Klassengespräch im Mathematikunterricht - KOBRA - Universität ...
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Einen deutlichen Mehrwert von Unterrichtsvideos für die empirische Forschung sehen Pauli<br />
und Reusser (2006). Dieser ergibt sich „einerseits aus der Wiederholbarkeit und damit Re-<br />
Analysierbarkeit und andererseits aus der Authentizität und Ganzheitlichkeit des Datenmaterials“<br />
(Pauli & Reusser, 2006, S. 787). Auch Helmke (2007) sieht eine einzigartige Chance<br />
darin,<br />
„ein- und denselben Unterricht von verschiedenen Personen zu verschiedenen Zeitpunkten<br />
und aus verschiedenen Blickwinkeln beurteilen zu lassen, z.B. aus fachwissenschaftlicher,<br />
fachdidaktischer, sozialpsychologischer oder linguistischer Sicht; oder <strong>im</strong> Hinblick<br />
auf spezifische Fragestellungen […]“ (S. 179).<br />
Die Re-Analysierbarkeit von Unterrichtsvideos macht es gleichzeitig möglich, dass bei der<br />
Videoaufnahme noch nicht entschieden sein muss, welches Raster der Unterrichtsbeurteilung<br />
später verwendet wird. Das heißt, Kategoriensysteme der Beurteilung von Unterrichtsqualität<br />
können auch erst nach der Aufnahme und mithilfe der Videos entwickelt werden (vgl.<br />
Helmke, 2007).<br />
Trotz der <strong>im</strong>mensen Vorteile der videobasierten Unterrichtsforschung weist diese auch<br />
Grenzen auf. Zunächst ist der Erhebungsaufwand enorm und die Kosten, vor allem für die<br />
technische Ausrüstung, sehr hoch. Zusätzlich handelt es sich lediglich um eine Momentaufnahme<br />
und die Perspektive der Kamera ist oftmals eingeschränkt, zum Beispiel nur auf die<br />
Lehrkraft oder einen Teil der Klasse. Auch durch die Verwendung von zwei Kameras kann<br />
dieses Problem nicht völlig behoben werden (vgl. Helmke, 2007). Somit ist es ratsam, die<br />
Sichtweisen von Lehrern und Schülern bezüglich der Unterrichtsqualität mittels Fragebogen<br />
in eine videobasierte Untersuchung mit aufzunehmen sowie externe Unterrichtsbeobachter<br />
einzusetzen, die den Unterricht hinsichtlich verschiedener Aspekte beurteilen. Auch Petko,<br />
Waldis, Pauli und Reusser (2003) plädieren für eine Kombination aus Videographie und anderen<br />
Erhebungsmethoden: „Videodaten sollten <strong>im</strong> Blick auf künftige Studien dann auch<br />
nicht als alleinige Datenquelle, sondern als wichtiges Element in Ergänzung zu anderen Datenebenen,<br />
z.B. Befragungen und Tests <strong>im</strong> Sinne eines systemischen Modells von Unterrichtsqualität,<br />
betrachtet werden“ (S. 278). Wie in Abbildung 3 ersichtlich, verfügt auch das<br />
Projekt PERLE über mehrere Datenebenen.<br />
8.3.2 Auswertung der Videodaten<br />
Die <strong>im</strong> Rahmen des Projekts PERLE videographierten Unterrichtsstunden wurden anschließend<br />
digitalisiert und mithilfe des Kodierprogramms Videograph (R<strong>im</strong>mele, 2002) transkribiert.<br />
Die Transkriptionen der Videos enthalten die Verschriftlichungen aller verbalen Äußerungen<br />
sowie kurze Erläuterungen zu nonverbalen Aktionen. Ein Ausschnitt eines Transkripts<br />
wurde bereits in Kapitel 5.2 zur Veranschaulichung theoretischer Annahmen aufgeführt.<br />
Zusätzlich wurde für jede videographierte Unterrichtseinheit eine Lektionsbeschreibung<br />
angefertigt. Diese beschreibt den Verlauf der aufgenommenen Doppelstunde.<br />
Die Auswertung von Unterrichtsvideos konzentriert sich <strong>im</strong> Allgemeinen, und somit auch <strong>im</strong><br />
Projekt PERLE, auf lernorganisatorische, allgemein-, sowie fachdidaktisch relevante Merkmale<br />
des Unterrichts (vgl. Pauli & Reusser, 2006). Dabei werden Kodiersysteme entwickelt,<br />
die sich hinsichtlich ihres Beurteilungsverfahrens unterscheiden. Während einige Merkmale<br />
auf Basis eines hoch inferenten Kodiersystems beurteilt werden, ist für die Untersuchung<br />
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