr bescheiden.<br />

Weinproben in der Pfalz und Wandern an der Bergstraße bildeten da schon<br />

die ambitionierteren Bestandteile des Reiseprogramms. Der Besuch von Sängerfesten<br />

jenseits der Stadtgrenzen in der Umgebung stellte ein abwechslungsreiches Erlebnis dar,<br />

für das auch ein kilometerlanger Fußmarsch ohne Murren in Kauf genommen wurde.<br />

Denn für Eisenbahn-Fahrkarten hatte man kein Geld, und ein Fahrrad war zu jener Zeit<br />

ein Luxus.<br />

Manch große Liebe begann bei den damals sehr beliebten Familienausflügen mit der<br />

Reichsbahn in die nähere Umgebung, bei denen man den strengen Blicken der Bewacher,<br />

die genüsslich beim Viertele Wein oder Stein Bier saßen, für kurze glückliche Augenblicke<br />

entwischen konnte, um damals schweren Sünden wie Händchenhalten oder Küssen zu<br />

frönen. Manche Sängerhochzeit kam dadurch zustande und machte den Verein im<br />

wahrsten Sinne des Wortes zu einer großen Familie.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg, in der selbst diese Vergnügungen unmöglich waren,<br />

knüpfte die nach einfachen Freuden hungernde Generation an diese alten Traditionen<br />

an. Wer die große Bedeutung der Sängerausflüge und Konzertreisen für das Bewusstsein<br />

des einzelnen Vereinsmitgliedes nachvollziehen will, der muss sich in die damalige Zeit<br />

zurückversetzen. Bei den Teilnehmern der Ausflüge der vierziger und fünfziger <strong>Jahre</strong><br />

handelte es sich um eine Generation, die ihre eigene Heimat vor allem als Trümmerlandschaft<br />

und fremde Länder höchstens als Besatzungssoldat kennengelernt hatte. Zu ausgedehntem<br />

Verreisen fehlte den meisten in der unmittelbaren Nachkriegszeit das Geld.<br />

Die Zeit des Massentourismus, die in den sechziger <strong>Jahre</strong>n mit dem Drang zum „Teutonengrill“<br />

nach Italien oder später nach Mallorca erst begann und heute nahezu jedem<br />

Durchschnittsverdiener eine Reise selbst in die Karibik ermöglicht, lag noch in weiter<br />

Ferne. Die Sängerreisen der Nachkriegszeit bildeten für viele oft die einzige Gelegenheit,<br />

zu reisen, fernab der eigenen vier Wände Unterhaltung zu genießen, und das auch noch<br />

gemeinsam mit Gleichgesinnten.

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