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Klassengespräch im Mathematikunterricht - KOBRA - Universität ...

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Niveau voraus. Der hohe Prozentsatz von Gedächtnisfragen könnte jedoch insofern gerechtfertigt<br />

werden, dass derartige Fragen die Basisinformationen liefern, welche die Grundlage<br />

für höhere intellektuelle Prozesse, wie die Anwendung, Analyse, Synthese und Beurteilung,<br />

darstellen (vgl. Gage & Berliner, 1996).<br />

Man könnte erwarten, kognitiv anspruchsvollere Lehrerfragen würden ebenso zu höheren<br />

Leistungen führen. Gage und Berliner (1996) zufolge scheint dies jedoch nicht der Fall zu<br />

sein. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf eine Untersuchung von Fisher, Berliner,<br />

Filby, Marliave, Cahen et al. (1980), die hinsichtlich der unterrichtsbezogenen Lernzeit ergeben<br />

hat, dass der Prozentsatz der Zeit, die für einfache Fragen verwendet wird, eine positive<br />

Korrelation zur Leistung der Schüler aufweist. Der Prozentsatz, der auf komplexere Fragen<br />

verwendeten Zeit, korreliert währenddessen negativ mit der Schülerleistung. Somit sind einfach<br />

d<strong>im</strong>ensionierte Fragen für die Leistungsförderung von größerem Nutzen. Trotzdem sollten<br />

Fragen mit einem höheren kognitiven Niveau aus dem Klassenraum nicht verschwinden.<br />

Mit Verweis auf eine Untersuchung von Dillon (1982) halten Gage und Berliner (1996) fest,<br />

dass „Lehrer, die Fragen stellen, für deren Beantwortung der Schüler Anwendungs-, Interpretations-<br />

und Analysefähigkeiten einsetzen muss, […] öfter ein Schülerverhalten hervor[rufen],<br />

das auf einem relativ hohen Niveau angesiedelt ist“ (S. 554). Das heißt, dass sich<br />

die meisten Schülerantworten ungefähr auf dem gleichen Niveau kognitiver Komplexität ansiedeln,<br />

wie die zuvor gestellte Lehrerfrage. Fragen auf einem höheren Niveau bewirken<br />

demnach anscheinend, dass Schüler komplexere gedankliche Prozesse durchlaufen. Obwohl<br />

also die Untersuchung von Fisher et al. (1980) keine signifikant höheren Schülerleistungen<br />

bei einem vermehrten Vorkommen von kognitiv anspruchsvolleren Fragen feststellen<br />

konnte, führen sie offensichtlich zu höheren kognitiven Prozessen <strong>im</strong> Unterricht (vgl. Gage &<br />

Berliner, 1996).<br />

5.4 Frageverhalten von Schülern<br />

Fragen <strong>im</strong> Unterricht werden jedoch nicht nur von Lehrern gestellt, sondern auch von Schülern.<br />

Obwohl die empirische Forschung zur Wirksamkeit von Schülerfragen zeigt, dass das<br />

Fragenstellen seitens der Schüler eine wichtige Funktion be<strong>im</strong> Wissensaufbau hat, liegt die<br />

Anzahl von Schülerfragen jedoch deutlich unter der der Lehrerfragen. Ein wichtiger Grund<br />

hierfür liegt in der Tatsache, dass Schülerfragen stark mit Lehrerfragen um die knappe Ressource<br />

Unterrichtszeit konkurrieren. Das heißt, je mehr Fragen die Lehrperson stellt – die<br />

hohe Anzahl von Lehrerfragen wurde in Kapitel 5.3 deutlich – desto weniger Gelegenheiten<br />

bleiben den Schülern für eigene Fragen (vgl. Niegemann, 2004). Sembill und Gut-Sembill<br />

(2004) weisen außerdem auf das Störungspotenzial von Schülerfragen hin: „[…] da sie aber<br />

einem zeitlich und inhaltlich straff strukturierten Unterricht das Zeitmanagement belasten,<br />

können sie als Störung empfunden werden, die dadurch reduziert werden, dass ihnen wenig<br />

Raum zugestanden wird“ (S. 322).<br />

Niegemann (2004) fasst verschiedene Forschungsarbeiten zu Schülerfragen zusammen und<br />

kommt zu folgendem Ergebnis: „Die Häufigkeit der Schülerfragen je Unterrichtsstunde lag<br />

zwischen 1.3 und 4.0 mit einem Mittelwert (Median) von 3.0. Bei durchschnittlich etwa 27<br />

Schülern je Klasse entspricht dies 0.11 Fragen je Schüler und Unterrichtsstunde“ (S. 350).<br />

Auch Seidel (2003a) bestätigt die geringe Anzahl von Schülerfragen. So konnte sie in einer<br />

45-minütigen Unterrichtsstunde einen Anteil an Schülerfragen von 1.0 Minuten angeben.<br />

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