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Juli/August KONTAKT <strong>2012</strong><br />
Gedanken zur Urlaubszeit<br />
Wir stehen am Anfang der Ferienzeit und ich finde,<br />
da passen ganz gut die Worte Jesu, die er zu seinen<br />
erschöpften Jüngern gesagt hat: „Kommt mit an<br />
einen einsamen Ort, wo wir allein sind und ruht ein<br />
wenig aus." Ausruhen — Zeit nehmen, Zeit haben.<br />
Noch nie waren wir Menschen so ruhelos wie gerade<br />
heute. Vor kurzem habe ich gelesen, dass die meisten<br />
Medikamente, die wir einnehmen, Beruhigungspillen<br />
sind. Das im Alltag tausendmal gehörte Wort: „Ich hab<br />
keine Zeit", ist Ausdruck unserer unruhigen, hastigen<br />
Lebensweise, die uns krank macht. Zeit nehmen<br />
— wäre ein Schlüsselwort für erholsame Feiertage,<br />
das Geheimnis eines guten Urlaubs, viel wichtiger als<br />
Urlaubsbräune und Urlaubsziel.<br />
Ausruhen<br />
enn schon der Alltag davon<br />
geprägt ist, dass wir eben<br />
wenig Zeit haben, dann soll<br />
die Urlaubszeit meine Zeit<br />
sein. Das ist nicht egoistisch,<br />
vielmehr wichtig, um zu<br />
sich zu kommen, selber sein<br />
Art als heilsame Unt<br />
in der Hektik wieder zur Ruhe.<br />
Menschsein verwirklichen<br />
zu können. Zeit haben, um<br />
über sich selber nachzudenken, Bilanz zu ziehen,<br />
Versäumtes einzugestehen und Ziele für die Zukunft<br />
genauer zu überdenken. So wie man bei einer<br />
Wanderung auch nicht Stunden für Stunden durch die<br />
Gegend marschiert, sondern immer wieder einmal<br />
eine Verschnaufpause einlegt, so muss auch das<br />
.!'...,eben solche Verschnaufpausen haben. Die Ferienzeit<br />
bietet hierzu Gelegenheit. Ausruhen ist wichtig für<br />
den Menschen! Der Mensch ist keine Maschine. Wir<br />
können nicht ununterbrochen funktionieren. Arbeit<br />
und Erholung, Spannung und Entspannung gehören<br />
untrennbar zusammen wie Einatmen und Ausatmen.<br />
Wer das vergisst und von morgens bis abends in Betrieb<br />
ist, kommt unweigerlich aus dem Gleichgewicht.<br />
Darum hat uns Gott den Sabbat. den Ruhetag, gegeben<br />
und diesen Tag — nicht die Werktage! — gesegnet. Jeder<br />
muss prüfen, wo er am besten ausruhen kann: vielleicht<br />
daheim, vielleicht auf Reisen.<br />
Ausruhen beim Herrn<br />
Ferien von Gott kann es nicht geben. Den wirklichen<br />
Frieden, die innere Harmonie, Ausgeglichenheit,<br />
Zufriedenheit und Gelassenheit - finden wir bei ihm<br />
- oder wir finden sie nirgends. Gerade die Urlaubszeit<br />
könnte Gelegenheit geben, mehr Zeit mit dem Herrn<br />
zu verbringen, Zeit, die sonst allzu knapp bemessen ist.<br />
Zum Beispiel in der Natur - in den Bergen, am Meer,<br />
unter dem nächtlichen Sternenzelt - wieder das Staunen<br />
lernen. Die Schöpfung ist doch ein einziges herrliches<br />
Lob des Schöpfers. Wie oft sehen wir das gar nicht<br />
mehr. Wie oft sind wir eingedeckt mit dem alltäglichen<br />
Kleinkram und vergessen, uns aufzurichten und zum<br />
Himmel aufzuschauen und das Große zu sehen, das uns<br />
umgibt — und vor dem unsere eigenen Sorgen plötzlich<br />
klein werden. Die Freude an der Schöpfung Gottes ist<br />
ein Grundmotiv der Bibel. „Lobe den Herren meine<br />
Seele! Herr, mein Gott, wie groß bist du!" Ja, Gott<br />
ist groß. Das Wunderwerk der Schöpfung ist gewaltig<br />
und faszinierend. Wie klein und unwichtig ist so vieles,<br />
Anselm<br />
was uns den lieben<br />
langen Tag in Atem hält.<br />
Vielleicht kann uns dies<br />
im Urlaub wieder neu<br />
bewusst werden. Und<br />
wie von selbst wird dann<br />
dieses Bewusstsein, diese<br />
Erkenntnis zum Gebet<br />
werden, zur bewussten<br />
Hinwendung zu Gott,<br />
unserem Schöpfer und<br />
Vater.<br />
Mit Gott reden<br />
Beten ist das Atemholen der Seele. Freilich, um das<br />
zu entdecken, müssen wir uns Zeit nehmen. Und<br />
zwar nicht nur eine Randzeit des Tages, eine Restzeit<br />
am frühen Morgen oder am späten Abend, wo wir<br />
müde und zerstreut sind, sondern eine gute Zeit, eine<br />
Zeit, wo wir ganz da sind. Reservieren wir uns in<br />
der Urlaubszeit gute Zeiten für Gott, für das Gebet,<br />
für das Nachdenken, für Lektüre, für einen Besuch<br />
im Gotteshaus — das wird die beste Kur für unsere<br />
Seele sein! Papst Benedikt hat vor Jahren in einem<br />
Gästebrief Folgendes geschrieben: „Mehr als früher<br />
begreifen wir, dass unser Leben einen tieferen Sinn haben<br />
muss. Ich weiß, manche von Ihnen werden sich mit dieser<br />
Erinnerung, die vielleicht in die Kindheit zurückgeht,<br />
schwertun. Aber wir finden unseren Glauben oft nicht in<br />
den großen Gedanken, die uns eher Rätsel aufgeben, auch<br />
nicht im Gang der Weltgeschichte, der uns eher zweifeln<br />
lässt. Dagegen finden wir ihn zuweilen überraschend in der<br />
Einfachheit, in Augenblicken, in denen es uns wie Schuppen<br />
von den Augen fällt und unser Innerstes zu uns spricht."<br />
Mit diesen Gedanken wünsche ich uns allen einen<br />
erholsamen Urlaub zum Atemholen für Körper, Geist<br />
und Seele.<br />
Ihr Diakon Peter