FreeLounge, Ausgabe 4/2010 - Freizeit und Spiel
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14 | Top Thema<br />
Freiraum für Jugendliche!<br />
Von der Beteiligung zum Selbermachen<br />
Stephan Willinger<br />
Stadtforscher im B<strong>und</strong>esinstitut<br />
für Bau-, Stadt- <strong>und</strong><br />
Raumforschung, beschäftigt<br />
sich mit innovativen Formen<br />
der Stadtentwicklung. Jugendprojekte<br />
sind für ihn besonders<br />
spannend, weil „am Umgang<br />
mit ihnen viele Denk- <strong>und</strong><br />
Arbeitsweisen unseres Planungsalltags<br />
deutlich werden<br />
– <strong>und</strong> im Erfolgsfall haben alle<br />
Beteiligten ein Strahlen im<br />
Gesicht …“.<br />
Bei der Planung familienfre<strong>und</strong>licher Städte<br />
werden heute möglichst viele soziale Gruppen<br />
berücksichtigt, vom Kleinkind bis zum 70-jährigen.<br />
Doch eine Gruppe entzieht sich konsequent<br />
allen Bemühungen der Stadtplaner: die<br />
Jugendlichen. Dabei ist keine andere Gruppe im<br />
städtischen Alltag so präsent: als Hauptnutzer<br />
des öffentlichen Raums beleben sie Zentrum<br />
<strong>und</strong> Quartiere durch auffälliges Verhalten,<br />
sportliche Aktivitäten <strong>und</strong> Musikkonsum.<br />
Doch in den Augen anderer Generationen <strong>und</strong><br />
in lokalen stadtpolitischen Diskursen werden<br />
sie schnell zu Störern abqualifi ziert, die das<br />
harmonische Bild <strong>und</strong> die Verhaltensroutinen<br />
des „Normalen“ irritieren. Auch die Stadt- <strong>und</strong><br />
Freiraumplanung sieht Jugendliche bislang<br />
mehr als Problemfall denn als Chance. Nur selten<br />
werden angemessene Beteiligungsformen<br />
gewählt. Und dies nicht nur weil Jugendliche<br />
schwer zu erreichen sind – mindestens genauso<br />
entscheidend ist, dass sie Raum anders nutzen<br />
als Er-wachsene: wilder <strong>und</strong> unberechenbarer,<br />
schneller <strong>und</strong> lauter, zur Begegnung <strong>und</strong><br />
als Rückzugsort. Im Unterschied zu Kindern,<br />
die sich auf abgrenzbaren Flächen noch kontrollieren<br />
lassen, ist ihr Aktionsraum die ganze<br />
Stadt. Dieser umfassende Anspruch ist es auch,<br />
der Konfl ikte heraufbeschwört. Es ist also nicht<br />
ganz einfach, Städte <strong>und</strong> Freiräume mit Jugendlichen<br />
zu gestalten.<br />
Chancen für Innenstädte,<br />
für Stadtumbau <strong>und</strong> Soziale Stadt<br />
Um jugendliche Aktivitäten nachhaltig in die<br />
Prozesse der Stadt- <strong>und</strong> Quartiersentwicklung<br />
einzubeziehen, wurde im Sommer 2009 das<br />
Forschungsfeld „Jugendliche im Stadt-quartier“<br />
im Rahmen des Experimentellen Wohnungs-<br />
<strong>und</strong> Städtebaus des B<strong>und</strong>es entwickelt. R<strong>und</strong><br />
40 Modellvorhaben im ganzen B<strong>und</strong>esgebiet<br />
haben seitdem verschiedene Aspekte der Mitwirkung<br />
Jugendlicher erprobt. Es ging darum,<br />
wie Jugendliche Anforderungen an ihre Stadtquartiere<br />
formulieren <strong>und</strong> aktiv an der Gestaltung<br />
ihres Stadtteils oder ihrer Stadt mitwirken<br />
können. Das Spektrum reichte von konkreten<br />
Maßnahmen über quartiersbezogene Projekte<br />
bis zu gesamtstädtischen Strategien. So betrachtet<br />
geht die Beteiligung Jugendlicher an<br />
Stadtentwicklung weit über die engen Beteiligungsformate<br />
für Bauleitplanung hinaus. Sie<br />
umfasst alle Formen des Mit-Denkens, Mit-Planens,<br />
Mit-Entscheidens <strong>und</strong> Mit-Machens von<br />
Stadt in Strategien <strong>und</strong> Projekten.<br />
Orte mit Bedeutung entwickeln<br />
Besonders erfolgreich ist die Mitwirkung Jugendlicher<br />
an der Gestaltung konkreter Orte.<br />
Dies zeigt etwa die zwischen Autobahnen <strong>und</strong><br />
Schienen gelegene U-Bahn-Haltestelle Eichbaum<br />
in Mülheim. Bislang sind Jugendliche die