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20171020-Der_Spiegel_Nachrichtenmagazin

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Deutschland<br />

Gebiete westlich der Bündnisgrenze besser<br />

zu schützen. Was sich technisch anhört, ist<br />

in Wahrheit die Renaissance des Mobilisierungskonzepts<br />

des Kalten Krieges.<br />

Polen zeigt großes Interesse daran, dieses<br />

„Rear Area Operation Command“ zu<br />

führen. Warschau drängt darauf, dass in<br />

Polen möglichst viele permanente Nato-<br />

Einheiten stationiert werden. Die polnische<br />

Regierung sieht das als ein wirksames<br />

Mittel, um Russland abzuschrecken.<br />

Doch die Amerikaner und andere Verbündete<br />

haben einen anderen Standort ins<br />

Auge gefasst. Deutschland wäre schon aus<br />

geografischen Gründen ein idealer Kandidat.<br />

Schließlich wäre das Kommando eine<br />

Art Drehscheibe für Truppen, die in Bremerhaven<br />

oder anderswo in Mitteleuropa<br />

anlanden. Anfang Oktober fragten hochrangige<br />

US-Militärs informell bei ihren<br />

deutschen Kameraden nach, ob sich die<br />

Bundeswehr nicht für die neue Aufgabe<br />

bewerben wolle.<br />

Auch am Donnerstagnachmittag, beim<br />

ersten Telefonat nach der Bundestagswahl<br />

zwischen Verteidigungsministerin Ursula<br />

von der Leyen und ihrem amerikanischen<br />

Kollegen James Mattis, stand die neue<br />

Kommandostruktur mit auf dem Programm.<br />

Für Berlin ist die Führung des neuen Logistikkommandos<br />

reizvoll. Innerhalb des<br />

Bündnisses könnte Deutschland, das immer<br />

wieder zu einem stärkeren Engagement<br />

für die Allianz gedrängt wird, damit<br />

eine wichtige Aufgabe übernehmen.<br />

Innenpolitisch wäre das Projekt selbst<br />

in einer möglichen Jamaikakoalition mit<br />

den Grünen wohl unproblematisch, denn<br />

die Deutschen würden keine Kampftruppen<br />

stellen, sondern nur Stabssoldaten.<br />

Das ist die Aufgabe, die deutsche Verteidigungspolitiker<br />

traditionell am liebsten<br />

übernehmen.<br />

<strong>Der</strong> Brite Richard Shirreff beobachtet<br />

aufmerksam, dass die Nato endlich aktiv<br />

wird. <strong>Der</strong> Viersternegeneral war bis 2014<br />

stellvertretender Nato-Oberkommandierender<br />

in Europa und damit der höchstrangige<br />

europäische Nato-Soldat. Nach seinem<br />

Abschied sorgte er für Aufsehen, als<br />

er einen Thriller über einen fiktiven Krieg<br />

mit Russland veröffentlichte.<br />

Interessant ist das Buch nicht wegen seiner<br />

literarischen Qualität, sondern wegen<br />

der Botschaft: Nachdem die Allianz seit<br />

dem Ende des Kalten Krieges ferne Krisenzonen<br />

wie Afghanistan in den Blick genommen<br />

hat, müsse sie nun die russische<br />

Bedrohung wieder ernst nehmen. Sonst,<br />

so Shirreffs Befund, habe die Nato gegen<br />

eine Aggression etwa im Baltikum keine<br />

Chance. „Es ist höchste Zeit, dass Europa<br />

die Annexion der Krim als Weckruf begreift“,<br />

sagt Shirreff.<br />

Matthias Gebauer, Konstantin von Hammerstein,<br />

Peter Müller, Christoph Schult<br />

DER SPIEGEL<br />

im Gespräch mit<br />

Jonathan Meese: live<br />

Jonathan Meese<br />

Seine Gemälde, seine Auftritte polarisieren.<br />

Vor ein paar Jahren wurde dem Künstler Jonathan Meese –<br />

nach einem Podiumsgespräch mit dem SPIEGEL – sogar der<br />

Prozess gemacht. Das Verfahren ging ein in die Justizgeschichte,<br />

denn in dem Urteil, das den Künstler entlastete, wurde die<br />

Freiheit der Kunst noch weiter gestärkt. Großes Drama?<br />

Meese hat vieles überstanden, auch den Rauswurf aus Bayreuth,<br />

wo er auf dem Festspielhügel Richard Wagners „Parsifal“<br />

neu inszenieren sollte. Im Laufe der Zeit hat er sich weitgehend<br />

unabhängig gemacht, von Museen, Kuratoren, Galeristen.<br />

Wenn man mit ihm spricht, muss man auch darüber<br />

reden, ob die Kunstwelt der Gegenwart überhaupt<br />

noch für Künstler gemacht ist.<br />

Moderation: Susanne Beyer, stellvertretende<br />

SPIEGEL-Chefredakteurin, und Ulrike Knöfel,<br />

Redakteurin im SPIEGEL-Kulturressort<br />

Montag, 30. Oktober 2017, 20.00 Uhr<br />

<strong>Spiegel</strong>saal, Clärchens Ballhaus, Auguststraße 24, 10117 Berlin<br />

Karten im Vorverkauf, an der Abendkasse und unter www.spiegel-live.de.<br />

Eintritt: 15 Euro, ermäßigt 12 Euro, zzgl. Gebühren. Einlass ab 19 Uhr.<br />

Änderungen vorbehalten.<br />

Jan Bauer<br />

DER SPIEGEL 43 / 2017<br />

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