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Im <strong>Jahre</strong> 1946 stand eigentlich das 50. Vereinsjubiläum an. Inzwischen war Einiges erreicht<br />
worden: In seinem Jubiläumsjahr konnte der Verein 77 Eintritte verzeichnen;<br />
knapp anderthalb <strong>Jahre</strong> nach Kriegsende umfasste der <strong>MGV</strong> damit stolze 169 Mitglieder,<br />
davon 52 (!) Aktive. Doch die äußeren Umstände waren immer noch von materieller<br />
Not gekennzeichnet, so dass die Jubiläumsfeier nur bescheiden ausfallen konnte. Sie<br />
begann am ersten Tag mit der Jubilarehrung im „Badischen Hof“, bei der auch befreundete<br />
Vereine der Region sangen. Am zweiten Tag lud der Verein zu einem Festkonzert,<br />
bei dem auch der Tenor Fehringer vorn Nationaltheater auftrat. Das einzige damals<br />
noch lebende Gründungsmitglied, Philipp Rothacker, konnte schon nicht mehr selbst<br />
anwesend sein: Die Ehrenurkunde über 50jährige treue Mitgliedschaft musste ihm der<br />
Vereinsvorsitzende Paul Maron ins Altenheim nach Weinheim überbringen.<br />
Um ausreichend Aktive zu gewinnen, diskutierte man in der Vorstandssitzung vom<br />
4. November 1946 bereits einen Vorschlag, der erst vier Jahrzehnte später wieder aufgegriffen<br />
werden sollte: Vereinschef Josef Häusler, der übrigens aus dem Arbeitersängerbund<br />
stammte, in dem der emanzipatorische Anspruch der Arbeiterbewegung traditionell<br />
stark verwurzelt war, machte den Vorschlag, einen Frauenchor zu gründen. Doch<br />
sein Stellvertreter Georg Mächerlein sprach dagegen. Seine Begründung: Die Männer<br />
seien zahlenmäßig noch zu schwach; Zitat aus dem Protokoll „Der Frauenchor ist nach<br />
seiner Ansicht noch verfrüht, da der Männerchor noch nicht auf der Höhe ist, die seiner Tradition<br />
entspricht. Erst den Männerchor bauen, dann auf einem späteren Zeitpunkt den Frauenchor<br />
ins Leben rufen“ – es sollte vier Jahrzehnte dauern, bis es so weit war.<br />
Allerdings muss ungeachtet dieser Ablehnung wenig später dennoch zumindest für<br />
kurze Zeit ein Frauenchor im <strong>MGV</strong> 1896 bestanden haben. Denn im Protokoll der Generalversammlung<br />
vorn 18. Januar 1947 hieß es unter dem Punkt „<strong>Jahre</strong>srechenschaftsbericht<br />
des Vorsitzenden“ wörtlich: „Der Frauenchor zählt 30 Mitglieder“. Näheres hierzu war<br />
aber weder aus den Protokollen noch von damals bereits aktiven Mitgliedern zu erfahren.<br />
Für den eigentlichen Ärger bei dieser Generalversammlung am 18. Januar 1947, die<br />
daher von 17 bis 23.10 Uhr, also über sechs Stunden, dauerte, sorgte jedoch eine andere<br />
Formation innerhalb des Vereins: Unter Federführung des Sängers Weber hatte sich aus<br />
vier Aktiven ein Quartett gebildet, das just im Jubiläumsjahr unabhängig vom Chor öffentlich<br />
als „<strong>MGV</strong>-Quartett“ auftrat. Außerdem hatte sich Weber zur Vorbereitung der<br />
Generalversammlung heimlich mit anderen Mitgliedern getroffen. „Neid und Missgunst<br />
sind Begleiterscheinungen unserer heutigen Zeit“, schimpfte Häusler und kündigte an, aus<br />
diesem Grunde nicht mehr für den Vorsitz anzutreten. Als jedoch ausgerechnet Weber<br />
seine Kandidatur bekanntgab, warf Häusler doch noch einmal seinen Hut in den Ring:<br />
Mit der klaren Mehrheit von 47 zu 18 Stimmen wurde der alte Vorsitzende in seinem<br />
Amt klar bestätigt.<br />
Wiederaufstieg<br />
Erst allmählich normalisierte sich das Leben wieder. Zaghaft stillte die vom Krieg betrogene<br />
Generation ihren Nachholbedarf an Vergnügungen, wenn auch im Vergleich zu<br />
heute ganz bescheiden: Der gemeinsame Besuch der ersten Sängerfeste jenseits der