Deutschland „Souverän geht anders“ Die Linke Fraktionschefin Wagenknecht legt im Machtkampf der Führung nach: Die Partei müsse ihre Position in der Flüchtlingsfrage ändern. Einer, der schon lange dabei ist, kommentierte das jüngste Scharmützel mit dem routinierten Zynismus des erfahrenen Gremienpolitikers: „Uns wird ja gern unterstellt, wir wollten gar nicht regieren“, sagte der Genosse in kleiner Runde. „Dabei haben wir doch gerade erlebt, dass wir sehr herrschsüchtiges Personal haben.“ Keiner lachte. Denn die Frage, ob die Linke im Bund regierungstauglich und -willig ist, stellt sich seit dieser Woche gar nicht mehr. Eher die Frage, ob sie überhaupt politiktauglich ist. Die Geschichte der Linkspartei war stets eine Geschichte von Duellen: Ost gegen West, Mann gegen Frau, Realo gegen Fundi, Lafontaine gegen Bartsch, Gysi gegen Lafontaine. In dem ewigen Drama könnte die Paarung Sahra Wagenknecht gegen Katja Kipping nun in einem Grundsatzstreit um die Flüchtlingspolitik münden. Es geht um die Ausrichtung der Partei: Die Parteivorsitzende Kipping zielt auf das urbane, aufgeklärte Milieu, eine junge, weltoffene und avantgardistische Linke. Fraktionschefin Wagenknecht sieht in der Flüchtlingspolitik dagegen die Hauptursache für die Wählerwanderung von links nach rechts, gerade im Osten. „Es geht darum, sensibler mit den Ängsten von Menschen umzugehen, statt sie als ‚rassistisch‘ zu diffamieren und damit Wähler regelrecht zu vertreiben“, sagt sie. Wagenknecht will die Linke nach rechts schieben – und kündigt an, sich bei dem Reizthema weiter gegen die Parteilinie zu stellen: „Statt mit der wenig realitätstaug - lichen Forderung ‚Offene Grenzen für alle Menschen sofort‘ Ängste und Unsicherheitsgefühle zu befördern, sollten wir uns darauf konzentrieren, das Asylrecht zu verteidigen“, so Wagenknecht. „Das bedeutet nicht, dass jeder, der möchte, nach Deutschland kommen und hier bleiben kann.“ In der Frage müsse man bald zu einer neuen Linie kommen. Die Rassismusvorwürfe gegen sich wies sie als absurd zurück: „So zu argumentieren ist politisch fahrlässig, weil es echte, gefährliche Rassisten wie Björn Höcke unkenntlich macht und so verharmlost.“ Es geht um politische Strategie – und um einen Machtkampf zwischen den beiden bekanntesten Frauen der Partei. Nach dem mittelprächtigen Ergebnis bei der Bundestagswahl wollte Kipping den schon lange gehegten Plan umsetzen, ihren Einfluss auch in der Bundestagsfraktion auszudehnen: über Vertraute im Fraktionsvorstand und über mehr Stimm- und Rederechte für die Parteichefs in der parlamentarischen Vertretung der Linken. Wagenknecht wehrte diesen Angriff auf ihren Machtbereich als Fraktionsvorsitzende ab, indem sie mit Rücktritt drohte. Mit derselben Methode hatte sie bereits ver- * Sahra Wagenknecht, Dietmar Bartsch, Bernd Riexinger, Katja Kipping. Linkenpolitiker beim Fraktionstreffen in Potsdam am 17. Oktober*: Führung durch Erpressung CHRISTIAN THIEL / DER SPIEGEL hindert, dass die Parteichefs Kipping und Bernd Riexinger Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl wurden. Das Problem an dieser Methode: Sie lässt sich nicht beliebig oft wiederholen. In der Linken kursiert nun der Vorwurf „Führung durch Erpressung“. Stundenlang diskutierte die Fraktion vorigen Dienstag in Potsdam die künftige Aufstellung. Es wurde laut. „Ein peinlicher Kindergarten“ sei das Ganze, so ein Fraktionsmitglied. Ein Machtspiel, bei dem alle verlören. Und auch die Ideen, mit denen die Partei Wähler zurückgewinnen will, wirken hilflos: Mehr Hüpfburgen in den Städten oder weniger Anträge im Bundestag? Die einen wollen die Bockwurstesser im Osten nicht verprellen, die anderen zielen auf die Veganer in den Großstädten. Ein Drittel der Teilnehmer waren Neulinge im Bundestag. Sie zeigten sich besonders frustriert über den misslungenen Start. „Verzweifelt“ beschrieb einer die Stimmung. Schließlich zogen sich die drei Hauptkontrahenten gemeinsam mit Co-Fraktions - chef Dietmar Bartsch in ein Zimmer zurück, um eine Lösung zu finden. Kipping und Wagenknecht, beide in unschuldiges Weiß gekleidet, guckten sich kaum in die Augen. Demonstrativ verschränkte Wagenknecht die Arme vor der Brust. Kipping raufte sich die Haare, verwies auf die Beschlüsse der Partei. Bartsch ließ durchblicken, dass es ein Leichtes gewesen wäre, die Anträge aus der Parteiführung in der Fraktion komplett durchfallen zu lassen. Er pochte auf Kompromisse, damit jeder sein Gesicht wahren könne. Im Ergebnis durfte dann Kipping ihre Freundin Caren Lay als Fraktionsvize durchsetzen. Dafür blieben die Fraktionschefs im Kampf um die heiß begehrten Rederechte und -zeiten im Bundestag hart. Was dieser Kompromiss wert ist, zeigte sich bereits bei seiner Präsentation vor Journalisten. Weil Bernd Riexinger es wagte, als Erster zu reden, fiel Wagenknecht ihm ins Wort und übernahm: „Bernd, das ist hier die Pressekonferenz der Fraktion.“ Kipping kofferte wegen dieses Maulkorbs später zurück: „Souverän geht anders.“ In der Opposition konkurriert die Partei künftig mit AfD und SPD um Aufmerksamkeit und Ideen. Wie soll das gehen angesichts des Führungsstreits? Beginnt nun die Restlaufzeit, oder kann die Partei sich noch mal neu erfinden? Die brauchten so etwas wie eine Mediation, glaubt der Ex- Vorsitzende Klaus Ernst. Doch nun fürchten viele, dass Wagenknecht auch ihre Flüchtlingspolitik mit einer Rückzugsdrohung durchsetzen will – gegen den Widerstand von Parteichefin Kipping. Komme es so weit, sagt einer aus dem neuen Fraktionsvorstand, könnte das bedeuten: Eine von beiden muss gehen. Nicola Abé, Markus Deggerich 46 DER SPIEGEL 43 / 2017
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