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Klassengespräch im Mathematikunterricht - KOBRA - Universität ...

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eine Antwort nachdenken können. Schüler brauchen demnach etwas Zeit zum Verarbeiten<br />

der mit der Frage verbundenen Informationen. Wie bereits erwähnt, zeigen verschiedene<br />

Untersuchungen, dass dies nicht ausreichend geschieht. Rowe (1974) konnte sogar feststellen,<br />

dass Lehrer dazu neigen „bei solchen Schülern, die sie für leistungsfähiger halten, länger<br />

auf eine Antwort […] [zu] warten als bei solchen Schülern, die sie für weniger fähig halten“<br />

(Gage & Berliner, 1996, S. 555). Die Wartezeit I lag bei leistungsstärkeren Schülern sogar<br />

doppelt so hoch (2 Sekunden) als bei leistungsschwächeren Schülern (0,9 Sekunden)<br />

(vgl. Rowe, 1974).<br />

Auch bei der Wartezeit II empfiehlt Rowe (1974), dass Lehrer nach einer Frage mindestens<br />

drei Sekunden warten, bis sie eine gestellte Frage wiederholen, einen anderen Schüler aufrufen<br />

oder etwas anderes sagen, denn somit könnte sich der Charakter des Unterrichtsgesprächs<br />

positiv verändern. Es wäre dann weniger eine Befragung, sondern mehr ein Gespräch.<br />

Laut Rowe (1974) würde sich eine Ausdehnung beider Wartezeiten auf durchschnittlich mehr<br />

als drei Sekunden in verschiedener Hinsicht positiv auswirken. So würden unter anderem die<br />

Länge der Antworten, die Häufigkeit von Schülerfragen sowie die Häufigkeit von Äußerungen,<br />

die Schlussfolgerungen aus Informationen darstellen, zunehmen. Gleichzeitig würde<br />

eine Ausdehnung der Wartezeit zu einer Abnahme des Ausbleibens von Antworten führen.<br />

Gage und Berliner (1996) verweisen weiterhin auf den bestehenden Zusammenhang zwischen<br />

längeren Wartezeiten und verbesserten Schülerleistungen. Sie zitieren hierbei Tobin<br />

und Capie (1982), die in einer Untersuchung von dreizehn Schulklassen feststellen konnten,<br />

dass eine durchschnittliche Wartezeit von drei Sekunden zu einer besseren Aufmerksamkeit<br />

der Schüler sowie besseren Leistungsergebnissen aller untersuchten Klassen führt. Anscheinend<br />

bleibt den Schülern durch eine ausgedehnte Wartezeit mehr Zeit, die es ihnen<br />

ermöglicht, sich intensiver mit dem Lernstoff auseinander zu setzen. Dadurch entwickeln<br />

Schüler elaboriertere Schülerbeiträge und die Anzahl von Schülermeldungen erhöht sich<br />

(vgl. Gage & Berliner, 1996).<br />

6 Schülerbeteiligung am <strong>Klassengespräch</strong><br />

Da der Schwerpunkt der <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchung auf der<br />

Schülerbeteiligung am <strong>Klassengespräch</strong> liegt, beschäftigt sich dieses Kapitel gesondert und<br />

ausführlich mit empirischen Ergebnissen zum Aufrufverhalten von Lehrpersonen.<br />

In der empirischen Unterrichtsforschung liegen verschiedene Untersuchungsergebnisse darüber<br />

vor, welche Schüler <strong>im</strong> Unterricht vermehrt aufgerufen werden. Während in einigen<br />

Studien festgestellt werden konnte, dass die Lehrperson öfter leistungsschwächere Schüler<br />

aufruft (vgl. Dahllöf, 1971; Lundgren, 1972), deuten die Ergebnisse anderer Studien klar auf<br />

ein vermehrtes Aufrufen von leistungsstärkeren Schülern hin (vgl. Brophy & Good, 1976;<br />

Lipowsky, Rakoczy, Pauli, Reusser & Klieme, 2007). Dieses Kapitel legt nun die wichtigsten<br />

Untersuchungsergebnisse zum Aufrufverhalten von Lehrpersonen dar.<br />

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