FreeLounge, Ausgabe 4/2010 - Freizeit und Spiel
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Platz nehmen<br />
„Sie können noch ein Momentchen Platz nehmen.“ Diesen Hinweis kennt<br />
man von Arztbesuchen, wobei der Begriff Momentchen als sehr dehnbar erlebt<br />
wird. Platz nehmen kann man auch als Zeichen des zivilen Ungehorsams<br />
im Rahmen einer Sitzblockade. Oder eben bei einer durchaus erwünschten<br />
Eroberung des öffentlichen Raums. <strong>FreeLounge</strong> hat ein Beispiel dafür in<br />
Frankfurt entdeckt.<br />
Playing the City 2<br />
„Plötzlich bist Du mittendrin – 23 Kunstaktionen<br />
in 20 Tagen“. Das war das Motto eines<br />
Ausstellungsprojekts in Frankfurt, in dessen<br />
Zentrum die kontrovers geführten Diskussionen<br />
über den öffentlichen Raum <strong>und</strong> den „participatory<br />
turn“ innerhalb der zeitgenössischen Kunst<br />
standen. Die teils eigens für das Projekt konzipierten<br />
kollaborativen <strong>und</strong> partizipatorischen<br />
Arbeiten bildeten das Programm. So erschloss<br />
Playing the City 2 den öffentlichen Raum als einen<br />
kollektiven, freien <strong>und</strong> gestaltbaren Raum.<br />
Das Projekt stellte Fragen nach seinen Grenzen<br />
<strong>und</strong> nach der Einbezogenheit seiner Bewohner.<br />
Die ortsspezifi schen Aktionen bewegten sich in<br />
einem zeitlich limitierten Rahmen, in dem sie<br />
hergestellt <strong>und</strong> erfahren werden konnten.<br />
Bereits mit dem Projekt Playing the City im Vorjahr<br />
konnte die SCHIRN KUNSTHALLE FRANK-<br />
FURT, eines der renommiertesten Ausstellungshäuser<br />
Deutschlands, einen Erfolg verzeichnen.<br />
Vom 8. bis 26. September <strong>2010</strong> folgte Playing<br />
the City 2 mit einer großen Bandbreite künstlerischer<br />
Aktivitäten im öffentlichen Raum. Täglich<br />
neue Aktionen in der Frankfurter Innenstadt<br />
involvierten auf unterschiedlichste Weise die<br />
Stadt <strong>und</strong> ihre Bewohner - von Performances<br />
über Installationen bis zu „Guerillaaktionen“.<br />
Gemeinsamkeiten der Aktionen liegen darin,<br />
dass Produktion <strong>und</strong> Rezeption eng miteinander<br />
verb<strong>und</strong>en oder nahezu identisch sind. Viele<br />
der für Playing the City 2 entworfenen Arbeiten<br />
– ob Aktionen, die eine zufällige Konfrontation<br />
auf der Straße herbeiführen, oder Skulpturen,<br />
die zur Verwendung einladen – konnten erst<br />
durch die Beteiligung der Öffentlichkeit realisiert<br />
werden. Mindestens aber waren sie darauf<br />
ausgerichtet, eine Konfrontation <strong>und</strong> ein Gespräch<br />
mit dem – teils zufälligen – Publikum<br />
herzustellen <strong>und</strong> den öffentlichen Raum in ein<br />
<strong>Spiel</strong>feld mit gemeinschaftlich erprobten Regeln<br />
zu verwandeln. Ist der öffentliche Raum<br />
tatsächlich als Ort unterschiedlicher Meinungen<br />
<strong>und</strong> Stimmen wahrnehmbar? Woraus besteht<br />
die öffentliche Meinung? Was versteht<br />
man unter öffentlichem Raum? Das sind einige<br />
der Fragen, die das Projekt Playing the City 2<br />
aufwarf.<br />
Besetzt Frankfurt!<br />
Ausgangspunkt der Aktion „Platz nehmen“ ist<br />
die Idee, den Menschen in der Stadt die Möglichkeit<br />
zu geben, ihre Umgebung aus einem<br />
anderen Blickwinkel zu erleben, Besitz vom öffentlichen<br />
Raum zu ergreifen <strong>und</strong> ihn mit zu<br />
gestalten. Die Offenbacher Agentur Cosalux,<br />
die auf multimediale Designlösungen spezialisiert<br />
ist, gestaltete faltbare Hocker <strong>und</strong> produzierte<br />
sie in einer nummerierten Aufl age.<br />
Am 8. September startete die friedliche Besetzung,<br />
nachdem die Mitarbeiter von Cosalux die<br />
ersten der Hocker am Mainufer/Schöne Aussicht<br />
platziert hatten. Wer auf einem der begehrenswerten<br />
orangefarbenen Hocker sitzen<br />
oder einen von ihnen besitzen wollte, bewegte<br />
sich in den folgenden Tagen in Richtung Senckenberg<br />
Anlage, wo die faltbaren Sitzmöglichkeiten<br />
auf dem Mittelstreifen bzw. Grünstreifen<br />
standen. Alternativ fanden sich Objekte der<br />
Besitzergreifung auch an der Hauptwache auf<br />
der B Ebene <strong>und</strong> an der Taunusanlage zwischen<br />
der Kaiserstraße <strong>und</strong> der Alten Oper. Neugierig<br />
nahmen die Besucher Platz an Stellen, wo es<br />
sonst nicht möglich ist, entdeckten die Sitze als<br />
Stadt & Kunst | 77