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Gründung und erste <strong>Jahre</strong><br />
Wie es konkret zur Gründung des Vereins kam, liegt weithin im Dunkeln. Ein Gründungsaufruf<br />
etwa in Form eines Plakats oder einer Zeitungsnotiz existiert nicht. So müssen<br />
wir davon ausgehen, dass die Aktion per Mundpropaganda am Arbeitsplatz der<br />
Gründungsmitglieder bekanntgemacht wurde.<br />
Fest steht nur: Am Abend des 5. Mai 1896 war es soweit. Im Gebäude der Fabrikschule<br />
im Posthornweg fanden sich 15 Sangesbegeisterte zur Gründung des Männergesangvereins<br />
Rheinau zusammen; die <strong>Jahre</strong>szahl ,,1896" wurde erst später Bestandteil des Namens,<br />
der Zusatz „Mannheim“ naturgemäß erst nach der Eingemeindung Rheinaus in<br />
die Quadratestadt im <strong>Jahre</strong> 1913. Im Gegensatz zu jenem Bild, das Gesangvereine heutzutage<br />
vermitteln, waren die Gründerväter damals zumeist blutjunge Männer: Das<br />
Durchschnittsalter lag bei 20 bis 25 <strong>Jahre</strong>n. Dabei handelte es sich vor allem um Facharbeiter<br />
der Braunkohle, von Stinnes und des Stahlwerks im Rheinauhafen, der übrigens<br />
zu jener Zeit gerade erweitert wurde.<br />
Initiator der Gründung – und daher 1920 zum Ehrenmitglied ernannt – war Philipp<br />
Rothacker, damals 21 <strong>Jahre</strong> alt und Kranfahrer bei der Braunkohle. Er wohnte in der Zwischenstraße<br />
11 und hatte vier Kinder, zwei Mädchen und zwei Buben; einer davon war<br />
Adolf Rothacker, der in der Rheinauer Ortsgeschichte später einmal eine bedeutende<br />
Rolle spielen sollte, als er während des Dritten Reiches die Fahne des Arbeiter-Turn- und<br />
Sportvereins vor den Nazis rettete, indem er sie in seinem Haus in der Osterstraße auf<br />
dem Pfingstberg versteckte.<br />
Rothacker wurde denn auch zum im wahrsten Sinne des Wortes ersten Vorsitzenden<br />
des Vereins gewählt. Dirigent wurde, wie in jenen <strong>Jahre</strong>n üblich, ein Lehrer namens<br />
Grattolf. Doch die Amtszeit beider endete zunächst bereits im Jahr darauf, als das erste<br />
einschneidende Ereignis der Vereinsgeschichte eintrat: die Gründung eines zweiten Gesangvereins<br />
auf der Rheinau.<br />
Rheinau zählte damals ganze 500 Einwohner. So hätte eigentlich ein einziger Gesangverein<br />
für diesen Vorort genügt. Doch trotz dieser geringen Bevölkerungszahl<br />
waren wie im gesamten Deutschen Kaiserreich auch hier die sozialen Unterschiede<br />
groß. Hinzu kamen die konfessionellen Gräben zwischen Katholiken und Protestanten.<br />
Aus solchen Gründen, die von uns heute nicht einmal ansatzweise nachvollzogen werden<br />
können, kam es schon im Gründungsjahr zu erheblichen Spannungen innerhalb<br />
des Vereins, die schließlich 1897 zur Gründung eines zweiten Gesangvereins, des „Liederkranzes“,<br />
führten. Allerdings waren unter jenen, die den Verein wechselten, nur ganze<br />
drei aktive Sänger.