Klassengespräch im Mathematikunterricht - KOBRA - Universität ...
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esteht ein Forschungsbedarf hinsichtlich der Redeanteile von Lehrern und Schülern <strong>im</strong><br />
Grundschulunterricht.<br />
Neben den hier aufgeführten quantitativen Analysen des Unterrichtsgesprächs wurden ab<br />
den 70er Jahren auch vermehrt qualitative Untersuchungen durchgeführt. Ein Beispiel hierfür<br />
stellt die Untersuchung der Struktur des Unterrichtsgesprächs dar, welche <strong>im</strong> folgenden Abschnitt<br />
näher erläutert wird.<br />
5.2 IRF-Sequenz<br />
Mehan (1979) liefert einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Struktur der Kommunikation<br />
<strong>im</strong> Unterricht. Seine Untersuchung „zielte auf die Begründung eines Modells der Unterrichtskommunikation<br />
[ab], das die Erzeugung und Reproduktion von Unterricht auf notwendige<br />
beziehungsweise elementare strukturierende Aktivitäten der Beteiligten zurückführt“ (Lüders,<br />
2003, S. 159). Die Datenbasis seiner Untersuchung bilden die Gesprächsprotokolle<br />
von neun Unterrichtsstunden einer ersten Klasse. Auf dieser Datengrundlage analysierte<br />
Mehan (1979) die Instruktionsphasen der Lehrer-Schüler-Interaktion und konnte eine spezielle<br />
Struktur der Kommunikation <strong>im</strong> Unterricht feststellen. Sachbezogene Gesprächseinheiten<br />
in Unterrichtsgesprächen bestehen demnach aus drei Teilen (vgl. Faust-Siehl, 1987).<br />
Diese dreiteilige Folge wird von Mehan (1979) als I-R-F-Sequenz bezeichnet.<br />
Den Anfang dieses Musters bildet die Lehrereröffnung (I = Initiation). Eröffnende Schritte<br />
können von der Lehrperson durch Auslöser, Anweisungen oder Informationen realisiert werden.<br />
Der zweite Schritt ist die Schülerreaktion (R = Reaktion). Die daran anschließende Lehrer-Rückmeldung<br />
(F = Feedback) bildet den Abschluss der Sequenz. Die Funktion des Feedbacks<br />
liegt darin, zu überprüfen, ob das Verhältnis zwischen Frage und Antwort den Erwartungen<br />
des Fragenden, in den meisten Fällen die Lehrperson, entspricht (vgl. Faust-Siehl,<br />
1987). Bei der Lehrer-Rückmeldung wird zwischen positivem und negativem Feedback unterschieden.<br />
Ein positives Feedback wird gegeben, wenn eine gewünschte Reaktion erfolgt.<br />
Die Interaktionssequenz wird mit dieser positiven Lehrer-Rückmeldung abgeschlossen. Erfolgt<br />
jedoch nicht die erwünschte Reaktion, werden vor dem abschließenden positiven Feedback<br />
noch weitere Akte eingeschoben. Hierbei gibt es verschiedene Möglichkeiten. So kann<br />
die Lehrperson den ursprünglichen Auslöser wiederholen oder vereinfachen, sich durch ein<br />
negatives Feedback ablehnend äußern, Hilfestellungen geben oder aber ein Feedback gänzlich<br />
vermeiden. Dieses Schweigen zeigt den Schülern, dass der auslösende Akt noch nicht<br />
ausreichend beantwortet ist (vgl. Faust-Siehl, 1987). Mehan (1979) weist auf die Bedeutsamkeit<br />
des Ergänzens von Akten in einer Sequenz hin:<br />
“The positive evaluation is a terminal act; it marks the final boundary of a sequence, ending<br />
one and signaling that another is to begin. Negative evaluation, prompting, and nonevaluation<br />
are continuation acts […]. Their function is to keep the interaction moving until<br />
symmetry between initiation and replay acts is established” (Mehan, 1979, S. 64-65).<br />
Erweiterte I-R-F-Sequenzen werden schließlich ebenfalls durch ein positives Feedback beendet.<br />
Das folgende Beispiel einer Unterrichtssituation soll die Abfolge von I-R-F-Sequenzen<br />
verdeutlichen. Das Beispiel stammt aus einer videographierten Unterrichtseinheit des Projekts<br />
PERLE und bezieht sich auf den <strong>Mathematikunterricht</strong> zum Thema Einführung der Multiplikation:<br />
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