Forschungs - Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung
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Bewegungen der Umstand zu berücksichtigen, dass die Aneignung städtischer öffentlicher<br />
Räume im Alltag wie in Phasen politischer Mobilisierung häufig einen Katalysator<br />
<strong>für</strong> Partizipationsforderungen bildet(e) <strong>und</strong> zum Spiegel gesellschaftlichen<br />
Wandels wurde <strong>und</strong> wird.<br />
Die historische Forschung hat Fragen der Freiraumgestaltung bisher vorrangig als<br />
Teilproblem der Stadtentwicklung in der Urbanisierung im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert (Lenger/Tenfelde<br />
2006) verstanden. Die Geschichte der Stadtplanung gewinnt derzeit als<br />
Teil politisch-planerischer Ordnungsversuche in Urbanisierungskrisen der Industriegesellschaft<br />
verstärkt Interesse (Etzemüller 2009). In der Langzeitperspektive stehen<br />
z.B. Thesen zu neuen „Urbanisierungswellen“ spezifischer Prägung nach 1945<br />
(Wehler 2008) sowie zu zwei „traditionalen Wenden“ im Städtebau in den 1930er <strong>und</strong><br />
1970er Jahren (Bodenschatz 2005) zur Diskussion. In Deutschland bildeten sich<br />
nach 1945, aus einer konfliktreichen Vorgeschichte der städtebaulichen Moderne<br />
<strong>und</strong> der anti-urbanen Offensive des Nationalsozialismus, zwei Urbanisierungsstrategien<br />
heraus, die asymmetrisch miteinander verflochten waren (Kleßmann 2005). In<br />
der Folge der komplexen städtebaulichen Programmatiken der „gegliederten <strong>und</strong><br />
aufgelockerten Stadt“ in der B<strong>und</strong>esrepublik einerseits <strong>und</strong> der „16 Gr<strong>und</strong>sätze des<br />
Städtebaus“ der DDR von 1950 andererseits gewannen Fragen der „Entdichtung“ der<br />
Stadtstrukturen, der politischen Kontrolle über den öffentlichen Raum <strong>und</strong> der Sicherung<br />
der städtischen Lebens- <strong>und</strong> Umweltqualität eine zentrale Bedeutung.<br />
Allerdings nahm die Freiraumplanung in den beiden deutschen Staaten zunächst<br />
eine stark differierende Entwicklung: In der B<strong>und</strong>esrepublik gewann sie erst nach<br />
einer Periode relativer Bedeutungslosigkeit im Schatten z.B. des Wohnungsbaus <strong>und</strong><br />
der Verkehrsplanung in dem Maß an Bedeutung, in dem Freiräume verstärkt zu Erlebnis-<br />
<strong>und</strong> Freizeitzonen aufgewertet <strong>und</strong> teilweise zum Seismograph <strong>für</strong> Konflikte<br />
um die Beherrschung <strong>und</strong> gesellschaftliche Gestaltung öffentlicher Räume sowie <strong>für</strong><br />
die städtische Lebens- <strong>und</strong> Umweltqualität wurden. Für die DDR wird hingegen eher<br />
eine Niedergangslinie von den noch relativ ambitionierten Planungen der 1950er<br />
Jahre zu einer u.a. durch „Komplexrichtlinien“ erzeugten zunehmenden Verregelung<br />
<strong>und</strong> konzeptionellen Verarmung konstatiert. Derartige Feststellungen vermischen<br />
jedoch planungsgeschichtliche Teilbef<strong>und</strong>e mit eher sozialgeschichtlichen Entwicklungslinien<br />
<strong>und</strong> teilweise mit den dominanten allgemeinen Narrativen, wie z.B. des<br />
langfristigen unaufhaltsamen Niedergangs der DDR, des Bedeutungsschw<strong>und</strong>es von<br />
Stadtplanung <strong>und</strong> Architektur usw. Doch werden dabei z.B. deutsch-deutsche Analogien<br />
<strong>und</strong> internationale Transferprozesse sowie innere Widersprüche in beiden Systemen<br />
vernachlässigt. Auch die zentralen Fragen nach den gesellschaftlichen Nutzungen<br />
<strong>und</strong> Aneignungen der Freiräume sowie die damit verknüpften Fragen nach<br />
Herrschaft <strong>und</strong> Öffentlichkeit im öffentlichen Raum werden zumeist nicht symmetrisch<br />
vergleichend <strong>für</strong> beide Staaten untersucht.<br />
2.2 Fragestellungen<br />
Die Fragestellungen gruppieren sich um drei Problemkreise r<strong>und</strong> um die Schlüsselbegriffe<br />
Urbanisierungsstrategien, Planerpersönlichkeiten <strong>und</strong> Netzwerke <strong>und</strong> um<br />
den Komplex Herrschaft <strong>und</strong> Öffentlichkeit.<br />
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