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FreeLounge, Ausgabe 4/2010 - Freizeit und Spiel

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Signature Buildings auch in Köln<br />

Auch in Köln haben der bis dahin unangefochten<br />

das Bild der Stadt beherrschende Dom mit<br />

seinem Kranz aus romanischen Kirchen Konkurrenz<br />

bekommen: es sind die drei Kranhäuser<br />

oder, wie die Kölner despektierlich sagen,<br />

„Hungerhaken“ im Kölner Rheinauhafen. Dabei<br />

handelt es sich um drei Büro- <strong>und</strong> Wohnhochhäuser,<br />

deren Gestalt El Lessitzkys Wolkenbügelhäusern<br />

entlehnt sind, die aber mit ihrem<br />

frei schwebenden, weit vorkragenden Obergeschossen<br />

sicher auch an die großen Verladekräne<br />

in diesem ehemaligen Hafenareal erinnern<br />

sollen. Das Hamburger Büro Bothe Richter Teherani<br />

hat mit diesen Hochhäusern, von denen<br />

das dritte gerade fertig gestellt wird, bereits<br />

jetzt ein neues Wahrzeichen für die Domstadt<br />

geschaffen. Diese neuen Signature Buildings<br />

stehen zum einen für den Strukturwandel ehemaliger<br />

Industriefl ächen in hochwertige Büro-<br />

<strong>und</strong> Wohnstandtorte <strong>und</strong> sie markieren in einer<br />

großen Geste die erneute Hinwendung der<br />

Stadt zum Rhein, die damit auch, allen Gefahren<br />

des Hochwassers zum Trotz, ein deutliches<br />

Zeichen setzt, mit Hochwasserschutzmaßnahmen<br />

das Problem im Griff zu halten. Die Kranhäuser<br />

erweitern das Stadtpanorama von Köln<br />

über die historisch fi xierte Ansicht der Altstadt<br />

hinaus. Der Dom hat Konkurrenz bekommen,<br />

aber auf Distanz.<br />

Wie viel Neues verträgt eine Stadt?<br />

Problematisch wird es, wenn die neuen Wahrzeichen<br />

den historischen Monumenten zu nahe<br />

rücken, gar in marktschreierische Konkurrenz<br />

zu ihnen treten. Das befürchtete vor allem die<br />

UNESCO, als man 2000 in Köln im Zuge der Planungen<br />

für den Ausbau des Deutzer Bahnhofs<br />

zu einem ICE-Knotenpunkt auf der anderen<br />

Rheinseite, der so genannten „schäl sik“, einen<br />

Kranz von Hochhäusern vorschlug. Gutachten<br />

<strong>und</strong> Gegengutachten brachten das Projekt am<br />

Ende zu Fall, da viele um die historische Stadtsilhouette<br />

fürchteten. Die elementare Frage,<br />

wie viel Neues eine Stadt ohne „Gesichtsverlust“<br />

verträgt, stellt sich insbesondere im Kontext<br />

herausragender Baudenkmale in prominenten<br />

Stadträumen. Dabei ist nicht nur die<br />

Quantität, sondern vor allem die Qualität der<br />

Neubauten von großer Bedeutung. Den Status<br />

echter Wahrzeichen haben in den vergangenen<br />

Jahrh<strong>und</strong>erten auch nur die Bauwerke erlangt,<br />

deren architektonische Gestaltung sich als über<br />

den jeweiligen Zeitgeist hinaus als herausragend<br />

erwiesen hat. Moderne Architekturen, die<br />

nur sich selbst huldigen <strong>und</strong> keine Rücksicht<br />

auf den stadträumlichen Kontext nehmen, bleiben<br />

„Spektakelarchitekturen“ – so der Architekturkritiker<br />

Gerhard Matzig - <strong>und</strong> schwächen<br />

das gesamte städtebauliche Ensemble. Orte, die<br />

einen besonderen Identifi kationswert besitzen<br />

<strong>und</strong> gleichzeitig einem hohen Veränderungsdruck<br />

unterliegen, sind daher behutsam weiter<br />

zu entwickeln. So brauchen lebendige historische<br />

Städte eine Stadtplanung, die neben dem<br />

Weiterbau, der Transformation, auch die Erhaltung<br />

der Stadt berücksichtigt, vor allem aber<br />

für die Bürger einen lebendigen <strong>und</strong> vielfältigen<br />

Lebensort schafft.<br />

Städte planen, gestalten <strong>und</strong> für die Zukunft<br />

nachhaltig weiterzuentwickeln, basiert stets<br />

auf vorhandenen Strukturen, daher blickt die<br />

Ausstellung „Dynamik + Wandel. Die Entwicklung<br />

der Städte am Rhein. 1910-<strong>2010</strong>+“ auf<br />

100 Jahre Stadtentwicklung zurück, betrachtet<br />

aktuelle Planungen <strong>und</strong> fragt nach zukünftigen<br />

Herausforderungen.<br />

Ursula Kleefi sch-Jobst<br />

Ursula Kleefi sch-Jobst<br />

Ursula Kleefi sch-Jobst ist<br />

seit 2008 geschäftsführende<br />

Kuratorin am Museum für<br />

Architektur <strong>und</strong> Ingenieurkunst<br />

M:AI des Landes Nordrhein-<br />

Westfalen. Zuvor war sie nach<br />

freiberufl icher Tätigkeit als<br />

Architekturkritikerin am Deutschen<br />

Architekturmuseum,<br />

Frankfurt am Main, tätig.<br />

Report | 21

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