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20171020-Der_Spiegel_Nachrichtenmagazin

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Nordflotte<br />

NIEDER-<br />

LANDE<br />

Brunssum<br />

BELGIEN<br />

Mons<br />

NATO-<br />

STAATEN<br />

Truppenstärke<br />

3200000<br />

Kampfpanzer<br />

9800<br />

Länder, in<br />

denen jüngst<br />

Nato-Truppen<br />

stationiert wurden<br />

Kampfflugzeuge<br />

6100<br />

GROSSBRITANNIEN<br />

Militärhauptquartiere der Nato<br />

(ein weiteres Hauptquartier<br />

befindet sich in Norfolk Virginia/USA)<br />

*ehemalige Sowjetrepubliken<br />

Hauptquartiere<br />

russischer Militärbezirke<br />

Northwood<br />

FRANKREICH<br />

SPANIEN<br />

zur Zeit des<br />

Kalten Krieges:<br />

Truppenstärke<br />

Kampfpanzer<br />

Kampfflugzeuge<br />

2400000<br />

25900<br />

1140<br />

NORWEGEN<br />

DÄNEMARK<br />

POLEN<br />

DEUTSCHLAND<br />

TSCHECHIEN<br />

Ramstein<br />

SLOWAKEI<br />

ITALIEN<br />

Russische<br />

Exklave<br />

Kaliningrad<br />

Baltische<br />

Flotte<br />

SLOWENIEN<br />

KROATIEN<br />

Neapel<br />

UNGARN<br />

MONTENEGRO<br />

ESTLAND*<br />

LETTLAND*<br />

LITAUEN*<br />

ALBANIEN<br />

RUMÄNIEN<br />

GRIECHENLAND<br />

Die Ostgrenze<br />

der Nato<br />

WEISSRUSSLAND<br />

BULGARIEN<br />

UKRAINE<br />

MOLDAU<br />

Schwarzmeerflotte<br />

Sankt Petersburg<br />

RUSSLAND<br />

Ostukraine<br />

Seit 2014 von<br />

prorussischen<br />

Separatisten<br />

besetzt<br />

Krim<br />

Im März 2014<br />

von Russland<br />

einverleibt<br />

TÜRKEI<br />

Izmir<br />

zur Zeit des<br />

Kalten Krieges<br />

(Warschauer Pakt):<br />

Truppenstärke<br />

Kampfpanzer<br />

Kampfflugzeuge<br />

2300000<br />

53100<br />

3100<br />

Moskau<br />

Rostow<br />

Kampfflugzeuge<br />

1900<br />

RUSSLAND<br />

Truppenstärke<br />

830000<br />

Kampfpanzer<br />

3000<br />

Stationierungsorte<br />

neuer<br />

russischer Divisionen<br />

Hauptquartiere<br />

russischer<br />

Militärbezirke<br />

Hauptquartiere<br />

russischer Flotten<br />

ehemalige Sowjetrepubliken<br />

Russland. Es schien an der Zeit zu sein,<br />

endlich abzurüsten und die Friedensdividende<br />

zu kassieren. Bis 2011 wurden die<br />

Kommandos um 10000 Mann auf 13 000<br />

geschrumpft. Inzwischen sind es nur noch<br />

6800 Soldaten, die in den beiden Befehlsstäben<br />

im niederländischen Brunssum und<br />

im belgischen Mons zum Dienst antreten.<br />

Die Schrumpfkommandos reichten der<br />

Allianz lange Zeit völlig aus, denn die Armeen<br />

des Bündnisses rechneten nicht<br />

mehr mit großen Landkriegen. Sie wurden<br />

massiv umgebaut, denn jetzt war „internationales<br />

Krisenmanagement“ angesagt,<br />

also kleinere Auslandseinsätze außerhalb<br />

des Bündnisgebiets. Landes- und Bündnisverteidigung<br />

schienen von gestern zu sein,<br />

ein Relikt aus den Zeiten der großen Block-<br />

Konfrontation.<br />

Die russische Annexion der Krim 2014<br />

erwischte das Bündnis kalt. Plötzlich war<br />

ein Krieg in Europa wieder denkbar und<br />

nicht mehr auszuschließen, dass die Russen<br />

das Baltikum ins Visier nehmen würden.<br />

Naturgemäß war die Sorge in den osteuropäischen<br />

Nato-Staaten am größten.<br />

Vor allem die Balten und die Polen forderten,<br />

dass die Allianz ein Zeichen setzen<br />

müsse. Und sie drängten auf die Zusicherung,<br />

dass die Nato den Partnern im Ernstfall<br />

schnell zu Hilfe eilen würde.<br />

Sie wurden gehört. Auf dem Gipfel 2014<br />

in Wales beschloss das Bündnis, Kampfeinheiten<br />

in die vier Randstaaten zu schicken,<br />

nach Polen, Litauen, Lettland und<br />

Estland. Die „Battlegroups“ mit jeweils<br />

32 DER SPIEGEL 43 / 2017<br />

etwa tausend Mann unter Führung der großen<br />

Nato-Partner USA, Deutschland,<br />

Großbritannien und Kanada sollen die<br />

Funktion eines „Stolperdrahts“ übernehmen.<br />

Die „Enhanced Forward Presence“<br />

ist zu klein, um militärisch wirklich bedeutsam<br />

zu sein, aber ein deutliches Zeichen<br />

an Russland, dass die Nato entschlossen<br />

ist, ihr Territorium auch in den ehemaligen<br />

Sowjetrepubliken des Baltikums<br />

zu verteidigen.<br />

Doch die Verlegung nach Osten zeigte<br />

auch die Schwächen der Allianz, die jetzt<br />

mit dem Umbau der Kommandostruktur<br />

teilweise behoben werden sollen. So entschlossen<br />

die Nato die Abschreckungspoli -<br />

tik wiederbelebte, so chaotisch verlief die<br />

Umsetzung. „Wir mussten feststellen, dass<br />

wir ziemlich eingerostet waren“, räumt ein<br />

Nato-General ein, „das Bewegen von Truppen<br />

hatten wir schlicht verlernt.“<br />

Die Erfahrungen, die Colonel Ellis vom<br />

2. US-Kavallerie-Regiment im Sommer an<br />

der rumänisch-bulgarischen Grenze machte,<br />

lassen sich auf das ganze Bündnis übertragen.<br />

Alle Länder und oft auch die regionalen<br />

und lokalen Behörden müssen<br />

Militärtransporte einzeln genehmigen. Einheitliche<br />

Formulare gibt es nicht, es reicht<br />

nicht, pauschal die Zahl der Fahrzeuge anzugeben,<br />

die Behörden bestehen auf den<br />

Seriennummern für jeden einzelnen Lkw<br />

oder Panzer. Willkommen im großen Papierkrieg<br />

der Nato.<br />

Will die Nato Truppen von Stuttgart<br />

über Polen nach Lettland zur Abschreckung<br />

an die Nato-Außengrenze zu Russland<br />

verlegen, muss der Transport wochenlang<br />

bürokratisch vorbereitet werden.<br />

„Selbst wenn Krieg ausbrechen sollte, bedeutet<br />

das nicht, dass die Vorschriften außer<br />

Kraft gesetzt werden“, sagt General<br />

Steven Shapiro, Cheflogistiker der US-Armee<br />

in Europa. Und Fachleute wie er wissen,<br />

dass es nicht nur die Bürokratie ist,<br />

die eine Verteidigung des Bündnisgebiets<br />

schwer machen würde.<br />

<strong>Der</strong> Nachschub muss anders organisiert<br />

werden. So entstand die Idee für zwei<br />

neue Kommandos mit insgesamt etwa<br />

2000 Mann. Ein neues maritimes Kommando<br />

soll in den USA nach dem Vorbild des<br />

Supreme Allied Command im Kalten<br />

Krieg die sichere Passage von Truppen<br />

und Material nach Europa organisieren.<br />

<strong>Der</strong> Seeweg, glauben hochrangige Nato-<br />

Militärs, könnte im Ernstfall eine Achillesferse<br />

für den Nachschub werden. In den<br />

geheimen Sitzungen zur Kommandoreform<br />

warnten Analysten, Russland bewege<br />

sich im Atlantik weitgehend unbeobachtet<br />

mit U-Booten. Angriffe auf Nato-Konvois<br />

mit Truppen seien in der derzeitigen Aufstellung<br />

kaum abzuwehren.<br />

Doch auch die Verteilung des Nachschubs<br />

in Europa ist problematisch. Das<br />

soll nun ein weiteres Kommando über -<br />

nehmen, dessen Aufgabe es wäre, die<br />

Logistik zwischen Mitteleuropa und den<br />

östlichen Mitgliedstaaten zu planen und<br />

abzusichern. Es ist davon die Rede, die Bewegungsfreiheit<br />

sicherzustellen und die

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