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Special Issue IOSOT 2013 - Books and Journals

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84 W. Zimmerli / Vetus Testamentum <strong>IOSOT</strong> (<strong>2013</strong>) 77-86<br />

Wichtiger als die Formwahrnehmungen ist aber die inhaltliche Frage, die<br />

abschließend gestellt werden muß. Ist dieses Buch Kohelet, das auf Strecken<br />

hin in längeren, innerlich verbundenen Gedankenbewegungen argumentiert,<br />

von <strong>and</strong>eren Stellen her aber dann doch deutlich als Sammlung zu beschreiben<br />

ist, nach seinem Inhalt als Traktat zu verstehen? Wie schon erwähnt, hat<br />

Loretz neuerdings wieder mit grosser Bestimmtheit behauptet, daß das Buch<br />

Kohelet durchgehend auf das Thema „Windhauch“ ausgerichtet sei. Die Rah-<br />

הבל הבלים אמר ‏]ה[ק ‏]ו[הלת mung des Buches durch das fast gleichlautende<br />

in i 2 und xii 8 scheint dieser Deutung ihre Legitimation ‏]הבל הבלים[‏ הכל הבל<br />

zu geben. Nun zeigt die 28malige Wiederkehr des Stichwortes הבל in dem von<br />

i 2 und xii 8 umklammerten Komplex30 ohne Zweifel, wie wichtig der Hinweis<br />

auf die Vergänglichkeit, das „Verwehende“ des Menschenlebens für Kohelet ist.<br />

Aber eine durchgehende Thematisierung aller seiner Worte auf diesen Begriff<br />

läßt sich bei sorgfältiger Einzeldurchsicht nicht halten. In den Mahnungen,<br />

nach der Freude der gewährten Stunde zu greifen, in der relativen Anerkenntnis<br />

des Nutzens von Weisheit, den (gewiss spärlichen) positiven Anweisungen<br />

zur Teilung des Risikos und nicht zuletzt in der undiskutiert selbstverständlichen<br />

Anerkenntnis, daß die Verfügung über alle fallende Zeit sowie die Zuteilung<br />

der Güter bei Gott stehe, der alles „schön gemacht zu seiner Zeit“ (iii 11),<br />

הבל liegen unüberhörbar weitere Akzente, die nicht einfach dem Oberbegriff<br />

zu subsumieren sind. Trotz der rahmenden Sätze, bei denen es fraglich bleibt,<br />

ob die H<strong>and</strong> Kohelets selber sie rahmend der Sammlung seiner Worte zugefügt<br />

hat, kann das Buch Kohelet nicht als thematischer Traktat über das Thema<br />

verst<strong>and</strong>en werden. Vielmehr zeigt die Einzeldurchsicht, daß Kohelet sich הבל<br />

auf der ganzen Linie in einem polemischen Gespräch mit einer Weisheit befindet,<br />

die meint, die Dinge des Lebens meistern zu können. Von ihr her ist die<br />

Topik, die auch bei Kohelet zu erkennen ist, zu verstehen. In diesem Gespräch<br />

verficht Kohelet nicht in ideologischer Fixierung eine bestimmte Lehre—<br />

weder diejenige des הבל noch diejenige des Eudämonismus, sosehr הבל und<br />

Greifen nach dem Guten des Tages in seiner Argumentation bedeutsam sind.<br />

Aus der Erfahrung der restlosen Verfügtheit aller Dinge argumentiert er im<br />

Bereich der verschiedenen Topoi, welche die Weisheit anzusprechen pflegt,<br />

wägt das Gewicht der einzelnen Weisheitsaussagen ab, von denen einige auch<br />

für ihn Bedeutung behalten, <strong>and</strong>ere im Kontext seiner eigenen Sicht eine neue<br />

30) Loretz l.c. p. 137 leitet i 2 und xii 8 (so ist statt des zweimaligen xii 7 zu lesen) vom Redaktor<br />

her und urteilt: „Es liegt die Vermutung nahe, daß der Herausgeber hier einen glücklichen Griff<br />

tat und auf Grund der <strong>and</strong>eren hbl Stellen und paronomastischen Bildungen des Buches selbst zu<br />

dieser Formulierung gelangte“.

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