Klassengespräch im Mathematikunterricht - KOBRA - Universität ...
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weigern. Als Reaktion könnten Lehrer anfangen, diese Schüler zu meiden, ihnen desinteressiert,<br />
passiv oder sogar feindselig gegenüberzutreten. Das heißt Lehrer können unbewusst<br />
eine feindliche Haltung gegenüber leistungsschwächeren Schülern ausbilden, da sie von<br />
ihnen keine erwünschten Reaktionen erhalten. Eine reduzierte Häufigkeit von Interaktionen<br />
mit diesen Schülern <strong>im</strong> öffentlichen Unterricht ist dann die logische Konsequenz.<br />
Weiterhin fügen Brophy und Good (1976) hinzu, dass Lehrer über ein mangelndes Bewusstsein<br />
bezüglich ihres eigenen Verhaltensmusters <strong>im</strong> Klassenz<strong>im</strong>mer verfügen. Dieses fehlende<br />
Bewusstsein bezieht sich insbesondere auf qualitative Aspekte ihrer Interaktionen, aber<br />
eben auch auf den Prozentsatz der Zeit, die der Lehrer spricht oder in der er sich mit verschiedenen<br />
Schülern befasst. Die Hauptursache hierfür liegt Brophy und Good (1976) zufolge<br />
in der hektischen Geschwindigkeit von Ereignissen <strong>im</strong> Klassenz<strong>im</strong>mer. Demnach fällt es<br />
Lehrpersonen schwer in dieser Hektik die verschiedenen Interaktionen mit der Klasse und<br />
speziell mit einzelnen Schülern genau zu registrieren.<br />
Die oftmals mangelnde Kompetenz von Lehrkräften bei der Bewältigung von Misserfolgen<br />
sehen Brophy und Good (1976) als vierten Grund für die unterproportionale Beteiligung von<br />
leistungsschwächeren Schülern. Obwohl demnach viele Lehrer der Ansicht sind, dass es<br />
wichtig ist, leistungsschwache Schüler in Misserfolgssituationen zu unterstützen, arbeiten sie<br />
aber dennoch nicht mit ihnen, da sie nicht sicher sind, wie sie auf Misserfolge reagieren sollen.<br />
Dies liegt Brophy und Good (1976) zufolge vor allem daran, dass Lehrer in ihrer Ausbildung<br />
keine spezifischen und effektiven Fertigkeiten für den Umgang mit Misserfolgen erwerben.<br />
Viele Lehrer reagieren oft mit Verwirrung und Unsicherheit auf eine falsche Schülerantwort.<br />
Gleichzeitig wollen sie Schüler, die „falsche“ Antworten geben, vor der Kritik ihrer Mitschüler<br />
schützen (vgl. Good, 1970). Ihr daraus resultierendes ungutes Gefühl bringt die Lehrer<br />
auf subtile Weise schließlich dazu, eine Konfrontation mit den Schülern, die häufig <strong>im</strong><br />
Unterricht versagen, zu meiden und sie folglich seltener aufzurufen. Schüler die offensichtlich<br />
die Anforderungen vom Lehrer bewältigen können, werden somit häufiger aufgerufen<br />
(vgl. Brophy & Good, 1976).<br />
Obwohl Lehrer also eigentlich versuchen leistungsschwächere Schüler zu unterstützen, verstärken<br />
sie teilweise bewusst, aber auch oft unbewusst, die Unterschiede zwischen leistungsstärkeren<br />
und leistungsschwächeren Schülern durch ein unausgewogenes Aufrufen der<br />
verschiedenen Leistungsgruppen. Die Folgen dieses Aufrufverhaltens beschreibt Good<br />
(1970) wie folgt: “If l<strong>im</strong>ited opportunity to respond […] [is] the classroom prescription, the<br />
treatment will surely fail to help low achievers overcome their deficiencies. The treatment is<br />
more likely to sustain inadequacies and contribute to an educational demise” (S. 197). Das<br />
bedeutet, die Vernachlässigung von leistungsschwächeren Schülern <strong>im</strong> öffentlichen Unterricht<br />
durch ein vermehrtes Aufrufen der Leistungsstärkeren behindert die Unterstützung des<br />
Lernverhaltens der unteren Leistungsgruppe.<br />
Brophy und Good (1976) haben gezeigt, dass die amerikanische Forschungsliteratur Hinweise<br />
dafür liefert, dass ein Missverhältnis bezüglich des Aufrufens von Schülern verschiedener<br />
Leistungsgruppen besteht. Durch ein verstärktes Aufrufverhalten von leistungsstarken Schülern<br />
lassen Lehrpersonen sogar zu, dass sich bereits bestehende Unterschiede zwischen<br />
den Schülern <strong>im</strong> Klassenraum weiter entfalten können. Das Versäumnis der Lehrer hier einzuschreiten<br />
und leistungsschwächere Schüler zum Beispiel durch vermehrtes Aufrufen zu<br />
unterstützen, führt dazu, dass die Möglichkeiten best<strong>im</strong>mter Schüler brach liegen bleiben.<br />
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